Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Freitag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Krieg in der Ukraine. (Bild: Getty Images)
Krieg in der Ukraine. (Bild: Getty Images)

Unser Ticker ist für heute beendet. Hier können Sie die wichtigsten Ereignisse des Tages nachlesen.

  • Gazprom nimmt Gastransport durch Nord Stream 1 nicht wieder auf

  • G7-Finanzminister wollen Preisdeckel auf russisches Öl durchsetzen

  • Ukrainischer Regierungschef fordert deutsche Kampfpanzer

  • Kiew: Ukraine und Russland tauschen erneut Gefangene aus

  • Moskau: Ukraine erleidet hohe Verluste bei versuchter Gegenoffensive

  • Schoigu: Russland hat keine schweren Waffen am AKW Saporischschja

  • Merz: Deutschland sollte Kiew auch mit Leopard 2-Panzern helfen

  • Ukrainischer Kraftwerksbetreiber zweifelt an IAEA-Mission

Die aktuelle News-Lage im Livestream:

+++ Gazprom nimmt Gastransport durch Nord Stream 1 nicht wieder auf +++

Durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 wird von diesem Samstag an anders als angekündigt weiter kein Gas fließen. Das teilte der Staatskonzern Gazprom am Freitag bei Telegram mit. Grund sei ein Ölaustritt in der Kompressorstation Portowaja. Bis zur Beseitigung bleibe der Gasdurchfluss gestoppt.

Keine Gaslieferung durch Nord Stream 1 (Bild: REUTERS/Dado Ruvic/Illustration)
Keine Gaslieferung durch Nord Stream 1 (Bild: REUTERS/Dado Ruvic/Illustration)

Durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 wird von diesem Samstag an anders als angekündigt weiter kein Gas fließen. Das teilte der Staatskonzern Gazprom am Freitagabend bei Telegram mit. Grund sei ein Ölaustritt in der Kompressorstation Portowaja. Bis zur Beseitigung bleibe der Gasdurchfluss gestoppt. Es war damit gerechnet worden, dass nach Abschluss der angekündigten dreitägigen Wartungsarbeiten ab Samstagmorgen wieder Gas durch die Leitung fließt.

Gazprom zufolge ist das Leck bei den gemeinsam mit Experten von Siemens Energy erledigten Wartungsarbeiten an der Station festgestellt worden. Das ausgetretene Öl sei an mehreren Stellen gefunden worden. Es sei nicht möglich, den sicheren Betrieb der letzten dort noch verbliebenen Gasturbine zu garantieren. Schon in der Vergangenheit sei es zu solchen Ölaustritten gekommen, hieß es.

Mehr zu diesem Thema lesen Sie hier

+++ G7-Finanzminister wollen Preisdeckel auf russisches Öl durchsetzen +++

Die Finanzminister der G7 wirtschaftsstarker Demokratien wollen einen Preisdeckel auf russisches Öl durchsetzen. In einer gemeinsamen Erklärung, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, forderten sie zudem alle Länder, die russisches Öl importieren, auf, sich dieser Maßnahme anzuschließen. «Wir streben eine breite Koalition an, um die Effektivität zu maximieren», heißt es in dem Papier.

Im Kern will man Russland dazu zwingen, Öl künftig für einen deutlich niedrigeren Preis an große Abnehmer wie Indien zu verkaufen. Die Hoffnung ist, dass das zum einen die globalen Ölmärkte entspannt und die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Energiepreise abfedert. Zugleich würde Russland dadurch nicht mehr von Preisanstiegen für Öl profitieren und damit seine Kriegskasse füllen können.

Der Seetransport von Rohöl und Erdölprodukten russischen Ursprungs soll weltweit nur noch möglich sein, wenn das Öl unter einem bestimmten Preis gekauft wurde. Funktionieren könnte der Preisdeckel, indem der Westen wichtige Dienstleistungen wie Versicherungen für Öltransporte an die Einhaltung der Regelung knüpft. Diese sind weitgehend in westlicher Hand.

+++ Russland: Können 30 Millionen Tonnen Getreide ins Ausland liefern +++

Russland ist bereit, im Rahmen von Vereinbarungen mit den Vereinten Nationen in der zweiten Jahreshälfte 2022 bis zu 30 Millionen Tonnen Getreide für ausländische Märkte zu liefern. «Dies wird es ermöglichen, bedürftige Länder zu unterstützen und zur Stabilisierung der Ernährungslage in der Welt beizutragen», teilte das Landwirtschaftsministerium in Moskau am Freitag mit. Nach Schätzungen des Landwirtschaftsministeriums wird die Getreideernte in Russland in diesem Jahr 130 Millionen Tonnen erreichen, davon 87 Millionen Tonnen Weizen.

