Neid gegen Reiche und Unternehmer - „Die meisten Menschen verstehen nicht, wie Unternehmer Geld verdienen“

Neid auf Unternehmer und Reiche ist schon immer weit verbreitet.<span class="copyright">Getty Images/Westend61</span>
Neid auf Unternehmer und Reiche ist schon immer weit verbreitet.Getty Images/Westend61

Neid gegen Reiche und Erfolgreiche gibt es in vielen Kulturen und hat schon viel Schaden angerichtet – nicht nur für die Beneideten, sondern für die ganze Gesellschaft. Woher kommt der Neid und in welchen Ländern ist er besonders verbreitet?

Neid gibt es schon immer, in jeder Kultur. Das hat der Soziologe Helmut Schoeck schon 1968 in seinem Buch „Neid eine Theorie der Gesellschaft“ gezeigt. Aber Neid ist in der kapitalistischen Gesellschaft stärker als in früheren Gesellschaften. Hier bestimmen nicht Abstammung und Geburt die Position in der Gesellschaft, sondern rechtlich gesehen sind alle gleich.

Tatsächlich führt der Wettbewerb aber nicht zu Gleichheit, sondern zu Ungleichheit. Auf Ungleichheit können Menschen unterschiedlich reagieren: Manche wollen den Abstand zwischen sich und den Reicheren durch Anstrengung verringern, indem sie ihre eigene Situation verbessern. Für sie sind Reiche Vorbilder. Sie kaufen sich eine Biografie über Jeff Bezos oder Elon Musk und versuchen, etwas von ihnen zu lernen. Andere reagieren mit Neid. So wie die Demonstranten, die in den USA vor dem Haus von Jeff Bezos eine Guillotine aufgestellt hatten.

Neid schadet der ganzen Gesellschaft: Beispiel Uganda

Neid wird durch politische Bewegungen angestachelt, die diese menschliche Emotion anheizen, um daraus politisches Kapital zu schlagen. Dafür gibt es in der Geschichte viele Beispiele. Der brutale Diktator Idi Amin, der in den 70er Jahren in Uganda herrschte, hasste Juden und „reiche“ Asiaten.

Er sagte: „Deutschland ist der richtige Ort, wo Hitler als Ministerpräsident und Oberbefehlshaber über sechs Millionen Juden verbrannt hat. Das liegt daran, dass Hitler und alle Deutschen wussten, dass die Israelis keine Menschen sind, die im Interesse der Völker der Welt arbeiten, und deshalb haben sie die Israelis bei lebendigem Leib mit Gas auf deutschem Boden verbrannt.“ Idi Amin schlug vor, alle Israelis aus dem Nahen Osten nach Großbritannien umzusiedeln.

Nach den Juden richtete sich sein Hass gegen Asiaten, besonders gegen Inder. Anfang August 1972 ordnete Idi Amin die Ausweisung der Asiaten an. Damals lebten etwa 80.000 Asiaten in Uganda, vor allem aus Indien und Pakistan. Schon Idi Amins Vorgänger, der Sozialist Milton Obote, war gegen sie vorgegangen und hatte damit der Wirtschaft Schaden zugefügt. Wie so oft in der Geschichte wurden Reiche und Erfolgreiche zum Sündenbock gemacht und eine beispiellose Sozialneid-Hetze gestartet: Asiaten wurden als Ausbeuter abgestempelt, deren einziges Ziel es war, sich auf Kosten der einheimischen Bevölkerung zu bereichern.

Vor der Vertreibung besaßen Asiaten viele große Unternehmen in Uganda

Man warf ihnen vor, Reichtum zu horten. Man warf ihnen vor, die Wirtschaft zu melken. Alles, was in der Wirtschaft schief lief, schob man ihnen in die Schuhe. Die Afrikaner waren arm, weil sie von den Indern ausgebeutet wurden. Wegen der Inder wuchs die Wirtschaft nicht. Das Vorgehen gegen die Asiaten fand weite Zustimmung in der Bevölkerung. Vor der Vertreibung besaßen Asiaten viele große Unternehmen in Uganda, aber die „Säuberung“ der Asiaten aus Ugandas Wirtschaft war praktisch vollständig. 5655 Firmen, Ranches, Farmen und langwirtschaftliche Grundstücke, Häuser, Autos usw. wurden den Asiaten weggenommen und Afrikanern gegeben. Nur ein halbes Jahr später, im Januar 1973, entschied Idi Amin, die Firmen, die im britischen Besitz waren, entschädigungslos zu enteignen.

Uganda geriet durch all diese sozialistischen Maßnahmen in eine tiefe Krise. Durch die Vertreibung der Asiaten verschlimmerte sich die Misere des Landes, da dadurch ein erheblicher Teil der Steuergrundlage in den Städten vernichtet wurde. Zum Zeitpunkt ihrer Deportation gehörten 90 Prozent der Unternehmen des Landes Asiaten, die 90 Prozent der Steuereinnahmen Ugandas erwirtschafteten.

