Stimmungsexplosion aus Dortmund - Deutschland, ein Donnermärchen – jetzt sind wir von dieser EM elektrisiert

Deutschland. Ein Donnermärchen – nun sind wir endgültig von der EM elektrisiert<span class="copyright">getty/Montage: FOL/dom</span>
Deutschland. Ein Donnermärchen – nun sind wir endgültig von der EM elektrisiertgetty/Montage: FOL/dom

Deutschland steht im EM-Viertelfinale und feiert. Das 2:0 gegen Dänemark begeistert, die Atmosphäre: grandios. Selbst die Unwetterunterbrechung und Wasserfälle im Stadion können die Stimmung nicht trügen. Nun sind wir vom EM-Fieber elektrisiert. Deutschland, ein Donnermärchen!

Am Nachmittag vor dem deutschen EM-Achtelfinale in Dortmund stehe ich mit Freunden in der Innenstadt auf dem Markt, genieße die Sonnenstrahlen, halte eine Dose eines lokalen Biers in der Hand. Auf der Dose, eine Sonderedition, sind ulkige Wörter abgebildet, ein Revier-ABC, ich erfreue mich an der Sprache des Ruhrgebiets. Einen dieser Wortschätze will ich später in einen Text über das EM-Spiel einbauen, nehme ich mir vor, nicht ahnend, wie sehr er passen wird: Donnerlüttchen!

Es blitzt und donnert, es kracht und brüllt. Starkregen prasselt auf die Köpfe der Fans, dann Hagel, bald bilden sich ganze Wasserfälle, die vom Stadiondach auf die Ränge strömen. Der Himmel ist für einen Moment über dem Westfalenstadion geöffnet.

Danke Dortmund, nun sind wir alle elektrisiert!

Ein episches Schauspiel an einem denkwürdigen Abend. Deutschland schlägt Dänemark, Deutschland steht im Viertelfinale der Heim-Europameisterschaft und ich habe in dieser Nacht das Gefühl, die EM ist für uns endgültig gestartet. Wir sind vom Blitz getroffen, elektrisiert.

Das geht bereits am Nachmittag los, da gehe ich aufgeladen zum Fanfest an der Reinoldikirche. Peter Schilling und André Schnura heizen die Stimmung von Tausenden Fans ein – ich mittendrin. Als der Mann mit dem mattschwarzen Saxophon in die Menge hastet, stehe ich ganz vorne. Alle rasten aus, ich blicke in euphorische und glückselige Gesichter, alle grölen hingebungsvoll zum Sound der EM mit.

Saxophon und Fanmarsch sorgen für besondere Atmosphäre

Dann der Fanmarsch. Dreißigtausend wandern Schulter an Schulter gemeinsam aus der Innenstadt zum Stadion. Auf dem Weg schließen sich immer mehr an, gehüllt in Schwarz, Rot, Gold und jetzt natürlich auch Pink. Ein gigantisches Meer kommt an den Westfalenhallen an.

Saxophonist André Schnura spielt auf dem Fanfest in Dortmund<span class="copyright">IMAGO/Funke Foto Services</span>
Saxophonist André Schnura spielt auf dem Fanfest in DortmundIMAGO/Funke Foto Services

 

Die Atmosphäre geht ins Stadion über. In Stuttgart und Frankfurt hatte ich zuletzt die Stimmung während der beiden Gruppenspiele beklagt, gerade nach dem Spiel gegen die Schweiz war ich unterwältigt.

In den Städten rundum der Spiele herrschte eine grandiose Euphorie, nur eben im Stadion nicht. Selbst Bundestrainer Julian Nagelsmann hatte sich im Nachgang vorsichtig beschwert.

Im Video oben erklärt unser EM-Reporter Dominik Rosing, warum Nagelsmann jetzt wegen Schlotterbeck ein Problem hat.