Die Vereinten Nationen befürchten Lebensmittelknappheit und Hunger in armen Teilen der Welt, wenn die Ukraine infolge des russischen Angriffskriegs als ein wichtiger Getreidelieferant ausfällt. Agrarexporte über die ukrainischen Schwarzmeerhäfen waren zuletzt monatelang blockiert. Die Kriegsgegner Ukraine und Russland hatten am 22. Juli unter UN-Vermittlung jeweils getrennt mit der Türkei ein Abkommen unterzeichnet, um von drei Häfen Getreideausfuhren aus der Ukraine zu ermöglichen. Es wird geschätzt, dass mehr als 20 Millionen Tonnen Getreideerzeugnisse in der Ukraine lagern.

+++ Lindner: Ölpreisdeckel könnte Inflation deutlich eindämmen +++

Finanzminister Christian Lindner rechnet damit, dass ein Preisdeckel auf russisches Öl direkte Auswirkungen auf die Energiepreise haben könnte. In Verbindung mit einer Ausweitung der Produktion in den Erdöl exportierenden Ländern könne er «wirklich die Inflation sehr deutlich eindämmen», sagte der FDP-Politiker am Freitag in Berlin. Die Finanzminister der G7 wirtschaftsstarker Demokratien hatten sich zuvor darauf verständigt, einen Preisdeckel auf Öl aus Russland durchzusetzen. «Russland erzielt gegenwärtig hohe Gewinne aus dem Export von Rohstoffen wie Öl und dem wollen wir entschieden entgegentreten», sagte Lindner.

Christian Lindner rechnet damit, dass ein Preisdeckel auf russisches Öl direkte Auswirkungen auf die Energiepreise haben könnte (Bild: REUTERS/Michele Tantussi)
Christian Lindner rechnet damit, dass ein Preisdeckel auf russisches Öl direkte Auswirkungen auf die Energiepreise haben könnte (Bild: REUTERS/Michele Tantussi)

Im Kern will man Russland dazu zwingen, Öl künftig für einen deutlich niedrigeren Preis auf dem Seeweg an große Abnehmer wie Indien zu verkaufen. Funktionieren könnte der Preisdeckel, indem der Westen wichtige Dienstleistungen wie Versicherungen für Öltransporte an die Einhaltung der Regelung knüpft.

+++ Ukraine-Krieg: Block fünf von AKW Saporischschja wieder am Netz +++

In dem von russischen Truppen besetzten Atomkraftwerk (AKW) Saporischschja ist ein nach Beschuss abgeschalteter Reaktor wieder ans Netz gegangen. Der Block 5 werde gerade wieder auf volle Leistung gebracht, teilte der ukrainische Atomkraftwerksbetreiber Enerhoatom am Freitag beim Nachrichtenkanal Telegram mit. Wegen Mörserbeschuss war tags zuvor eine Notabschaltung eingeleitet worden.

Im AKW befindet sich noch eine fünfköpfige Expertengruppe der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA) zur Einschätzung der Sicherheitslage. Russische Truppen hatten das Kernkraftwerk Anfang März kurz nach Beginn des russischen Einmarsches erobert.

Mit seinen sechs Reaktoren und einer Nettoleistung von 5700 Megawatt ist es das größte Atomkraftwerk Europas. Sich häufender Beschuss in den vergangenen Tage hatte international die Sorge vor einer Atomkatastrophe erhöht.

+++ Scholz zum Ausbau von Ökoenergie: «Unser Ehrgeiz ist grenzenlos» +++

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Entschlossenheit der Regierung zum Ausbau der erneuerbaren Energien bekräftigt. «Da wollen wir wirklich Tempo machen», sagte Scholz am Freitag im sächsischen Spreetal nach einem Gespräch zum Wandel in den ostdeutschen Braunkohleländern. «Alle Hemmnisse, alle Schwierigkeiten, die wir identifizieren, wollen wir beseitigen.»

Anfang des Jahres habe die Regierung damit begonnen, den beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien gesetzgeberisch möglich zu machen. Bis Jahresende werde weiter daran gearbeitet. «Das ändern wir gerade, dann beschleunigt sich das Tempo, und dann gucken wir einmal, wie weit wir kommen», sagte Scholz. «Unser Ehrgeiz ist grenzenlos.» Kaum jemand könne verstehen, dass die Genehmigung einer Windkraftanlage heute sechs, acht Jahre dauere.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Entschlossenheit der Regierung zum Ausbau der erneuerbaren Energien bekräftigt (Bild: REUTERS/Christian Mang)
Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Entschlossenheit der Regierung zum Ausbau der erneuerbaren Energien bekräftigt (Bild: REUTERS/Christian Mang)

Vor dem Hintergrund der Probleme wegen der deutschen Abhängigkeit von russischem Gas sei eine gute und sichere Energieproduktion in Deutschland «von größter Bedeutung». Scholz hob die Chancen auch für die vom Strukturwandel betroffenen ostdeutschen Kohleregionen hervor. Alle setzten darauf, «dass die modernsten Technologien, die mit erneuerbaren Energien verbunden sind, mit der Herstellung von Wasserstoff, dass die sich auch in unserem Land entwickeln, dass dort entsprechende Produktionskapazitäten entstehen, dass das genau hier in diesen Regionen auch der Fall ist», sagte Scholz.