Franzosen sind am neidischsten, Deutsche auf Platz 2

Neid gibt es überall auf der Welt, aber er ist unterschiedlich stark ausgeprägt. Ich habe bei Ipsos MORI eine Umfrage in Auftrag gegeben, um die Einstellung zu Reichen in verschiedenen Ländern zu erkunden. Wir stellten den Befragten in 13 Ländern die gleichen Fragen. In allen Ländern unterschieden wir zwischen drei Gruppen: Den Sozialneidern, den Nicht-Neidern und den Ambivalenten, die irgendwo dazwischen liegen. Dividiert man den Prozentsatz der Neider durch den der Nicht-Neider, kommt man zum Sozialneidkoeffizient. Das Ergebnis: Am stärksten ausgeprägt ist der Neid gegen Reiche in Frankreich, gefolgt von Deutschland. In Japan und Polen ist demnach der Neid sehr viel schwächer.

Sozialneidkoeffizient im internationalen Vergleich<span class="copyright">Quelle: Rainer Zitelmann, Der Aufstieg des Drachen und des Weißen Adlers. Wie Nationen der Armut entkommen.</span>
Sozialneidkoeffizient im internationalen VergleichQuelle: Rainer Zitelmann, Der Aufstieg des Drachen und des Weißen Adlers. Wie Nationen der Armut entkommen.

 

Die ausführlichen Ergebnisse der Studie habe ich in vier Artikeln für die britische Fachzeitschrift Economic Affairs dargestellt, zusammenfassend in dem Artikel „Popular perceptions of the rich in 13 countries“ .

Durchschnittsbürger verstehen Unternehmer nicht

Mit Neid befasst sich auch der chinesische Ökonom Weiying Zhang in seinem neuen Buch „Re-Understanding Entrepreneurship. What It Is and Why it Matters“, das im Mai 2024 im renommierten Verlag Cambridge University Press erschien. Zhang führt den Neid auch darauf zurück, dass die meisten Menschen nicht verstehen, wie Unternehmer Geld verdienen und glaubten, Reiche würden nur reich, indem sie andere übervorteilten:

„Der Durchschnittsbürger versteht jedoch nicht, wie ein Unternehmer Geld verdienen kann. Unternehmer arbeiten nicht auf dem Feld wie Bauern oder schwitzen wie Arbeiter, warum sind sie dann reich? Vor allem Unternehmer, die Handel treiben, verändern nicht einmal die materielle Form des Produkts, wie können sie also Geld verdienen? Es scheint, als hätten sie es ex nihilo gemacht! Die Antwort ist, dass sie billig einkaufen und teuer verkaufen und damit sowohl den Verkäufer als auch den Käufer täuschen.“

Ähnlich wie in meinen Büchern “Psychologie der Superreichen“ und “Die Gesellschaft und ihre Reichen“, auf die Zhang sich auch bezieht, argumentiert er, dass insbesondere Intellektuelle akademisches Wissen verabsolutieren und die Wichtigkeit von „implizitem Wissen“ für den Erfolg des Unternehmers nicht verstehen.

Bertolt Brecht und sein Gedicht “Alfabet”

Die Basis des Neides ist jedoch der Nullsummenglauben: „Wenn wir glauben, dass Reichtum eine feste Größe ist (Nullsummenspiel) und nicht eine Größe, die geschaffen werden kann (Positivsummenspiel), ist es leicht, den Reichtum anderer Menschen als Grund für die eigene Armut zu sehen. Es ist leicht, vor Neid zu erblassen und sich in den Klassenkampf zu stürzen. Wenn wir glauben, dass Arbeit mit Schweiß verbunden ist, wenn wir also den Einsatz von Unternehmertum nicht als eine besondere Form der Arbeit betrachten, dann werden wir Schwierigkeiten haben zu verstehen, warum Unternehmer Geld verdienen.“

Den Nullsummenglauben hat klassisch der berühmte kommunistische Dichter Bertolt Brecht in seinem Gedicht “Alfabet” formuliert:

„Reicher Mann und armer Mann
Standen da und sahn sich an.
Und der Arme sagte bleich:
Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich.“

Dabei ist der Nullsummen-Glaube leicht zu widerlegen: Seit Jahrzehnten geht weltweit die Zahl der Armen stark zurück, während die Zahl der Milliardäre stark steigt. Wären die Reichen nur reich, weil sie es von den Armen genommen hätten, woher kommt das Geld dann, wenn die Armen heute weniger arm sind als zum Beispiel vor 40 Jahren, als noch über 40 Prozent der Weltbevölkerung in extremer Armut lebten (heute sind es 8,5 Prozent)?

In China lebten zum Ende der Mao-Zeit 88 Prozent der Menschen in extremer Armut. Dann sagte der Reformer Deng Xiaoping: „Lasst einige erstmal reich werden“, führte das Privateigentum ein und startete marktwirtschaftliche Reformen. Heute gibt es so viele Milliardäre in China wie in keinem Land der Welt (mit Ausnahme der USA) und die Zahl der extrem Armen ist unter ein Prozent gesunken. Der Grund für den Anstieg der Zahl der Reichen und den Rückgang der Armut ist der Gleiche: Wirtschaftswachstum. Schon Adam Smith erklärte uns in seinem Buch „The Wealth of Nations“, der einzige Weg für Nationen der Armut zu entkommen, sei Wirtschaftswachstum und Voraussetzung dafür sei wirtschaftliche Freiheit.

*Dieser Artikel erschien zuerst im ERFOLG Magazin