Rache, Geopolitik und Ideologie: Warum hat der Iran Israel angegriffen?

Iranische Raketen und Drohnen sind am Samstag auf Israel niedergegangen und haben die beiden Länder an den Rand eines Krieges gebracht. Aber warum? (Bild: Euronews)
Iranische Raketen und Drohnen sind am Samstag auf Israel niedergegangen und haben die beiden Länder an den Rand eines Krieges gebracht. Aber warum? (Bild: Euronews)

Der Nahe Osten befindet sich derzeit in höchster Alarmbereitschaft, da weitere mögliche militärische Auseinandersetzungen zwischen Israel und dem Iran befürchtet werden.

Diese erhöhte Spannung ist die Folge eines beispiellosen iranischen Angriffs auf Israel in der Nacht von Samstag auf Sonntag, bei dem Teheran Hunderte Drohnen und Raketen abfeuerte. Aber warum? Was ist der Grund für die Feindseligkeit zwischen Israel und dem Iran und was hat die beiden Mächte in eine direkte Konfrontation getrieben?

Ein kürzlich erfolgter Luftangriff auf die iranische Botschaft in Syrien hat die Feindseligkeiten zwischen den regionalen Rivalen neu entfacht. Israel wird verdächtigt, hinter dem Angriff zu stecken, hat sich aber nicht zu dem Vorfall bekannt.

Karte zum Angriff Irans auf Israel. (Grafik: A. Brühl, Redaktion: J. Schneider)
Karte zum Angriff Irans auf Israel. (Grafik: A. Brühl, Redaktion: J. Schneider)

Die jüngsten Ereignisse in Syrien

Mehrere hochrangige Militäroffiziere, darunter zwei hochrangige Kommandeure der iranischen Revolutionsgarden, wurden bei dem Angriff getötet. Der Oberste Führer des Iran, Ali Khamenei, drohte Israel mit einer "Ohrfeige" als Vergeltung.

Der Vorfall unterstrich die tief sitzende Feindseligkeit zwischen den beiden Nationen, die ihre Wurzeln in jahrzehntelanger geopolitischer Rivalität und ideologischen Differenzen hat.

Während der Herrschaft der Pahlavi-Dynastie im Iran waren die bilateralen Beziehungen relativ friedlich. Der Iran war sogar eines der ersten Länder mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit, das den Staat Israel anerkannte. Dies kam Israels diplomatischer Haltung beim Aufbau von Beziehungen zu nicht-arabischen Nachbarn entgegen, da die arabischen Staaten, die Israel umgeben, nach Ereignissen wie der "Nakba" und dem Sechstagekrieg feindselig eingestellt waren.

Alles ändert sich mit der iranischen Revolution

Die Dynamik änderte sich dramatisch mit der iranischen Revolution von 1979, in deren Verlauf die antiwestliche Islamische Republik unter Ayatollah Khomeini gegründet wurde.

Dieser Regimewechsel führte zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Iran und Israel, da die neuen theokratischen Machthaber des Iran die Legitimität Israels nicht anerkannten. Sie setzten sich für ihre muslimischen Mitbürger und Mitbürgerinnen in Palästina ein und verurteilten Israel als imperialistische Schöpfung der USA.

Es folgte ein kalter Frieden. Mit dem Antritt der Regierung von Yitzhak Rabin in Israel Anfang/Mitte der 1990er Jahre wurde jedoch eine selbstbewusstere Haltung gegenüber dem Iran eingenommen. Ein Grund dafür war die Niederlage der USA gegen den Irak im Golfkrieg, die zu einer Verschiebung der regionalen Machtverhältnisse in Richtung Israel und Iran führte.

Die Rhetorik zwischen den beiden Nationen verschärfte sich dann während der Präsidentschaft von Mahmoud Ahmadinejad im Iran in den 2000er Jahren, der aufrührerische Äußerungen gegen Israel machte, was die bilateralen Spannungen verschärfte.

Das Streben des Iran nach Nukleartechnologie seit den 2000er Jahren hat in Israel und darüber hinaus die Alarmglocken schrillen lassen, da man ein mögliches nukleares Wettrüsten in der Region befürchtet.

Einfluss-Sphären

Einer der Hauptgründe für den Konflikt zwischen Iran und Israel ist ihr Streben nach Einfluss im Nahen Osten. Beide Länder befinden sich seit 1985 in einem langwierigen Stellvertreterkonflikt, der die geopolitische Landschaft des Nahen Ostens maßgeblich prägt.

Der Iran unterstützt seit langem militante Gruppen wie die Hisbollah im Libanonkrieg 2006 und die Hamas im Gazastreifen, die beide in bewaffnete Konflikte mit Israel verwickelt sind. In Syrien hat der Iran die syrische Regierung von Bashar al-Assad unterstützt, während Israel Oppositionsgruppen gefördert hat. Im Jemen steht der Iran auf der Seite der Huthi-Rebellen, während Israel die von Saudi-Arabien angeführte Koalition gegen die Rebellen befürwortet.

Machtverhältnisse in Nahost: Verbündete USA/Israel, Verbündete Iran (Grafik: A. Brühl, Redaktion: dpa)
Machtverhältnisse in Nahost: Verbündete USA/Israel, Verbündete Iran (Grafik: A. Brühl, Redaktion: dpa)

Hinter diesen Konflikten stehen geopolitische Interessen, wobei jeder Staat versucht, den anderen zu unterminieren oder Ziele zu erreichen, die seine Position stärken würden. Die Feindseligkeiten haben sich auf Bereiche wie Cyberangriffe und Sabotage ausgeweitet und zielen auf die Infrastruktur der jeweils anderen Seite ab, darunter auch auf Atomanlagen und Öltanker.

Verwicklung in den Krieg zwischen Israel und der Hamas

Der anhaltende Konflikt zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen hat die Spannungen in der Region weiter verschärft. Die iranische Führung hat Israels Militäroperationen im Gazastreifen offen kritisiert und ihre Unterstützung für die Hamas und andere Gruppen, die Angriffe auf israelische Ziele verüben, zum Ausdruck gebracht.

Die jüngste Eskalation der Gewalt im Gazastreifen hat die ohnehin schon instabile Lage weiter angeheizt und die Sorge vor weiteren Konflikten im gesamten Nahen Osten geschürt.

Der Konflikt zwischen dem Iran und Israel hat nicht nur erhebliche Auswirkungen auf die Region, sondern auch auf internationale Akteure wie die USA. Da Israel ein wichtiger Verbündeter der USA ist, könnte jede Eskalation der Spannungen zu einer Einmischung Washingtons führen, was wiederum Auswirkungen auf breitere strategische Interessen im Nahen Osten hätte.