Dortmund hat zugehört. Angespornt von der Kritik, die vielmehr ein Appell an uns alle war, wird das Westfalenstadion zum Tollhaus. Das ist es bei Heimspielen der Borussia in diesem geschichtsträchtigen Fußballtempel häufig so, aber bei Partien der deutschen Nationalmannschaft geht es meist verhaltener zu als beim BVB.

Thomas Müller zeigt, wie es geht

Ein Stück BVB-Atmosphäre erleben wir nun aber auch. Hat das erlösende späte Tor von Niclas Füllkrug gegen die Schweiz das Land entfesselt?

„So ein kleiner Emotions-Explosionsmoment war nicht ganz verkehrt“, bemerkte auch Nagelsmann. Vorlagengeber David Raum sprach später von diesen einem besonderen Turniermoment.

Fanmarsch der deutschen Fans vorm Spiel in Dortmund<span class="copyright">IMAGO/Funke Foto Services</span>
Fanmarsch der deutschen Fans vorm Spiel in DortmundIMAGO/Funke Foto Services

 

In Dortmund sind die Emotionen von Beginn an auf einem hohen Level. Voller Inbrunst wird die Nationalhymne gesungen, Thomas Müller macht es vor. Der ganze Körper muss es spüren, mit voller Wucht, alles raus.

Die Symbiose zwischen Fans und Mannschaft

Die Mannschaft dankt es den Fans mit den „besten 20 Minuten des Turniers“, wie Nagelsmann später die Anfangsphase analysiert. Die Fans pushen, das Team elektrisiert die Fans. Eine perfekte Symbiose.

„Wir hatten wahnsinnige Fans hinter uns, das Stadion hat gebebt“, sagt auch Verteidiger Nico Schlotterbeck. Er muss es wissen, er spielt jede Woche hier.

„Wir haben etwas im Land ausgelöst. Wir spielen mit Euphorie, wir spielen mit Spaß. Und das ist das, was im Fußball das Schönste ist“, sagt der Dortmunder. Auch Joshua Kimmich spürte sie, die „beste Stimmung in diesem Turnier“..

Jamal Musiala bejubelt seinen Treffer vor den deutschen Fans<span class="copyright">IMAGO/Shutterstock</span>
Jamal Musiala bejubelt seinen Treffer vor den deutschen FansIMAGO/Shutterstock

 

Der Bundestrainer ist an diesem Abend ebenfalls vollends zufrieden, lobt vor allem das „super Gespür“ der Menschen im Stadion, vor allem für die schwierigen Momente auf dem Feld. „Das hat uns extrem gepusht“, sagt er.

Schwierige Momente gibt es zur Genüge. Das aberkannte Tor von Schlotterbeck, der vermeintliche Rückstand, dann Videobeweis. Dann wieder Videobeweis, plötzlich Elfmeter. Havertz, dann Musiala. Immer wieder atmosphärische Donnerschläge.

Als alles den Bach runtergeht, singt das Stadion „Oh, wie ist das schön“

Auch dann, als gar nicht gespielt wird. Im Starkregen, Hagel, bei Blitzen. Das Unwetter hatte sich bereits mit Blick in die Ferne angekündigt. Es krachte am Horizont. Mit dem lautesten Knall erreicht es das Stadion, plötzlich gießt es über die 60.000 nieder.

Die Mannschaften gehen nach einer halben Stunde Spielzeit in die Kabine, die Fans bleiben. Sie trotzen dem Unwetter, trotzen den Wasserfällen.

Während zwei verrückte Dänen ein Bad auf der Tribüne genießen, jubelt die Arena. Es ist nass, kalt, windig, ungemütlich, Fußball wird nicht gespielt, und trotzdem singen sie alle: „Oh, wie ist das schön…“ Es ist der schönste Moment des Abends.

Hier spüre ich: Das ist sie, die EM-Euphorie. Sie ist da, wir sind elektrisiert. Von der Mannschaft und den Blitzen. Das nehmen wir mit nach Stuttgart. Viertelfinale, der EM-Traum lebt: Deutschland. Ein Donnermärchen. Ein Donnerlüttchen.