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Markus Lanz: „Jeder Mensch kann köpfen“

Das gibt es selten, bei Markus Lanz. Studiogast Jan Ilhan Kizilhan spricht über die Logik hinter den IS Morden und bringt die gesamte Talkrunde zum betroffenen Schweigen. Das ist auch eine Parabel.

Es ist sehr still bei Markus Lanz im Studio und das passiert selten. Zu Gast in der gestrigen Sendung war unter anderem Jan Ilhan Kizilhan, Psychologe und Trauma-Experte. Kizilhan geht dahin, „wo es ungemütlich ist.“ So stellt Lanz ihn vor.

Jan Ilhan Kizilhan: “Jeder Mensch kann köpfen.” – Foto: Screenshot/ZDF
Jan Ilhan Kizilhan: “Jeder Mensch kann köpfen.” – Foto: Screenshot/ZDF

Als Experte für Traumata beschäftigt Kizilhan sich nicht nur mit Opfern des IS, sondern auch mit der Logik der Täter. Er sprach mit zahlreichen IS-Kämpfern und mit ehemaligen Kindersoldaten des IS. Jungen von vielleicht fünf Jahren, die mit ansehen mussten, wie Menschen vor ihren Augen geköpft wurden und die systematisch lernten, dasselbe zu tun.

Kizilhan baut derzeit ein Zentrum für Traumatherapie im nordirakischen Dohuk auf, in dem er vor allem jesidische Mädchen behandeln will, die vom IS jahrelang vergewaltigt und verkauft wurden. Die Stimmung im Studio ist greifbar angespannt und betroffen. Da sitzen die Clowns (Autor Heinz Strunk: Fleisch ist mein Gemüse) und die Fußball-Jecken (Joachim Król) und sagen kein Wort, haben die Hände vor dem Gesicht zusammengeschlagen.

„Sind das kranke Leute, die einander so etwas antun?“

„Das ist schwer zu ertragen, was Sie da erzählen“, sagt Lanz und spricht damit vermutlich für viele. „Was sagt das über die Psyche eines Menschen?“, fragt er Kizilhan. „Sind das kranke Leute, die einander so etwas antun?“

„Menschen tun das, weil sie es können.“

„Ich muss sie überraschen“, entgegnet Kizilhan. „Das sind leider keine Psychopathen. Menschen tun das, weil sie es können.“ Was Kizilhan sagt, tut körperlich weh. Die Schlächter des IS sind uns nicht unähnlich. Sie leben nur unter anderen Umständen. So etwas will keiner hören. Es entspricht unserem Naturell, uns abzugrenzen, von diesen menschlichen Abgründen. Es ist still im Studio – und das ist auch eine Parabel.

Die IS Schergen sind Menschen und Menschen sind fähig zu Gewalt

Denn im Angesicht des Bösen werden wir höchstens laut, um die Mörder als Loser abzutun. Als Barbaren, Fanatiker, Verirrte. Wir haben ein tiefes Bedürfnis die Mörder zu entmenschlichen, sie uns unähnlich zu machen. Das aber, sagt Kizilhan, ist falsch. Sie sind Menschen und Menschen sind fähig zu Gewalt. Damit konfrontiert zu sein, verschlägt der Weltgemeinschaft seit Jahren die Sprache.

Was würde es für die Debatte um den Terror bedeuten, sich mit den Mördern gleichzustellen? Es macht zumindest eines deutlich: Das wir einander keine Gewalt antun, ist ein Privileg und eine Errungenschaft der Zivilisation. Es ist verdammt nochmal an der Zeit, es auch so zu behandeln. (ah)

Foto: Screenshot/ZDF

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