Oscar-Favorit Leonardo DiCaprio will seine Pechsträhne beenden

Der Schauspieler musste auch auf der "The Revenant"-Premiere in Paris häufig auf die "Oscar-Frage" antworten

"And the Oscar goes to... Leonardo DiCaprio!" Auf diesen Satz wartet die Filmbranche seit Jahrzehnten. Nur leider ist er noch nie gefallen. Einer der großartigsten Schauspieler der Welt wurde bislang von den Juroren der Academy of Motion Picture Arts and Sciences missachtet. Auch dieses Jahr ist Leonardo DiCaprio (41, "The Revenant") mal wieder der Top-Favorit für die Auszeichnung als "Bester männlicher Hauptdarsteller" bei der Gala am 28. Februar. Doch wie das so ist beim wichtigsten Filmpreis: Favoritenstürze sind beinahe die Regel. Klappt es diesmal - oder geht die Leo-kriegt-keinen-Oscar-Ära weiter?

Das Motto der Oscars: Immer anders als man denkt

Seit 1929 ging die kleine vergoldete Oscar-Statue, Materialwert 300 Dollar, oft einen überraschenden Weg. Und es grenzt an ein Wunder, dass das Votum der knapp 6000 Mitglieder der Academy, das bereits fünf Tage vor der Gala feststeht, noch nie vorzeitig bekannt wurde. Bisher hat sich nie ein Informant getraut, zu petzen.

Die Spannung wird bis zum wirklich letzten Moment hochgehalten, weil es anders kommt, als die Branche vermutet hat. Beispielsweise ging 2014 der herrlich skurrile Film "American Hustle" trotz zehn Nominierungen komplett leer aus. Und der Edel-Western "True Grit" hatte 2011 zehn Nominierungen - und bekam keinen einzigen Oscar.

Ein ausgezeichneter Schauspieler ohne Oscar-Auszeichnung

Leonardo DiCaprio hat solche Favoritenstürze am eigenen Leib zu spüren bekommen. Er hat eine schauspielerische Bandbreite wie kaum ein anderer Darsteller seiner Filmgeneration. "Er kann irre, verletzlich, egoistisch, romantisch. Fünf Mal wurde er für seine Leistungen für den Oscar nominiert. Fünf Mal ging er leer aus", klagte die "Bild" 2014.

Als 19-Jähriger brillierte er als geistig Zurückgebliebener in "Gilbert Grape - Irgendwo in Iowa", doch der Oscar als "Bester Nebendarsteller" ging 1994 an Tommy Lee Jones (69, "Auf der Flucht"). Seine zweite Oscar-Nominierung bekam er 2005 für die Rolle als Howard Hughes in "Aviator". Der "Beste Hauptdarsteller" wurde in jenem Jahr aber Jamie Foxx (48, "Ray").

Nicht für "Blood Diamond", nicht für "The Wolf of Wall Street"

2007 war er erneut als bester Hauptdarsteller in "Blood Diamond" nominiert. Der Oscar ging aber an Forest Whitaker (54, "Der letzte König von Schottland"). 2014 war DiCaprio mit "The Wolf of Wall Street" gleich zweimal Favorit mit Nominierungen in den Kategorien "Bester Hauptdarsteller" und als Mitproduzent für den "Besten Film". Wieder ging er leer aus.

Nun sein sechster Anlauf: Im Western "The Revenant" spielt Leonardo DiCaprio eindrucksvoll den Trapper Hugh Glass, der sich nach einer Bärenattacke schwer verletzt durch die Schneewüste des amerikanischen Westens schleppt, um Rache für den Tod seines Sohnes zu nehmen. Der Film wurde in zwölf Kategorien nominiert, u. a. auch DiCaprio als bester Hauptdarsteller - zum fünften Mal. Die meisten Kritiker sagen seit Jahren, dass er ihn wie kaum ein anderer verdient hätte.

"Alles andere warte ich einfach ab"

In einem Interview mit der "Welt" sagte er: "Niemand von uns hat damit gerechnet, dass der Film auf diese Weise gewürdigt würde. Das freut uns immens. Es ist atemberaubend. Alles andere warte ich einfach ab." Sollte Leonardo DiCaprio, der zur Riege der bestverdienenden und einflussreichsten Schauspieler in Hollywood zählt, wieder mal leer ausgehen, kann er auf die ernüchternden Beispiele anderer berühmter Kollegen verweisen:

Sein Freund Johnny Depp (52, "Black Mass") wurde auch noch nie mit dem Oscar ausgezeichnet. Al Pacino (75) musste 21 Jahre warten und bekam den Oscar erst nach sieben Nominierungen 1993 für "Der Duft der Frauen". Und Brad Pitt (52) musste 18 Jahre auf seine Oscar-Auszeichnung warten. 2014 hielt er ihn endlich in den Händen. Aber nicht als Hauptdarsteller, sondern als Produzent von "12 Years a Slave" in der Kategorie "Bester Film".

Foto(s): Twentieth Century Fox