Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar 2022 herrscht in dem Land Krieg. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)
Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)

Der Ticker ist für heute beendet. Sie können hier die wichtigsten News des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • Pistorius kündigt 1,3-Milliarden-Rüstungspaket für Ukraine an

  • Moskau nennt ukrainischen Brückenkopf am Dnipro gescheitert

  • Russischer Beschuss trifft Krankenhaus und Bergwerk in Ostukraine

  • London: Russen bereiten wohl Kampagne gegen Energieinfrastruktur vor

  • Selenskyj warnt Militärführung vor politischen Ambitionen

  • Selenskyj erinnert an Beginn der Maidan-Proteste vor zehn Jahren

  • Neues US-Militärpaket für die Ukraine

Die aktuelle Newslage:

+++ Pistorius kündigt 1,3-Milliarden-Rüstungspaket für Ukraine an +++

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat der Ukraine weitere deutsche Militärhilfen im Wert von 1,3 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. «Das wird Ihnen dabei helfen, die russische Aggression zu bekämpfen», sagte der Minister am Dienstag auf einer Pressekonferenz mit seinem ukrainischen Kollegen Rustem Umjerow in der Hauptstadt Kiew. Die Flugabwehr sei dabei entscheidend für die Verteidigungsfähigkeit des angegriffenen Landes.

Geliefert werden sollen nach Angaben von Pistorius weitere Flugabwehrraketensysteme vom Typ Iris-T SLM. Ebenso seien Panzerabwehrminen und Artilleriegranaten des Nato-Kalibers 155 Millimeter enthalten. «Wir reden von 20 000 zusätzlichen Granaten», sagte Pistorius auf Nachfrage. Für das kommende Jahr seien ihm zufolge bereits 140 000 Granaten dieses Kalibers angekündigt. Die Ukraine hat Schätzungen zufolge jedoch einen täglichen Bedarf von mehr als 5000 Granaten. Pistorius stellte dabei höhere Lieferungen erst für 2025 in Aussicht.

Auf eine mögliche Lieferung von hochpräzisen Taurus-Marschflugkörpern mit einer Reichweite von über 500 Kilometern angesprochen, sagte der Verteidigungsminister: «Es gibt keine neuen Informationen zu Taurus». Die Ukraine fordert seit längerem die Lieferung dieser deutschen Marschflugkörper.

Zusammen mit Umjerow hatte Pistorius vorher ein Übungszentrum der ukrainischen Armee besucht. Zusätzlich wurde ein Leitstand eines aus Deutschland gelieferten Patriot-Flugabwehrsystems besichtigt.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat der Ukraine weitere deutsche Militärhilfen im Wert von 1,3 Milliarden Euro in Aussicht gestellt.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat der Ukraine weitere deutsche Militärhilfen im Wert von 1,3 Milliarden Euro in Aussicht gestellt.

+++ Moskau nennt ukrainischen Brückenkopf am Dnipro gescheitert +++

Die Kiewer Versuche zur Errichtung eines Brückenkopfs am russisch besetzten Ufer des Flusses Dnipro im Süden der Ukraine sind nach Angaben des russischen Militärs gescheitert. «Kein Versuch der ukrainischen Streitkräfte einer Landeoperation im Raum Cherson hatte Erfolg», sagte Verteidigungsminister Sergej Schoigu bei einer Sitzung ranghoher Militärs am Dienstag. Die russischen Truppen erlaubten ihren Gegnern keinen Raumgewinn und fügten ihnen «kolossale Verluste» zu, sagte der 68-Jährige. Er bezifferte die ukrainischen Verluste seit Monatsbeginn auf knapp 14 000 Soldaten.

Seit dem Sommer haben ukrainische Einheiten immer wieder über den Dnipro auf das russisch besetzte Südufer übergesetzt. Seit Wochen halten ukrainische Infanteristen dort trotz andauernder Kämpfe Positionen um die Ortschaft Krynky. Medienberichten zufolge gelingt Kiew dabei die Bereitstellung von Nachschub über den Fluss, allerdings bislang nicht die Lieferung von schwerem Gerät und Panzern, die für eine Ausweitung des Brückenkopfs nötig wären. Die potenzielle Gefahr, die von diesen Stellungen für die russischen Truppen in der Südukraine ausgehen, haben aber Militärblogger aus Moskau mehrfach thematisiert.

Die Angaben zu den Verlusten sind unabhängig nicht zu überprüfen. Beide Seiten nehmen für sich in Anspruch, der jeweils anderen Kriegspartei hohe personelle und materielle Schäden zuzufügen.

+++ Russischer Beschuss trifft Krankenhaus und Bergwerk in Ostukraine +++

Die Ostukraine ist nach Kiewer Angaben in der Nacht auf Dienstag von Russland wieder aus der Luft beschossen worden. Dabei sei das Krankenhaus der frontnahen Stadt Selydowe im Donbass getroffen worden, teilte der ukrainische Generalstab mit. Nach Angaben von Innenminister Ihor Klymenko wurden dort sechs Zivilisten verletzt. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass unter den Trümmern zweier getroffener Gebäude noch Menschen verschüttet seien.

