Russlands Oligarchen: Die Milliardäre aus Putins Umfeld

Im Zuge der Sanktionen gegen Russland ist immer wieder von den Oligarchen die Rede. Doch wer sind diese Mega-Reichen aus Putins engstem Umfeld eigentlich?

Der russische Präsident Wladimir Putin mit dem Milliardär Alischer Usmanow bei einer Zeremonie im Kreml 2013. Der Oligarch soll zu Putins engsten Beratern gehören.
Der russische Präsident Wladimir Putin mit dem Milliardär Alischer Usmanow bei einer Zeremonie im Kreml 2013. Der Oligarch soll zu Putins engsten Beratern gehören. (Bild: Sasha Mordovets/Getty Images)

Die Sanktionen, die von der EU, den USA und Großbritannien gegen Russland als Reaktion auf die Invasion der Ukraine erlassen wurden, treffen nicht nur staatliche Unternehmen. Sie richten sich ganz gezielt auf einen kleinen Kreis von Milliardären, die zum engeren Umfeld Putins gehören sollen. Die Hoffnung der westlichen Welt ist es, diese Oligarchen so empfindlich zu treffen, dass sie ihren Einfluss auf den russischen Präsidenten geltend machen.

Das Wort Oligarch leitet sich von der Oligarchie ab, der Herrschaft der Wenigen. Oftmals wird der Aufstieg dieser Wirtschaftsbosse über die enge Verbindung mit autokratischen Regierungen ermöglicht. Der Zusammenbruch der Sowjetunion, verbunden mit dem darauf folgenden Turbokapitalismus, ermöglichte ein System der Oligarchen mit großem politischen Einfluss im heutigen Russland. Dabei ist längst nicht immer genau bekannt, wie eng die Megareichen mit Putin verbunden sind. Insgesamt sind auf der Sanktionsliste der EU 675 Personen. Dies sind einige der wichtigsten Figuren.

Roman Abramowitsch, geschätztes Vermögen: 11,3 Milliarden Euro

Der bekannteste unter den Oligarchen dürfte Roman Abramowitsch sein. Das liegt vor allem daran, dass dem 55-Jährigen der Premier-League-Top-Club FC Chelsea gehört. Zuletzt fror die britische Regierung Abramowitschs Vermögen ein, damit gerät auch der vom deutschen Trainer Thomas Tuchel trainierte Fußballverein unter Druck. Es ist nicht ganz klar, wie eng die Verbindungen zwischen Abramowitsch und Putin sind. Während manche ihn eher als geduldet betrachten, vermuten andere Russland-Experten, hinter den Kulissen könnte die Beziehung deutlich enger sein.

Abramowitsch hat einen Großteil seines Reichtums der günstigen Akquise der Öl-Firma Sibneft in den Neunziger Jahren zu verdanken. Er gehört noch zu den großen Gewinnern der Jelzin-Ära und damit zur ersten Oligarchen-Generation. Inzwischen besitzt er auch einen israelischen Pass und hat in den letzten Jahren begonnen, sich stückweise aus Großbritannien zurückzuziehen. Kurz vor den Sanktionen bot er Chelsea für drei Milliarden Pfund zum Verkauf an, auch sein Londoner Anwesen soll zum Verkauf stehen. Abramowitsch ist auch im Besitz der drittgrößten Yacht der Welt, der "Eclipse".

Alischer Usmanow, geschätztes Vermögen: 15,8 Milliarden Euro

Im Fall von Usmanow sind die Kontakte in den Kreml sehr viel klarer als bei Abramowitsch. Mit seinem von Forbes ermittelten Vermögen zählt er zu den reichsten Oligarchen aus Putins Umfeld. Er soll den russischen Präsidenten immer wieder in Wirtschaftsfragen direkt beraten. Dem gebürtigen Usbeken gehören knapp unter 50 Prozent des Firmenkonglomerats USM Holding, zu dem neben Minen unter anderem das größte russische Mobilnetzwerk MegaFon gehört.

Gegen Usmanow wurden als engem Vertrauten Putins bereits am 28. Februar Sanktionen der EU erlassen. Kurz darauf folgten die USA und Großbritannien. Seine Megayacht "Dilbar" liegt momentan für Wartungsarbeiten im Hamburger Hafen und ist dort beschlagnahmt worden. In England gehören ihm mehrere Immobilien, über USM Holding ist er als Sponsor ebenfalls bei einem Premier-League-Club involviert. Seinem Geschäftspartner Farhad Moshiri gehört der FC Everton.

Wladimir Putin bei einem Treffen mit Rosneft-Chef Igor Setschin.
Wladimir Putin bei einem Treffen mit Rosneft-Chef Igor Setschin. (Bild: Sputnik/Alexei Nikolsky/Kremlin via REUTERS )

Igor Setschin, geschätztes Vermögen: unbekannt

Der 61-jährige Setschin gehört als Chef des Staatskonzerns Rosneft zu den wichtigsten Figuren im russischen Ölgeschäft. Seit den Neunzigern ist er im Umfeld Putins zu finden und gehört zu dessen engsten Beratern. Bereits seit der Krim-Annexion steht Setschin auf der US-Sanktionsliste. Zu seinem Vermögen ist wenig bekannt, ebensowenig zu Immobilien im Ausland. Setschin ist so undurchsichtig, dass unklar ist, wie schwer ihn die Sanktionen überhaupt treffen.

