Wie Steffi Graf plötzlich die Freude am Tennis verlor

Wie Steffi Graf plötzlich die Freude am Tennis verlor
Wie Steffi Graf plötzlich die Freude am Tennis verlor

Es war das Ende einer Ära des deutschen Sports - auch wenn es an diesem Tag noch gar nicht klar war.

Am 3. Juli 1999, heute vor 25 Jahren, betrat Steffi Graf, die langjährige Tennis-Dominatorin, zum letzten Mal als Spielerin den Center Court von Wimbledon. Der achte Triumph in London, der 23. Grand-Slam-Titel war das Ziel, das die Jahrhundertspielerin aus Brühl an diesem Tag im Visier hatte und letztlich verfehlte - die US-Amerikanerin Lindsay Davenport feierte mit 6:4, 7:5 ihren ersten und einzigen Triumph auf dem heiligen Rasen.

Für Gegnerin Graf war es der letzte Grand-Slam-Auftritt, noch ohne dass sie selbst es wusste. Sechs Wochen später teilte sie völlig überraschend einen Entschluss mit, der in den Wochen danach in ihr gereift war: den sofortigen Rücktritt vom aktiven Sport.

Das Wimbledon-Turnier 1999 erwies sich damit als Schlusspunkt der goldenen Jahre im deutschen Tennis: Wenige Tage vor Grafs Finale hatte auch Boris Becker nach seinem klaren Achtelfinal-Aus gegen Patrick Rafter sein Karriere-Ende verkündet.

Steffi Graf und Boris Becker traten kurz hintereinander zurück

Die beiden Rücktritte liefen unter völlig unterschiedlichen Umständen: Becker, von der Form seiner besten Jahre am Ende weit entfernt, hatte eigentlich schon 1997 aufhören wollen und war dann doch noch einmal zurückgekommen - dass es seine Abschiedsvorstellung sein würde, war allen Fans klar, auch wenn er es erst im Nachhinein offiziell machte.

Bei der zweiten großen Säule des deutschen Tennis-Booms lag der Fall anders: Hinter Graf lagen gerade die emotionalsten Monate ihrer Karriere: In Paris hatte sie gegen die junge Martina Hingis ihren 22. und schönsten Grand-Slam-Triumph gefeiert, kurz darauf folgte das Finale in Wimbledon.

Auch privat fand Graf in dieser Zeit durch die sich anbahnende Romanze mit Kollege Andre Agassi ins Glück - doch ihr Körper forderte zugleich seinen Tribut für 17 Jahre in der Mühle der Profitour.

Schon lange hatte Graf die Strapazen nur noch mit Schmerzmitteln ausgehalten, ihr letztes Match beendete sie gar nicht mehr. Anfang August in San Diego gab sie gegen die US-Amerikanerin Amy Frazier beim Stand von 6:4, 5:7, 1:2 wegen einer Oberschenkelzerrung auf.

Nach Wimbledon fehlten plötzlich „Spaß und Freude“

„Es waren nach Wimbledon keine einfachen Wochen, weil ich zum ersten Mal den Spaß und die Freude am Tennis vermisst habe. Das war ein komisches Gefühl für mich, das ich so nicht kannte“, sagte Graf, als sie am 13. August bei einer Pressekonferenz in einem Hotel in Heidelberg ihren Rücktritt verkündete. Selbst die nahenden US Open, bei denen sie als Mitfavoritin gestartet wäre und die eine besondere Bühne für den Abschied geboten hätten, hatten ihren Reiz verloren.

Das, was sie in Paris und Wimbledon erlebt hätte, sei „so intensiv“ gewesen, schilderte Graf: „Ich hatte danach vielleicht das Gefühl, dass nichts mehr kommen konnte, was ich noch erreichen kann.“

Mit Tränen in den Augen flüsterte Graf: „Tennis hat mein ganzes Leben bestimmt, es ist schwer loszulassen“. Als sie sich wieder gefasst hatte, beschrieb sie jedoch auch ihre „Erleichterung“, die auf die unwiderrufliche Entscheidung folgte.

Innerhalb weniger Wochen verlor die Tennis-Nation damit ihre beiden Vorzeigefiguren, deren Vermächtnis bis heute unübertroffen ist: Mit sechs Grand-Slam-Titeln ist Becker noch immer der mit Abstand erfolgreichste deutsche Spieler der Geschichte. Graf ist mit ihren 22 Major-Erfolgen sogar unter den Top 3 weltweit - nur Margaret Court (24) und Serene Williams (23) liegen im ewigen Ranking vor ihr.