Nach Hessen-Schlappe: Angela Merkel kündigt Rückzug aus der Politik an

Angela Merkel kündigt ihren Rückzug an (Bild: dpa)
Angela Merkel kündigt ihren Rückzug an (Bild: dpa)

Bundeskanzlerin Angela Merkel wird nach den massiven Stimmenverlusten ihrer Partei bei der Landtagswahl in Hessen im Dezember nicht mehr für den CDU-Vorsitz und sich 2021 ganz aus der Politik zurückziehen. Bis dahin will sie aber Kanzlerin bleiben. Das sagte sie am Montag in Berlin nach Sitzungen der Parteigremien.

Bisher habe sie immer darauf bestanden, dass beide Ämter zusammengehören. Dass dies nun anders laufen solle, sei “ein Wagnis, keine Frage”. Sie halte es aber für vertretbar, dieses Wagnis jetzt einzugehen. Bei der nächsten Wahl wolle sie nicht wieder als Kanzlerin und auch nicht für den Bundestag kandidieren, sagte Merkel. Sie strebe auch kein anderes politisches Amt an.

Mit der Bundesregierung insgesamt ging die CDU-Vorsitzende hart ins Gericht. Sie erklärte: “Das Bild, das die Regierung abgibt, ist inakzeptabel.” Manches in den vergangenen Monaten halte ihrem eigenen Anspruch an die “Qualität der Arbeit” auch nicht stand.

Für die Volksparteien CDU, CSU und SPD sei es jetzt an der Zeit, “zu klären, was dem Zusammenhalt des Landes dient” und was nicht. Die CDU war in Hessen am Sonntag trotz großer Verluste mit 27 Prozent der Stimmen stärkste Kraft geworden. Die SPD stürzte auf 19,8 Prozent ab und liegt damit gleichauf mit den Grünen. Die AfD zog mit 13,1 Prozent erstmals in den hessischen Landtag ein. Die FDP kam auf 7,5 Prozent, die Linke auf 6,3 Prozent.

Die Nachfolge an der Parteispitze könnte auf dem CDU-Parteitag Anfang Dezember in Hamburg geregelt werden. CDU-Generalsekretärin Annegret KrampKarrenbauer will dann als Nachfolgerin der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel kandidieren. Das kündigte die Saarländerin am Montag nach Angaben von Teilnehmern in der Sitzung des CDU-Vorstands in Berlin an.

Sieht ihre Chance: CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer (l.) will Nachfolgerin von Angela Merkel werden. (Bild: Kay Nietfeld/dpa)
Sieht ihre Chance: CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer (l.) will Nachfolgerin von Angela Merkel werden. (Bild: Kay Nietfeld/dpa)

Ein weiterer Kandidat für den CDU-Vorsitz ist auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Dieser hat nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ebenfalls seine Kandidatur als Nachfolger von CDU-Chefin Angela Merkel angekündigt. Spahn hat sich in der Vergangenheit als Merkel-Kritiker und Vertreter des besonders konservativen Flügels der CDU profiliert. Auch Friedrich Merz will nach dpa-Informationen den CDU-Vorsitz übernehmen.

Jens Spahn (CDU), Bundesminister für Gesundheit, wartet auf den Start der Sitzung des Bundesvorstands der CDU im Konrad-Adenauer-Haus. (Bild: Kay Nietfeld/dpa)
Jens Spahn (CDU), Bundesminister für Gesundheit, wartet auf den Start der Sitzung des Bundesvorstands der CDU im Konrad-Adenauer-Haus. (Bild: Kay Nietfeld/dpa)

Bei der Landtagswahl in Hessen hatten CDU und SPD am Sonntag jeweils massiv Stimmen verloren – es war nach Bayern die zweite heftige Klatsche der GroKo-Parteien innerhalb von zwei Wochen. Auch in der SPD rumort es angesichts der gewaltigen Einbußen – Parteichefin Andrea Nahles schloss einen Rücktritt aber aus und stellte der Union stattdessen ein Ultimatum.

Die SPD-Spitze setzte der Union eine Frist bis Dezember zur Klärung der innerparteilichen Konflikte und für Vorschläge zur Verbesserung der Regierungsarbeit. “Die Regierungsarbeit ist durch Konflikte innerhalb der Union in den letzten Monaten stark belastet”, heißt es in einem Beschluss des SPD-Präsidiums, der der dpa vorliegt. Es müsse erkennbar werden, wie die Union ihre inhaltlichen und personellen Konflikte so lösen wolle, dass die Regierungsarbeit nicht weiter negativ berührt werde. Besonders Innenminister und CSU-Chef Horst Seehofer wird von der SPD als Belastung empfunden.

Christian Lindner: “Frau Merkel verzichtet auf das falsche Amt”

Nahles will die Zukunft der großen Koalition auch an inhaltliche Bedingungen knüpfen: Zusammen mit Generalsekretär Lars Klingbeil legte sie den Entwurf eines Forderungskatalogs vor, der von der Union die Umsetzung von fünf Projekten innerhalb der nächsten zwölf Monate verlangt. Im Herbst 2019 soll auch entlang dieser Forderungen entschieden werden, ob man weitermacht. In der Partei wurde das Papier jedoch mit Skepsis aufgenommen.

FDP-Chef Christian Lindner forderte Merkel nun auch zum Rücktritt als Bundeskanzlerin auf. “Frau Merkel verzichtet auf das falsche Amt”, sagte er in Berlin. “Ein Teilrückzug auf Raten von Frau Merkel hilft weder der Union noch der Regierung noch dem Land.”

Grund für das Beben sind zwei aus Sicht der GroKo-Partner katastrophale Landtagswahlen. Wie schon zuvor in Bayern wurden Union und SPD auch in Hessen am Sonntag abgestraft. CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer sprach von einer “Denkzettelwahl” für die große Koalition in Berlin.

Steht die Regierung in Hessen bis Weihnachten?

Vieles deutet in Hessen trotzdem auf eine Fortsetzung der schwarz-grünen Koalition hin – rechnerisch wäre das möglich. Bouffier zieht ein Zweierbündnis einer Dreierkonstellation eindeutig vor. Grünen-Spitzenkandidat Tarek Al-Wazir zeigte sich jedoch zunächst zurückhaltend und hielt sich alle Optionen offen. “Wir werden uns jetzt sehr genau anschauen müssen, wie das am Ende in der Sache weitergeht”, sagte er dem Radiosender hr-info. Möglich wären neben Schwarz-Grün auch ein Bündnis von CDU und SPD sowie Jamaika aus CDU, Grünen und FDP und eine Ampel-Koalition mit Grünen, SPD und FDP.

Bouffier hält eine Regierungsbildung bis Weihnachten für machbar und will Grünen, SPD und FDP Gespräche anbieten. Die FDP jedoch will kein Juniorpartner in einem Jamaika-Bündnis sein. «Wenn Schwarz-Grün eine Mehrheit hat, dann wird sich die FDP nicht an der Regierung beteiligen», sagte Spitzenkandidat René Rock dem Sender Hitradio FFH.

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