Zehntausende demonstrieren in Essen gegen AfD-Parteitag

Zehntausende Menschen haben am Wochenende in Essen gegen den AfD-Bundesparteitag demonstriert. (Volker Hartmann)
Zehntausende Menschen haben am Wochenende in Essen gegen den AfD-Bundesparteitag demonstriert. (Volker Hartmann)

Zehntausende Menschen haben am Wochenende in Essen gegen den AfD-Bundesparteitag demonstriert. Nach Angaben der Polizei protestierten die meisten von ihnen friedlich, insgesamt 28 Beamte seien aber verletzt worden. Ein AfD-Delegierter biss einem Demonstranten ins Bein.

Für die Proteste hatten sich unter anderem die Bündnisse "Gemeinsam laut" und "Widersetzen" zusammengeschlossen. Sie sprachen vor Journalisten von 70.000 Demonstrierenden am Freitag und Samstag. "Das waren die größten Proteste, die Essen je gesehen hat", sagte eine Sprecherin von "Gemeinsam laut" am Sonntag. "Von Linker bis CDU waren Menschen auf der Straße."

Die Polizei berichtete in einer ersten Zwischenbilanz, dass am Freitag und Samstag immer wieder Gruppen von teilweise mehreren hundert Menschen versucht hätten, Delegierte an der Teilnahme am Parteitag zu hindern oder Sperrstellen zu durchbrechen. Beamte hätten Schlagstöcke und Reizgas einsetzen müssen.

Als Einsatzkräfte einen Politiker zum Veranstaltungsort geleitet hätten, seien sie von etwa 200 Menschen attackiert worden. Dabei seien neun Polizistinnen und Polizisten durch Schläge und Tritte verletzt worden. Zwei Polizisten seien mehrfach vor den Kopf getreten worden, zudem sei auf einen Beamten eingetreten worden, der schon am Boden lag. Nach einem der Tatverdächtigen wird nun mit einem Foto gefahndet.

Nach Angaben des Protestbündnisses wurden Demonstrierende an den Haaren gezogen, es sei auch Pfefferspray ins Gesicht gesprüht worden. Genaue Zahlen lägen aber nicht vor. Alle Verletzungen, die dadurch entstanden seien, "dass dieser AfD-Parteitag diese vielfältigen Proteste brauchte", seien eine Verletzung zu viel, sagte eine Sprecherin. "Wir stehen für eine friedliche Gesellschaft". Nach Angaben des Bündnisses waren am Sonntag noch etwa zehn Demonstrierende in Gewahrsam.

Mehrere Politikerinnen und Politiker verurteilten den Angriff auf Polizisten. "Gegen Rechtsextremismus und Rassismus brauchen wir starke demokratische Kräfte und friedlichen Protest", schrieb Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Samstag bei X. Gewalt sei "durch nichts zu rechtfertigen".

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) schrieb ebenfalls auf X: "Jeder kann so hart in der Sache diskutieren, wie er möchte - aber Gewalt darf nie das Mittel der Wahl sein." Er nannte friedliche Proteste am Rande des Parteitags ein "starkes Zeichen für unsere Demokratie".

AfD-Chef Tino Chrupalla sagte am Rande des Parteitags, die Gewalt bei den Demonstrationen habe diesen "verdorben". Ko-Parteichefin Alice Weidel nannte die Vorfälle "skandalös".

Den Beißvorfall gestand der AfD-Delegierte Stefan Hrdy selbst gegenüber der "Bild"-Zeitung ein. Es habe sich um Notwehr gehandelt. In einem von der Zeitung veröffentlichten Video war zu sehen, wie Hrdy das Bein eines Manns umklammert hält.

Eine Sprecherin des Bündnisses gab an, dass er außerdem einer Frau ins Gesicht gespuckt habe. Einem Bericht des "Spiegel" zufolge handelte es sich sogar um zwei Frauen - die rheinland-pfälzische SPD-Politikerin Patricia Seelig und die Landesvorsitzende der Jusos in Nordrhein-Westfalen, Nina Gaedike. Seelig sagte dem Magazin, dass sie in einer Gruppe an einer Sitzblockade teilgenommen habe. Einen Polizeiwagen hätten sie passieren lassen und dann Hrdys Wagen nicht durchgelassen. "Er stieg dann aus, ging unvermittelt auf uns zu und spuckte uns ins Gesicht." Sie habe Strafanzeige erstattet.

Eine Mahnwache am Sonntagvormittag verlief nach Angaben einer Polizeisprecherin friedlich. Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) zog in der "Rheinischen Post" (Montagsausgabe) ein weitgehend positives Fazit. Der Einsatz sei "klug vorbereitet" gewesen und habe "massiven Kräfteeinsatz gefordert", erklärte er. "Es galt, friedliche Demonstranten von Krawallmachern zu unterscheiden". Auch Reul kritisierte den Angriff auf die Polizisten scharf. "Kritik ist legitim, Gewalt ist es nicht", erklärte er.

smb/ilo