Moskau meldet vier Tote bei ukrainischem Angriff auf Wohnhaus in Luhansk

Bei einem ukrainischen Luftangriff in der von Moskau annektierten Region Luhansk sind russischen Angaben zufolge vier Menschen getötet worden. Ein Wohngebäude in der gleichnamigen Regionalhauptstadt sei nach einem Angriff teilweise eingestürzt. (Anatolii STEPANOV)
Bei einem ukrainischen Luftangriff in der von Moskau annektierten Region Luhansk sind russischen Angaben zufolge vier Menschen getötet worden. Ein Wohngebäude in der gleichnamigen Regionalhauptstadt sei nach einem Angriff teilweise eingestürzt. (Anatolii STEPANOV)

Bei einem ukrainischen Luftangriff in der von Moskau annektierten Region Luhansk in der Ostukraine sind russischen Angaben zufolge am Freitag vier Menschen getötet worden. Ein Wohngebäude in der gleichnamigen Regionalhauptstadt sei nach einem Angriff teilweise eingestürzt, erklärte das Ministerium für Katastrophenschutz. Die Ukraine schränkte derweil infolge russischer Angriffe auf ihre Energie-Infrastruktur die Stromversorgung weiter ein. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sieht nach Drohungen aus Moskau dennoch keine "unmittelbare" militärische Bedrohung für Bündnis-Mitglieder.

Die Leichen von vier Zivilisten seien in Luhansk "aus den Trümmern geborgen" worden, erklärten die russischen Besatzungsbehörden im Onlinedienst Telegram. Mehr als 40 Menschen seien zudem verletzt worden, darunter vier Kinder.

Die regionale Gesundheitsministerin teilte mit, dass 46 Menschen medizinisch behandelt werden. Zehn von ihnen seien in einem "ernsten" Zustand.

Der von Russland ernannte Leiter der Region, Leonid Pasetschnik, erklärte, "ukrainische Nationalisten" hätten tagsüber einen "massiven Raketenangriff auf die zivile Infrastruktur von Luhansk" ausgeführt. Die Ukraine habe "mindestens sechs Raketen" auf die Stadt abgefeuert. Seinen Angaben zufolge wurden drei Schulen und drei Kindergärten beschädigt.

Das russische Verteidigungsministerium erklärte später, die Ukraine habe "fünf ATACMS-Raketen aus US-Produktion vorsätzlich auf Wohngebiete der Stadt" abgefeuert. Vier Raketen seien von russischen Luftabwehrsystemen abgefangen worden, die fünfte habe zwei Wohngebäude getroffen, hieß es weiter.

Russland hatte nach dem Start seiner Offensive in der Ukraine im Februar 2022 im September desselben Jahres vier Regionen in der Ostukraine für annektiert erklärt: Donezk, Cherson, Luhansk und Saporischschja. Luhansk ist die einzige der Regionen, die Moskau fast vollständig kontrolliert. Die Halbinsel Krim war bereits im Jahr 2014 annektiert worden.

In Donezk wurde russischen Angaben zufolge indes eine weitere ukrainische Ortschaft eingenommen. "In der vergangenen Woche haben Einheiten der südlichen Truppengruppe ihre Positionen entlang der Frontlinie verbessert und die Siedlung Paraskowijiwka befreit", erklärte das Verteidigungsministerium. Die Ortschaft liegt rund 25 Kilometer südwestlich der Stadt Donezk, die Moskau bereits 2022 eingenommen hatte.

Nach Angaben von Russlands Präsident Wladimir Putin haben russische Truppen seit Beginn des Jahres bereits 47 Ortschaften eingenommen. Dies entspreche einem Gebiet von 880 Quadratkilometern, erklärte Putin bei einer Sitzung des Internationalen Wirtschaftsforums in St. Petersburg am Freitag. Seit Anfang des Jahres seien zudem "mehr als 160.000 Menschen" in die russische Armee eingetreten, um an der Front zu kämpfen, fügte Putin hinzu.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte in dieser Woche erklärt, dass in der Region um Donezk derzeit am erbittertsten gekämpft werde, nachdem Russland Anfang Mai eine Bodenoffensive in der Region Charkiw gestartet hatte. Seine Armee befindet sich aufgrund eines Mangels an Personal und Munition derzeit in der Defensive.

In der Ukraine kam es infolge der russischen Angriffen auf die Energie-Infrastruktur am Freitag zu schwerwiegenden Engpässen bei der Stromversorgung. In sämtlichen Regionen des Landes "gelten den ganzen Tag über Stromverbrauchsbeschränkungen", erklärte der staatliche Stromversorger Ukrenergo. Durch die Einschränkungen soll demnach sichergestellt werden, dass wichtige Infrastruktur-Einrichtungen und Unternehmen weiterhin betrieben werden können. Bereits am Donnerstagabend war in dutzenden Regionen - von Donezk und Charkiw im Osten bis nach Lwiw und Transkarpatien im Westen - der Strom drei Stunden lang abgestellt worden.

"Wir haben es mit einem beispiellosen Ausmaß an Zerstörung zu tun", erklärte Ukrenergo-Chef Wolodymyr Kudryzkyj am Freitag. Es könne Jahre dauern, bis das Land seine Stromindustrie vollständig wiederhergestellt habe.

In der vergangenen Woche hatte der Kreml dem Westen vorgeworfen, durch die Autorisierung der Nutzung westlicher Waffen auch auf russischem Gebiet eine neue Stufe der Eskalation einzuleiten. Zuvor hatten die USA und Deutschland Beschränkungen diesbezüglich aufgehoben.

Die Frage, ob Russland nun versuchen könnte, den im Artikel fünf festgelegten sogenannten Bündnisfall auf die Probe zu stellen, demzufolge sich die Nato-Partner im Fall eines Angriffs auf ein Mitglied gemeinsam verteidigen, verneinte Nato-Generalsekretär Stoltenberg bei einem Besuch in Schweden. "Wir sehen keine unmittelbare militärische Bedrohung gegen irgendein Nato-Land. Daher glauben wir nicht, dass unser Artikel fünf tatsächlich auf die Probe gestellt werden wird", sagte Stoltenberg .

Der Kreml hatte insbesondere Staaten mit kleinem Staatsgebiet und großer Bevölkerung mit Konsequenzen gedroht und sich damit vermutlich auf die Baltenstaaten bezogen.

kbh/cp