Sahra Wagenknecht räumt bei "Maischberger" ein: "Auch ich vertraue Putin nicht"

Bei Sandra Maischberger (rechts) stritten Sahra Wagenknecht (links) und Marina Weisband unter anderem zur Frage der Waffenlieferungen. (Bild: WDR / Oliver Ziebe)
Bei Sandra Maischberger (rechts) stritten Sahra Wagenknecht (links) und Marina Weisband unter anderem zur Frage der Waffenlieferungen. (Bild: WDR / Oliver Ziebe)

 

In der ARD-Talkshow "Maischberger" hat die BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht am Mittwochabend die Abwesenheit ihrer Partei bei der Rede des ukrainischen Präsidenten Selenskyj im Bundestag erklärt. Publizistin Weisband fordert weitere Waffenlieferungen an die Ukraine.

Das gab es noch nie. Am Dienstag hält der ukrainische Präsident Lelenskyj eine bewegende Rede im Bundestag. Doch nicht alle Abgeordneten hören ihm zu. In trauter Einigkeit versäumen die Abgeordneten von BSW und AfD das besondere Ereignis.

In der ARD-Talkshow "Maischberger" begründet die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht am Mittwochabend ihr Verhalten: "Ich war nicht da, weil ich seine Rede nicht in einem Setting sehen wollte, das als einzige Reaktion Standing Ovations zulässt. Es gab keine Möglichkeit zur Aussprache, keine Möglichkeit zur Debatte. Jetzt ist nicht die Zeit für Jubelveranstaltungen. Ich glaube nicht, dass Selenskyj für die gesamte Ukraine spricht, zumindest ganz offensichtlich nicht für die 600.000 jungen Männer, die in die EU geflohen sind, weil sie nicht eingezogen werden wollen."

Sahra Wagenknecht (links) und Marina Weisband sprachen sich bei
Sahra Wagenknecht (links) und Marina Weisband sprachen sich bei

 

An diesem Abend diskutiert Wagenknecht bei "Maischberger" mit der deutsch-ukrainischen Publizistin Marina Weisband über ein mögliches Ende des Krieges in der Ukraine. Weisband geht die Situation dort sehr nahe. Sie berichtet von ihrer Familie, die noch in dem Land lebt: Der Krieg bestimme seit zehn Jahren den Alltag der Menschen, sagt sie.

Weisband: "Meine Familie lebt in einem Land, das jeden Tag mehr zerstört wird. Sie versuchen, optimistisch zu sein. Wir haben Hoffnung, denn wir haben keine andere Wahl mehr als die Hoffnung. Mein Cousin hat sich die Knie kaputt gemacht. Er musste operiert werden. Jetzt versucht er verzweifelt, wieder an die Front zu kommen. Aber bestimmt nicht, weil er es da so toll findet, sondern weil klar ist: Wenn wir jetzt kapitulieren, wenn wir jetzt den Teil der Ukraine opfern, der schon besetzt ist, dann ist das, was danach kommt, kein Frieden."

Gleichzeitig kritisiert sie die Haltung des Westens, was Waffenlieferungen in die Ukraine betrifft. "Dieser Krieg hätte schon lange vorbei sein können, und die Nato tut der Ukraine keinen Gefallen damit, dass sie sie an diesen langen Tropf hängt, wo man zu viel zum Sterben bekommt und zu wenig zum Leben." Hätte der Westen alles das, was er inzwischen geliefert hat, schon im Frühjahr 2022 in die Ukraine geschickt, hätte der Krieg im Sommer 2022 zu Ende sein können.

Das Flugabwehrraketensystem Patriot, Grafik: A. Brühl/F. Bökelmann/J. Reschke, Redaktion: J. Schneider
Das Flugabwehrraketensystem Patriot, Grafik: A. Brühl/F. Bökelmann/J. Reschke, Redaktion: J. Schneider

Während Wagenknecht fordert, die Signale des russischen Präsidenten aufzunehmen, der Verhandlungen über ein Einfrieren des Krieges entlang der Frontlinie vorgeschlagen habe, fürchtet Weisband in diesem Fall weitere Kriegshandlungen Russlands. Putin habe die gesamte Wirtschaft auf den Krieg eingestellt, sagt sie. "Das heißt, er braucht Krieg. Und er braucht auch Krieg, um weiter davon abzulenken, dass es der russischen Bevölkerung derweil beschissen geht und dass er das Land eigentlich ausblutet für seine imperialistischen Ideen."

Dass Putin im Falle eines irgendwie gearteten Sieges in der Ukraine weitere Länder angreifen könnte, glaubt Wagenknecht nicht. Ihr geht es vor allem darum, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Darum will sie zumindest über das Verhandlungsangebot Putins reden. Einen Frieden in der Ukraine will Weisband natürlich auch. Sie fordert: "Wir müssen in der Lage sein, unser Land zu verteidigen. Das sind wir aber nicht."

Dennoch ist auch sie für Verhandlungen. "Ich glaube, es muss sowohl mit der Ukraine als auch mit dem Rest der Weltgemeinschaft auch auf einer sehr nüchternen, rationalen Basis die Frage geklärt werden, welche Bedingungen für Friedensverhandlungen akzeptabel wären. Deswegen ist der Friedensgipfel in der Schweiz wichtig."

Diese Verhandlungen findet Wagenknecht jedoch falsch, weil die russische Seite nicht dabei sei. Der Westen vertraut Putin nicht. Das ist Wagenknecht klar. Doch sie betont: "Man muss Putin nicht vertrauen, man muss es austesten. Auch ich vertraue Putin nicht." Aber man müsse dessen Signale aufnehmen und über einen Frieden verhandeln. "Ich möchte, dass dieses Sterben endet."