Vor den Parlamentswahlen: Antisemitische Stimmen in Frankreich werden lauter

Vor den Parlamentswahlen: Antisemitische Stimmen in Frankreich werden lauter

Auch in der politischen Debatte in Frankreich werden antisemitische Stimmen immer lauter. Die jüdische Gemeinschaft in Frankreich fühlt sich bedroht. Neu aufkeimende Unterstützungs-Bekenntnisse für Israel aus dem rechtsextremen Lager sorgen für Skepsis.

"Sie wollen sich als Schutzschild darstellen"

"Sie wollen sich als respektable Partei darstellen", sagt Shannon Seban, jüdisch-französische Politikerin von Macrons Renaissance-Partei.

"Sie wollen sich als Schutzschild darstellen, als Schutz vor Antisemitismus für die französischen Juden. Aber wir werden uns nicht täuschen lassen. Der Rassemblement National wird die Front National von Jean-Marie Le Pen bleiben, und ich werde nicht vergessen, dass sie eine rassistische, fremdenfeindliche Ideologie haben", so Seban weiter.

Antisemitische Parolen aus dem linken Lager

Die jüdisch-französische Politikerin sei auch von Linksextremen bedroht worden, erzählt sie. Anfeindungen von rechts ist die jüdische Gemeinschaft Frankreichs gewohnt. Antisemitische Parolen aus dem linken Lager, die sich immer mehr häufen, sorgen jedoch für Verunsicherung.

"Der einzige Sieg, der gegen den Antisemitismus [in Frankreich] errungen wurde, ist die Tatsache, dass die Parteien, die antisemitisch waren, nicht mehr antisemitisch sind", sagt der Holocaust-Überlebende und berühmte Nazi-Jäger Serge Klarsfeld.

"Leider sind die Parteien, die normalerweise nicht antisemitisch sein sollten, antisemitisch geworden. Die extreme Linke ist in Bezug auf die Juden zur extremen Rechten geworden", fügt Klarsfeld hinzu.

Der Judenhass in Europa nimmt seit Beginn des Krieges im Gazastreifen zu. Unter legitime Kritik am Vorgehen der israelischen Regierung unter Netanjahu mischen sich immer wieder antisemitische Aussagen. Auf der anderen Seite findet ein Umschwenken statt, wie Jean-Pierre Darnis, Professor an der Université Côte d'Azur, erklärt:

"Der Rassemblement National hat seine Islam-Feindlichkeit in eine Pro-Israel-Haltung umgewandelt und versucht so, vermutlich mit Erfolg, einen konservativen und reaktionären Teil der jüdischen Gemeinschaft in Frankreich zu überzeugen."

Meloni spricht sich gegen Antisemitismus aus

Auch die italienische Ministerpräsidentin Meloni unterstützt Israel öffentlich und sprach sich vor kurzem gegen Antisemitismus in ihrer Partei aus:

"Wenn Sie sich entscheiden, diesen Weg [Faschismus und Antisemitismus] zu gehen oder zweideutig zu argumentieren, sind Sie auf einem anderen Weg, der nicht unser Weg ist", zitiert Gaetano Quagliariello, Professor für Zeitgeschichte an der LUISS in Rom, die italienische Ministerpräsidentin.

"Eine solche eindeutige Erklärung des Rassemblement National wurde noch nicht abgegeben", so Quagliariello weiter.

Seit zwei Jahren regiert Meloni mit ihrer Fratelli d’Italia in Italien. Noch sitzt der Rassemblement National in der französischen Opposition. Ob sich das ändert, entscheiden die Wähler:innen in der zweiten Runde der Parlamentswahlen am Sonntag.