Im Nachbarort Nowohrodiwka sei ein Bergwerk getroffen worden, schrieb Klymenko auf Telegram. Dort habe es einen Toten gegeben. 39 Bergleute seien zeitweise unter der Erde gefangen gewesen, mittlerweile aber wieder ans Tageslicht gebracht worden.

Den ukrainischen Militärangaben nach setzte die russische Armee bei den Angriffen eine Iskander-Kurzstreckenrakete, elf Shahed-Drohnen iranischer Bauart und drei umfunktionierte S-300-Luftabwehrraketen ein. Die Iskander-Rakete und zehn Drohnen seien abgefangen worden, teilte die ukrainische Luftwaffe mit.

Schwere Schäden am Krankenhaus in Selydowe nach einem russischen Beschuss.
Schwere Schäden am Krankenhaus in Selydowe nach einem russischen Beschuss.

+++ London: Russen bereiten wohl Kampagne gegen Energieinfrastruktur vor +++

Die russischen Streitkräfte bereiten sich nach Einschätzung britischer Geheimdienstexperten auf eine erneute Raketenkampagne gegen die ukrainische Energieinfrastruktur vor. Das geht aus dem täglichen Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums in London zum Krieg in der Ukraine vom Dienstag hervor.

Demnach haben die Russen vor allem Kiew am vergangenen Wochenende verstärkt mit Kamikaze-Drohnen angegriffen - wohl um die Luftabwehr der Ukrainer zu schwächen. Seit beinahe zwei Monaten hielten sich die Russen zudem mit dem Abfeuern von Marschflugkörpern zurück, hieß es in London weiter. Nach Ansicht der Briten wollen sie damit wohl einen Bestand an Flugkörpern aufbauen, um die kritische Energieinfrastruktur in der Ukraine im Winter zu zerstören.

+++ Selenskyj warnt Militärführung vor politischen Ambitionen +++

Kiew (dpa) - Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Militärführung seines Landes vor einem Einstieg in die Politik gewarnt. «Wenn man den Krieg mit dem Gedanken führt, dass man morgen Politik oder Wahlen macht, dann verhält man sich in seinen Worten und an der Front wie ein Politiker und nicht wie ein Militär», sagte er in einem in der Nacht zum Dienstag veröffentlichten Interview für das britische Boulevardblatt «The Sun». Das wäre ein großer Fehler. In Kriegszeiten könne es auch keine Diskussion über Hierarchien geben, sagte Selenskyj. «Bei allem Respekt für General Saluschnyj und alle Kommandeure, die auf dem Schlachtfeld sind, gibt es ein absolutes Verständnis der Hierarchie und das ist es, und es kann nicht zwei, drei, vier, fünf geben», sagte der Staatschef.

Seit Monaten wird im politischen Kiew über einen Konflikt zwischen Armeechef Walerij Saluschnyj und Selenskyj spekuliert. Der General wird bereits als Konkurrent für Selenskyj bei Präsidentschaftswahlen gesehen. Reguläre Präsidentschaftswahlen müssten laut Verfassung am 31. März kommenden Jahres stattfinden.

+++ Selenskyj erinnert an Beginn der Maidan-Proteste vor zehn Jahren +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat an den Beginn der proeuropäischen Proteste 2013 in der Hauptstadt Kiew erinnert. «Vor zehn Jahren haben wir unsere erste Gegenoffensive durchgeführt», sagte er am Dienstag in einer Videobotschaft vor dem Hintergrund des Europäischen Platzes in Kiew. Dieser Kampf sei gegen Gesetzlosigkeit, Unfreiheit und für eine europäische Zukunft geführt worden. Die damaligen Proteste bezeichnete er als ersten Sieg in der bis heute andauernden Auseinandersetzung mit Russland.

«Jahr für Jahr, Schritt für Schritt tun wir alles dafür, damit eines Tages im Kreise der Sterne der EU-Flagge auch unser Stern strahlt. Der Stern der Ukraine», sagte Selenskyj. Aus einem romantischen Traum vor 20 und einem ehrgeizigen Ziel vor 10 Jahren sei heute der reale Kandidatenstatus geworden. Und trotz des Krieges werde die Ukraine unweigerlich ein vollwertiges Mitglied der Europäischen Union werden.

Zusammen mit seiner Frau Olena und der moldauischen Präsidentin Maia Sandu gedachte Selenskyj der getöteten Demonstranten und stellte Windlichter an einem Gedenkort ab.

Auf dem Unabhängigkeitsplatz (Maidan) in Kiew begannen vor zehn Jahren prowestliche Demonstrationen für die Unterzeichnung eines Annäherungsabkommens mit der EU. Die teils gewaltsamen Proteste führten nach drei Monaten zum Sturz des russlandfreundlichen Präsidenten Viktor Janukowitsch. Dutzende Demonstranten und 17 Polizisten wurden erschossen. Als Folge besetzte Russland die Schwarzmeer-Halbinsel Krim und annektierte diese wenig später. Dann brachte Moskau unter dem Deckmantel eines ostukrainischen Separatismus Teile der Gebiete Donezk und Luhansk unter Kontrolle. Im Februar 2022 schließlich begann der großangelegte Angriffskrieg, der bis heute andauert.

