Morde an Muslimen weniger wichtig als Anschläge auf Christen? Muslimvertreter kritisiert bei Illner ARD und ZDF

Moderatorin Maybrit Illner. Foto ZDF/Carmen Sauerbrei
Moderatorin Maybrit Illner. Foto ZDF/Carmen Sauerbrei

Mehr als 250 Menschen getötet, über 500 Verletzte: Wahrscheinlich waren es islamistische Terroristen, die in Sri Lanka Christen ins Visier nahmen, die gerade die Ostermesse feierten. War es Rache für das Attentat eines Rechtsradikalen auf betende Muslime im neuseeländischen Christchurch? Unter anderem um diese Fragen drehte sich am Donnerstagabend die Talkrunde von Maybrit Illner.

Die Gäste waren:

Wolfgang Bosbach, CDU-Innenpolitiker

Aiman A. Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland

Peter R. Neumann, Terrorismus-Experte vom Londoner King’s College

Philipp Möller, Buchautor und Religionskritiker

Mürvet Öztürk, Islamwissenschaftlerin

Zunächst wollte Illner die Anschläge von Sri Lanka einordnen. Bosbach sagte: „Solche Anschläge geschehen aus Gewaltbereitschaft und Fanatismus.“ Wer hätte das gedacht? Ähnlich tiefschürfend geriet die Analyse des Buchautors Möller („Gottlos glücklich: Warum wir ohne Religion besser dran wären.”). Der verkündete: „Egal in welchem Namen Gottes getötet wird, es ist immer falsch.“

Zoff zwischen Muslim und Atheist

Im Anschluss stritten sich Möller mit Muslimvertreter Mayzek. Während Mayzek für Versöhnung warb („Menschen hassen, nicht Religionen. Religionen stehen für Liebe.”), behauptete der bekennende Atheist Mölle; „Religion ist offensichtlich mehrsprachig und sie spricht auch die Sprache des Hasses und der Rache.“

Lesen Sie auch: Muslima posiert mit islamfeindlichen Demonstranten und wird gefeiert

Anschließend ließ Illner diskutieren, ob es einen Zusammenhang zwischen den Anschlägen von Christchurch und Sri Lanka gibt. „Nein”, sagte Terrorexperte Neumann. Die Attentäter von Sri Lanka hätten den Sprengstoff bereits zwei Monate zuvor versteckt und auch die Regierung habe bereits vier Monate vor Ostern erste Hinweise auf die Islamisten Netzwerk erhalten. Warum die Regierung darauf nicht reagierte, blieb leider offen.

Mayzek: „Sind uns Muslime scheißegal?”

Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, Aiman A. Mazyek. Foto: Screenshot ZDF
Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, Aiman A. Mazyek. Foto: Screenshot ZDF

Aiman Mazyek kritisierte die deutschen Medien. Nach den furchtbaren Morden an Muslimen hätte er sich eine Talkshow wie diese gewünscht, aber leider keine im Programm gefunden. Mayzek fragte: „Was geben wir damit für ein Signal ab? Dass uns die Muslime scheißegal sind? Wir wollen doch deutlich machen, dass sie zu uns gehören.“ Leider reagierte Illner, die Mayzek auch direkt ansprach, ausweichend auf den Vorwurf. Mayzek bedankte sich indes bei ihr, dass sie das Thema Christchurch in der laufenden Sendung angesprochen hatte.

Terrorismus-Experte Neumann versuchte zu differenzieren: „Neunzig Prozent der Opfer des ‚Islamischen Staates‘ sind andere Muslime, vor allem Schiiten. Aber selbstverständlich würde über die Angriffe auf Christen mehr berichtet, „weil sie uns näher sind.”

CDU-Politiker Bosbach: „Niemand wird als Terrorist geboren.”

Nach ausführlicher Bestandsaufnahme, folgte die Debatte um mögliche Konsequenzen aus den Anschlägen. Wissenschaftlerin Mürvet Öztürk forderte: „Ich will Religion nicht aus der Gesellschaft heraushalten, aber wir müssen gucken, wo wir die Individualrechte eines Menschen stärker gegen eine Religion durchsetzen können.“ Ansonsten, so die frühere Grünen-Abgeordnete, sei es die Aufgabe, für „eine vielfältige, multireligiöse, multiethnische Gesellschaft zu argumentieren.“

CDU-Mann Bosbach warb für Prävention und schenkte uns die schlichte Erkenntnis: „Niemand wird als Terrorist geboren.” Bosbach weiter: Religionen sollten „nicht Liebe zur Macht, sondern Macht der Liebe” in den Mittelpunkt stellen. Zentralratsvorsitzender Mayzek sagte: „Ich erwarte von meinem Land Deutschland, dass es sich weltweit für Religionsfreiheit einsetzt.“

Am Ende blieb vom Illner-Talk nicht viel mehr haften, als fromme Bekenntnisse. Andererseits kann es nie falsch sein, wenn sich Christen und Muslime zusammen an einen Tisch setzen und miteinander reden. So gesehen, war die Sendung doch ganz hilfreich.

Auch diese Themen könnten Sie interessieren:

Im Video: Sri Lanka: Zahl der Opfer nach unten korrigiert