TV-Kolumne „Maybrit Illner“ - Illner-Runde debattiert über Corona-Politik und macht dabei einen Mega-Fehler

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„Maybrit Illner“ZDF

In der Debatte um Corona-Maßnahmen sind Kinder die lautlosen Opfer. Sie haben unter den Schulschließungen gelitten und sind in Diskussionen über die Aufarbeitung nicht präsent. Auch Maybrit Illner lässt über die Strategiefehler während der Pandemie diskutieren - nur die Hauptbetroffenen kommen nicht zu Wort.

„Keiner von uns wusste wirklich etwas. Wir hatten es mit einer einmaligen Situation zu tun“, gibt Malu Dreyer zu. „Wir haben ein Problem in Deutschland. Es geht immer um Zuweisung von Schuld. Wir sollten aber jetzt denen, die damals vielleicht nicht so gehört wurden, Gehör verschaffen.“

Bei Maybrit Illner diskutieren neben Malu Dreyer, der SPD-Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, noch der Virologe Christian Drosten, Schauspieler Jan Josef Liefers sowie der Journalist und Autor Georg Mascolo. Kinder sitzen nicht am Tisch. Vielleicht ist die Uhrzeit für Kinder im TV zu fortgeschritten.

Allerdings leuchtet während der TV-Ausstrahlung in der oberen rechten Ecke des Fernsehers der Satz auf: Die Sendung wurde aufgezeichnet. Außerdem hätte das ZDF auch ältere Schüler aus der Oberstufe in die Sendung einladen können.

„Viel Vertrauen beschädigt“

Der Abend geht der Frage nach, ob und wie Deutschlands Politiker und Wissenschaftler die während der Corona-Pandemie getroffenen Maßnahmen diskutieren und aufarbeiten sollen. Damals hatte der Streit zwischen „Team Vorsicht“ und „Team Freiheit“ das Land ebenso traumatisiert wie das Coronavirus selbst.

Der Vertrauensverlust in Politik, Wissenschaft und Medien sei heute noch spürbar, meint Illner. Jan Josef Liefers sagt, es sei von den Regierenden damals bewusst auf Angst gesetzt worden, um die damaligen Maßnahmen durchzudrücken. Der gebürtige Dresdner fühle sich bei den damals angewandten „Methoden, die eher autoritär sind, an das Land erinnert, in dem ich aufgewachsen bin“ und stellt eigens heraus: „Ich bin kein Radikaler, kein Querdenker und gehöre keiner Gruppe an.“

Journalist Mascolo fügt hinzu, dass vor allem das Umfallen der Regierenden um Angela Merkel „bei der Impfpflicht viel Vertrauen beschädigt hat und noch lange nachwirkt“.

Deutschlands Schulen sind lange dicht

Fakt ist, dass vor allem die Kinder unter den Maßnahmen gelitten haben. 38 Wochen waren die Schulen hierzulande geschlossen. Das macht 183 Unterrichtstage, an denen die Pforten dicht waren, rechnet Illner vor. In Frankreich, Spanien und Schweden seien es nur 56, 45 beziehungsweise 31 Tage gewesen:

Zugleich wurde den Kindern (und ihren Eltern) per staatlicher Kampagne ein schlechtes Gewissen gemacht. Wenn sich Schüler und Schülerinnen nicht von Mitschülern und Mitschülerinnen fern hielten, so hieß es, würden sie das Leben von Oma und Opa riskieren. Dass diese extrem restriktive Art nicht nötig war, war damals für die Wissenschaft spätestens in der zweiten Phase der Pandemie belegt.

„Wir konnten damals feststellen, wo ein Ausbruch drohte und wo nicht“, erklärt Virologe Drosten. „Wir haben schon damals gesagt, wir sollten das punktuell machen. Ich habe gesagt, dass wir nicht flächendeckend die Schulen schießen müssen.“

Stimmen der Psychologen gehen unter

Tatsache ist, dass sich die einzelnen Ministerpräsidenten der Länder auf jeweils andere Wissenschaftler verlassen haben. Es gab keine gesicherte wissenschaftliche und für alle Entscheidungsträger verbindliche Grundlage, die der Politik als Basis diente.

„Es war ein Mangel, dass wir uns nicht auf die Grundlagen verständigt haben. Diese Transparenz hat gefehlt“, bestätigt Ministerpräsidentin Dreyer. Also preschte etwa Ministerpräsident Markus Söder nach vorne und machte die Schulen dicht. Andere Bundesländer zogen nach. „Man hat sich sehr spät für Einschnitte in der Wirtschaft wie etwa Homeoffice entschieden“, wertet Journalist Mascolo.

„Eigentlich traf es die Kinder und Familien.“ Dabei hatten zu diesem Zeitpunkt bereits Psychologen und Sozialarbeiter vor den Langzeitfolgen für die Kinder gewarnt. Papiere seien geschrieben worden, sagt Virologe Droste. Sie seien aber nicht gelesen worden. In der Öffentlichkeit seien diese Stimmen untergegangen, obwohl diese Fachleute „zum Hörer gegriffen“ hätten.

Kinder bekommen keine eigene Stimme

Kinder sind nicht gehört worden? Auch die Stimmen von Psychologen und Sozialarbeitern sind im Wirrwarr der Pandemie untergegangen? Vielleicht wäre es gut gewesen, Maybrit Illner hätte diese Gruppen mit einem Vertreter in ihrem Talk abgebildet.

Die Ampelfraktion erwägt, in einem sogenannten Bürgerrat alle beteiligten und auch betroffenen Gruppen zu Wort kommen zu lassen, um die Entscheidungsprozesse und Fehler der Coronazeit aufzuarbeiten und Illner lässt über die Aufarbeitung diskutieren, ohne den betroffenen Kinder und ihren Eltern Rechnung zu tragen?

Wenigstens ein Kinderpsychologe hätte der Gesprächsrunde gutgetan. Oder auch nur ein, zwei Einspieler von Schülern, Lehrern oder Eltern zu ihrer Sicht der Dinge. Auch bei Illner bekommen die Kinder kein Gehör.