«Die kalten Winternächte des Euromaidan haben Europa für immer verändert», schrieb EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Kurznachrichtendienst X zu dem Jahrestag. Die Ukraine strebe seit zehn Jahren mit Würde und Stolz nach Freiheit. Heute sei klarer denn je, dass die Zukunft des Landes in der Europäischen Union liege.

Ähnlich äußerte sich EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola. «Die Maidan-Revolution hat die Zukunft der Ukraine für immer verändert», schrieb sie. «Während die Ukraine unsere Werte verteidigt, wird unsere Unterstützung mit jeder von Russland abgefeuerten Rakete stärker.» Die Ukraine verteidige nicht nur ihr eigenes Territorium, sondern auch die EU und europäische Werte.

+++ Neues US-Militärpaket für die Ukraine +++

Die Ukraine erhält ein neues Rüstungspaket aus den USA zur eigenen Verteidigung. Bei dem Paket im Wert von 100 Millionen US-Dollar (rund 91,4 Millionen Euro) handelt sich nach Angaben aus Washington um Militärhilfe, die bereits vom US-Kongress genehmigt wurde. Das Rüstungspaket umfasst unter anderem Stinger-Flugabwehrraketen, einen Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars sowie Artilleriemunition. «Insbesondere wird es mehr Artilleriegeschosse geben, die jetzt besonders benötigt werden», sagte auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montag in seiner täglichen Videobotschaft. Seinen Worten nach wurde die Waffenhilfe auch beim Besuch von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin in Kiew besprochen.

Bei den Gesprächen seien die Lage an der Front, die Perspektiven dort und Möglichkeiten, die ukrainische Verteidigung zu stärken, beleuchtet worden, teilte Selenskyj mit. Das Treffen bezeichnete er als produktiv. Er bedankte sich bei den USA für deren «unveränderte Führungsrolle bei der Hilfe».

US-Verteidigungsminister Austin sagte während seines Aufenthalts in Kiew am Montag: «In einem Konflikt wie diesem gibt es kein Patentrezept.» Es komme darauf an, die richtigen Fähigkeiten bereitzustellen und diese auch sinnvoll zu integrieren, damit man auf dem Schlachtfeld die richtigen Effekte erzielen könne.

Er sicherte der Ukraine weitere Unterstützung zu. Dafür sehe er eine «parteiübergreifende Unterstützung in beiden Kammern des Kongresses». Einige Kongressmitglieder hätten berechtigte Fragen, die die Regierung beantworten werde. Die Regierung von Präsident Joe Biden muss um die Freigabe neuer Mittel für die Ukraine kämpfen. Die Fortsetzung der Hilfen im US-Kongress ist umstritten.

Die Ukraine verteidigt sich seit fast 21 Monaten gegen einen russischen Angriffskrieg. Dabei wurde Kiew vom Westen massive finanzielle und militärische Hilfe gewährt. Die Ukraine fürchtet wegen der sich abzeichnenden nachlassenden Unterstützung militärische Rückschläge.

+++ «Briefe von Frauen aus der Ukraine an die freie Welt» +++

Sie sind Unternehmerinnen, Studentinnen, Künstlerinnen, Sanitäterinnen und sogar eine Scharfschützin ist dabei: In aufwühlenden, sehr persönlichen Briefen berichten Frauen aus der Ukraine, wie der Krieg ihr Leben in den Grundfesten erschütterte. Viele von ihnen leben heute im westlichen Ausland, einige sind in ihre Heimat zurückgekehrt, obwohl der Krieg weitergeht. Wiederum andere haben die Ukraine überhaupt nie verlassen. Doch für alle ist der 24. Februar 2022, der Tag des Kriegsbeginns, unauslöschlich in ihr Gedächtnis eingebrannt.

In ergreifenden Berichten, wie sie dramatischer nicht sein könnten, erzählen sie von jenem Tag des Überfalls, den alle als einen existentiellen Schock erlebten. Von einem Moment auf den anderen wurden die Frauen aus ihrem Alltagsleben herausgerissen und mit einer neuen barbarbarischen Wirklichkeit konfrontiert. Besser als jedes politische Sachbuch schildern diese Briefe, was Krieg wirklich bedeutet. Vieles in ihnen macht jedoch auch Mut. So zieht sich durch die Berichte der meist jungen Frauen der feste Glaube, dass die Ukraine auch in Zukunft ein freies Land sein wird. Durch die beeindruckenden Porträtaufnahmen bekommen die Berichte einen sehr persönlichen Touch. Da die meisten Briefe aus dem Sommer 2022 stammen, wüsste man gerne, wie es den Frauen heute geht.