Mutter ging mit Messer auf sie los: GNTM-Star spricht in ARD-Talk über traumatische Kindheit

Betty Taube sprach im ARD-Talk "deep und deutlich" über ihre Kindheit mit einer alkoholkranken Mutter. (Bild: ARD)
Betty Taube sprach im ARD-Talk "deep und deutlich" über ihre Kindheit mit einer alkoholkranken Mutter. (Bild: ARD)

"Sie wollte sich selbst nicht eingestehen, dass sie dieses Monster ist": Betty Taube, GNTM-Halbfinalistin von 2014, erlebte mit ihrer alkoholkranken Mutter eine Kindheit voller Misshandlungen. Im ARD-Talk "deep und deutlich" war die Runde betroffen - aber auch voller Hochachtung für die 29-Jährige.

Wenige Teilnehmerinnen, die "Germany's Next Topmodel" nicht gewannen, blieben in so lebhafter Erinnerung wie sie: 2014 erreichte Betty Taube als Publikumsliebling das Halbfinale von Heidi Klums Model-Casting. Was die Zuschauerinnen und Zuschauer der ProSieben-Show damals nicht ahnen konnten: Betty Taube hat eine traumatische Kindheit voller Gewalt hinter sich. Ihre Lebensgeschichte erzählte sie nun als Gast des ARD-Talks "deep und deutlich" (abrufbar in der ARD Mediathek).

In einer Runde mit den zunehmend um Fassung ringenden weiteren Gästen Lars Klingbeil und Peyman Amin erklärte Betty Taube, dass sie bis zum neunten Lebensjahr bei ihrer Mutter aufgewachsen sei, einer alleinerziehenden Alkoholikerin. Mit den Jahren sei es immer schlimmer geworden, es habe Misshandlungen gegeben. Von den übrigen Familienmitgliedern sei sie konsequent isoliert worden, damit keiner Verdacht schöpfen konnte.

Peyman Amin zollte Betty Taube bei "deep und deutlich" großen Respekt: "Es ist faszinierend zu sehen, was aus dir geworden ist." (Bild: ARD)
Peyman Amin zollte Betty Taube bei "deep und deutlich" großen Respekt: "Es ist faszinierend zu sehen, was aus dir geworden ist." (Bild: ARD)

Betty Taube über gewalttätige Mutter: "Es gab einfach keinen Schutz"

Wenn sie im Kindergarten oder in der Schule gefragt wurde, woher die blauen Flecken stammten, habe sie lügen müssen, es sei beim Spielen passiert. "Sie hat mich geschlagen, sie hat andere Dinge mit mir gemacht. Ich hatte in all den Jahren das Gefühl, dass sie sich selbst angelogen hat. Sie wollte sich selbst nicht eingestehen, dass sie dieses Monster ist."

Ihre Mutter habe als Hebamme im Krankenhaus gearbeitet: "In ihrem Job war sie die liebste Frau der Welt, ein richtiger Engel, alle haben von ihr geschwärmt. Aber sobald die Tür zu Hause zugegangen ist, war sie ein komplett anderer Mensch", berichtete Betty Taube weiter. Lange habe sie gedacht: "So sind halt alle Mütter." Erst zu Schulzeiten habe sie gemerkt, dass ihre Mutter anders ist als die Mütter anderer Kinder. Sie habe sich aber nicht getraut, sich ihr zu widersetzen, "weil dann wurde es noch schlimmer".

"Ich habe sehr viel geschrien und sehr viel geweint, die Nachbarn haben immer das Jugendamt informiert", sagte die 29-Jährige im Gespräch mit Moderatorin Aminata Belli. Doch durch die Jugendschützer habe sie sich nicht geschützt gefühlt, auch weil die Mutter nach deren Kontaktaufnahme konsequent umgezogen sei. Betty Taube: "Sie wollte sich sehr oft mit mir zusammen umbringen. Hätte sie das gemacht, hätte das immer funktioniert, es gab einfach keinen Schutz."

"Ab dem Tag, an dem sie gestorben ist, habe ich ihr komplett verziehen"

Einmal sei sie mit dem "Messer hinter mir hergerannt und hat überall eingestochen, auch in meinen Kleiderschrank. Sie hat dann süße, kleine Tieraufkleber draufgeklebt, damit das vertuscht wird." Auf Nachfrage des Jugendamts habe sie über die Ursache der Aufkleber gelogen. Obwohl das Jugendamt gewusst habe, was Tatsache war, seien deren Mitarbeiter "nach Hause gefahren, und ich habe mit meiner Mama weitergelebt".

"Es gab den einen oder anderen Moment, wo ich nicht mehr wollte oder nicht konnte", erklärte Betty Taube im ARD-Talk. Der Umzug in eine betreute Wohngruppe sei ihre Rettung gewesen, auch wenn sie dort damals nicht sein wollte. Trotz allem habe sie ihre Mutter schließlich "über alles geliebt". Noch heute trauere sie ihr hinterher, auch wenn sie das kaum plausibel erklären könne. "Ab dem Tag, an dem sie gestorben ist, habe ich ihr komplett verziehen. Ich weiß halt, dass sie krank war und in den allermeisten Situationen nicht sie selbst war."

Ex-GNTM-Juror Peyman Amin: "Faszinierend zu sehen, was aus dir geworden ist"

Informiert über den Tod der Mutter wurde Betty Taube 2014 ausgerechnet während der Dreharbeiten zu "Germany's Next Topmodel". Die Zeit unmittelbar danach sei wie ausgelöscht. "Ich kann mich an ein, zwei Wochen gar nicht mehr erinnern. Ich weiß nur, dass ich mich entschieden habe, trotzdem an der Sendung weiter teilzunehmen", sagte die gelegentliche Schauspielerin und Moderatorin, die zuletzt den Pilotenschein und die Rennfahrerlizenz machte.

Jahrelang habe sie über ihre Erlebnisse nicht sprechen können, sagte Betty Taube. Die Trennung von ihrem Ehemann, dem Fußball-Profi Koray Günter, sei dann der "Auslöser für eine schwere Depression" gewesen. Allerdings nicht der tiefere Grund: "Es ist die ganze Kindheit hochgekommen." Etwa drei Monate habe sie daraufhin in einer Klinik verbracht. "Ich habe relativ schnell gemerkt, dass dort völlig normale Menschen sind, da saßen Staatsanwälte, Ingenieure, Lehrer. Mir ist bewusst geworden, dass keiner davor geschützt ist, eine psychische Erkrankung zu bekommen."

Model-Agent Peyman Amin, von 2006 bis 2009 Juror bei GNTM, kommentierte die Schilderungen im ARD-Studio tief beeindruckt: "Es ist schockierend. Gleichzeitig aber auch faszinierend zu sehen, was aus dir geworden ist."

(Wenn Sie selbst depressiv sind, Selbstmord-Gedanken haben, kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge. Unter der kostenlosen Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 erhalten Sie Hilfe von Beratern, die Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen können.)