Rumpelfußball gegen die Slowakei - Als 35.000 Engländer „Sweet Caroline“ singen, verzeihe ich ihnen alles

Englische Fans im Spiel gegen die Slowakei<span class="copyright">Getty Images</span>
Englische Fans im Spiel gegen die SlowakeiGetty Images

England schlägt die Slowakei und steht im EM-Viertelfinale. Überzeugend sind die „Three Lions“ bei diesem Turnier aber noch nicht. Auch im Achtelfinale hakt es so sehr, dass es sogar unseren Reporter frustriert. Als die Fans dann ihre Fußball-Hymne singen, ist aber alles wieder gut.

Bloody hell, was spielen denn die Engländer da? Selbst die eigenen Fans haben keine Lust auf diesen Fußball, den ihre Nationalmannschaft bei dieser EM zusammenmurkst. Im Achtelfinale gegen die Slowakei gibt es auf Schalke schon nach einer halben Stunde laute Pfiffe gegen die Spieler der „Three Lions“. In der Gruppenphase beim Spiel in Köln gegen Slowenien verließen haufenweise Anhänger das Stadion schon vor Abpfiff. Grusel-Fußball der Milliarden-Truppe.

Gegen die Slowakei liegt England lange Zeit zurück – und das hochverdient. Die Slowaken überrumpeln die starbesetzte Truppe der Engländer, überrennen sie nach deren Ballverlusten förmlich. Die Briten wiederum: fehler-, manchmal sogar stümperhaft.

Dazu ganz viel Theatralik und unangebrachte Überheblichkeit. Ich würde selbst am liebsten auf der Pressetribüne aufspringen, das Pfeifkonzert der Fans ist die berechtigte Quittung.

Wie ein Aston Martin mit 50 auf der Autobahn

So schlecht kann England doch gar nicht sein. Der Kader der „Three Lions“ ist mit weitem Abstand der wertvollste im ganzen Turnier (1,52 Milliarden Euro). Im Schnitt ist ein englischer Nationalspieler 58,27 Millionen wert – dem stehen 6,02 Millionen der Slowakei gegenüber (156,40 Mannschafts-Marktwert).

England-Kapitän Harry Kane bedankt sich bei den Fans<span class="copyright">The FA via Getty Images</span>
England-Kapitän Harry Kane bedankt sich bei den FansThe FA via Getty Images

Selbst aus neutraler Sicht ist es frustrierend, das Team um Phil Foden, Harry Kane und Jude Bellingham derart lethargisch zu erleben. Wie ein Aston Martin, der auf der Autobahn nur 50 fährt.

Bellingham und Kane retten England

Trotzdem steht England jetzt doch noch im Viertelfinale. Ein Meisterwerk von Bellingham, dem ehemaligen BVB-Star, rettet sie in der fünften Minute der Nachspielzeit in die Verlängerung: ein unhaltbarer Fallrückzieher.

In den 30 Extraminuten schlägt sofort Bayern-Stürmer Kane zu: purer Wahnsinn und eine emotionale Achterbahnfahrt für die Zuschauer.

England schlägt Slowakei und steht im EM-Achtelfinale<span class="copyright">AFP via Getty Images</span>
England schlägt Slowakei und steht im EM-AchtelfinaleAFP via Getty Images
England-Fans im Spiel gegen die Slowakei<span class="copyright">UEFA via Getty Images</span>
England-Fans im Spiel gegen die SlowakeiUEFA via Getty Images

Volltrunken oder trunken vor Leidenschaft – das gesamte Stadion steht, gepackt von dem aufwühlenden Ende. Selbst der Rundbäuchigste unter den Briten entledigt sich seines Trikots, das wird nun zum Wedeln benötigt. Ich sehe viel nackte Haut, nicht unbedingt von der schönsten Sorte.

Als englische Fans „Sweet Caroline“ singen...

Als das Spiel ein paar Minuten später dann vorbei ist, wird das Lied des englischen Fußballs angeläutet. Neil Diamond, leg los, alle stimmen ein, gemeinsam, jeder ist textsicher: „Sweeeeet Caroline, oh oh oh, Good times never seemed so good, so good, so good!“ Die Engländer haben den Song bei der EM 2021, als sie daheim bis ins Finale kamen, zu ihrem Song gemacht.

Jetzt sind um die 35.000 Engländer in der Arena voller Inbrunst die Zeilen mit, und in dem Moment verzeihe ich ihnen alles. Schön, dass ihr noch dabei seid… aber jetzt spielt endlich Fußball!