Wie sehr er auf die russische Politik Einfluss nimmt, zeigt der Fall des ehemaligen Wirtschaftsministers Alexej Uljukajew. Diesen kostete eine Setschin-Intrige 2016 den Posten, später landete er sogar im Gefängnis. Kaum ein anderer Oligarch ist so häufig mit Putin zu sehen wie der Rosneft-Chef. Medienberichten zufolge sind die beiden in nahezu täglichem Kontakt. Immer wieder gibt es Gerüchte, dass sich Setschin und Putin bereits aus KGB-Zeiten kennen. Der gefürchtete russische Geheimdienst hat dies aber nie offiziell bestätigt.

Nikolai Tokarew, geschätztes Vermögen: unbekannt

Ebenfalls durch eine gemeinsame KGB-Vergangenheit verbunden ist Nikolai Tokarew mit Putin. Doch auch wenn er als Chef des Pipeline-Unternehmens Transneft eine wichtige wirtschaftliche Position innehat, taucht er in der Öffentlichkeit viel seltener auf als Setschin. Tokarew hatte bereits Ärger mit Putin, als es einen Eklat wegen verschmutzter Rohstoffe in der "Freundschafts"-Pipeline gab, die unter anderem nach Deutschland führt. Der Präsident rügte seinen alten Bekannten dafür in der Öffentlichkeit. Tokarew wurde auch mit dem Bau von Putins Schwarzmeer-Palast in Verbindung gebracht, den Staatsunternehmen wie Transneft über Scheinverträge mitfinanziert haben sollen.

Michael Fridman: geschätztes Vermögen: 11,5 Milliarden Euro

Der 57-jährige Fridman ist als Besitzer der Alfa Group eine wichtige Figur im russischen Finanzwesen. Denn zu der Gruppe gehört neben Mobilfunkanbietern auch die AlfaBank, eins der wichtigsten privaten Geldinstitute Russlands. Früher machte Fridman auch Öl-Geschäfte, unter anderem mit dem Konzern TNK-BP, der den deutschen Ölkonzern Dea übernahm.

In der EU geht man davon aus, dass Fridman zum engsten Kreis Putins gehört. Der Banker wies dies stets zurück. Vor fünf Jahren kündigte er an, dass er einen Großteil seines Vermögens an wohltätige Zwecke spenden würde. Der in London lebende Fridman nannte den Ukraine-Krieg in einer Pressekonferenz in der vergangenen Woche eine "Tragödie", vermied es aber, den Kreml direkt zu kritisieren. Gegen die Sanktionen will Fridman vorgehen.

Pjotr Aven: geschätztes Vermögen: 4,4 Milliarden Euro

Das gleiche gilt auch für seinen Geschäftspartner Pjotr Aven. Er schließt sich Michael Fridman an, der die Sanktionen "fadenscheinig und unbegründet" nannte. Dabei wird auch Aven als enger Vertrauter Putins betrachtet. Seit mehr als 25 Jahren führt er die AlfaBank, auch er lebt meistens in London. Als ehemaliger Außenhandelsminister ist er mit der russischen Politik bestens vertraut.

Im Mueller-Report wird erwähnt, dass sich Aven etwa vier mal im Jahr mit Putin im Kreml träfe. Bereits 2016 soll Putin Aven und Fridman dazu geraten haben, ihr Vermögen in Sicherheit zu bringen, weil sie möglicherweise von kommenden Sanktionen betroffen sein könnten.

Oleg Deripaksa: geschätztes Vermögen: 3 Milliarden Euro

Deripaksa verdiente sein Geld in der Aluminiumbranche und gründete später das erneuerbare Energie- und Metall-Unternehmen En+ Group. Mittlerweile hat er sich in Folge von US-Sanktionen 2018 allerdings zu mehr als der Hälfte aus den Anteilen herauskaufen lassen. Vor 2008 gehörte er mit einem geschätzten Vermögen von über 25 Milliarden zu den reichsten Oligarchen. Doch die Finanzkrise kostete den 54-Jährigen einen Großteil seines Vermögens. Trotz zwischenzeitlicher Krisen in der Beziehung zu Wladimir Putin, scheint ihm der Präsident mittlerweile wieder gewogen zu sein.

Deripaksa wurde sogar im Mueller-Report namentlich erwähnt, in dem US-Behörden die Einmischung Russlands in die US-Wahlen 2016 untersuchten. Dort wird er als "eng auf der Linie des Präsidenten" beschrieben. Interessanterweise äußerte sich Deripaksa, anders als andere Oligarchen, öffentlich zum Ukraine-Krieg. Er forderte in einem Twitter-Post, die Friedensverhandlungen müssten "so schnell wie möglich" beginnen. Obwohl er als Großaktionär am wichtigsten russischen Rüstungskonzern beteiligt ist, hat ihn die EU laut Informationen der ARD-Tagesschau von der Sanktionsliste gestrichen.

Im Video: EU dämpft Hoffnung der Ukraine auf baldige Mitgliedschaft