Es sei von größter Bedeutung, «dass das Versprechen, das unser ganze Land, aber auch die Regierungschefs der Länder gegeben haben, auch wirklich umgesetzt wird». Vor allem komme es auf gute, sichere Arbeitsplätze in den Strukturwandelregionen auch in den kommenden Jahren an. Deshalb sei auf einen rechtzeitigen Beginn des Strukturwandels geachtet worden. «Das gelingt, kann man sagen», sagte Scholz.

+++ Europäisches Nato-Mitglied bestellt erstmals Spezialmunition +++

Erstmals hat ein europäisches Nato-Mitglied bei den Rüstungsfirmen Rheinmetall und UVision ferngesteuerte Präzisionsmunition bestellt. Der Wert des Auftrags liege im einstelligen Millionen-Euro-Bereich, Folgeaufträge würden erwartet, berichtete das im Börsensegment MDAX gelistete Unternehmen Rheinmetall am Freitag in Düsseldorf. Der Auftrag sei für die Unternehmen von besonderer Bedeutung, da es sich um die erste Lieferung an eine große europäische NATO-Streitkraft handele. Die Lieferung an einen Spezialkräfteverband soll bis 2023 erfolgen.

Bei den ferngesteuerten Waffen handelt es sich um sogenannte Loitering Munition, zu deutsch etwa: «herumlungernde Munition», die eine Zeitlang im Zielgebiet herumfliegen kann. Sie ist mit Kameras und Sensoren ausgestattet. Ein Vorteil der Munition sei ihre «hohe Einsatzpräzision und somit ein minimales Risiko von Kollateralschäden». Die Munition ermögliche «kalkulierte und punktgenaue Angriffe». Rheinmetall ist ein deutsches, UVision ein israelisches Unternehmen.

+++ Ukrainischer Regierungschef fordert deutsche Kampfpanzer +++

Denys Schmyhal fordert deutsche Kriegspanzer (Bild: dpa-Bildfunk)
Denys Schmyhal fordert deutsche Kriegspanzer (Bild: dpa-Bildfunk)

Vor seinem Deutschlandbesuch hat der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal von der Bundesregierung Kampfpanzer zur Abwehr der russischen Angreifer gefordert. «Wir benötigen einen Wandel in der Philosophie der Waffenlieferungen. Damit meine ich: Es sollten auch moderne Kampfpanzer geliefert werden», sagte Schmyhal in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. «Wir erwarten von den USA, dass sie uns ihre Abrams-Panzer liefern und von Deutschland erwarten wir Leopard 2. Das sind die modernen Panzer, die die Ukraine auf dem Schlachtfeld braucht.»

Schmyhal wird am Samstag in Berlin erwartet. Am Sonntag wird er von Bundeskanzler Olaf Scholz im Kanzleramt empfangen. Er ist der höchstrangige ukrainische Politiker, der Berlin seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor gut einem halben Jahr besucht.

Der ukrainischer Regierungschef im Interview

+++ Kiew: Ukraine und Russland tauschen erneut Gefangene aus +++

Im ostukrainischen Gebiet Donezk haben die Ukraine und Russland erneut Gefangene ausgetauscht. Es seien 14 Ukrainer freigekommen, teilte der für Kriegsgefangene zuständige Koordinationsstab in Kiew im Nachrichtenkanal Telegram mit. Die Soldaten von zwei motorisierten Brigaden seien seit dem Frühling in Gefangenschaft gewesen. Unter ihnen befanden sich demnach ein Offizier und ein Militärsanitäter.

Eine Bestätigung der russischen Seite stand zunächst noch aus. Kiew teilte nicht mit, wie viele russische Soldaten im Gegenzug freikamen. In der Regel lassen beide Seiten gleich viele Militärangehörige frei.

+++ Moskau: Ukraine erleidet hohe Verluste bei versuchter Gegenoffensive +++

Die von der Ukraine gestartete Gegenoffensive im Süden des Landes ist aus Sicht von Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu weitgehend gescheitert. «Die ukrainischen Streitkräfte setzen den Versuch von Angriffen im Raum zwischen Mykolajiw und Krywyj Rih und in anderen Richtungen fort, der Feind erleidet hohe Verluste», sagte Schoigu am Freitag bei einer Besprechung, die auf dem Telegram-Kanal des Ministeriums gezeigt wurde. Kiews einziges Ziel bei der Offensive sei es, «bei den westlichen Kuratoren die Illusion zu erzeugen, die ukrainische Armee sei zu Angriffen fähig.»

Ziel der ukrainischen Angriffe ist es, die westlich des Dnipro stehenden russischen Truppen im Gebiet Cherson hinter den Fluss zurückzutreiben. Im Gegensatz dazu erklärte Schoigu, die russischen Truppen seien an die Gebietsgrenze zur benachbarten Region Mykolajiw vorgestoßen. Unabhängig lassen sich die Angaben nicht überprüfen.

Schoigu sprach zudem von weiteren Erfolgen der russischen Armee im Osten der Ukraine. Dort hätten die Truppen zuletzt den schwer befestigten Ort Pisky direkt vor Donezk eingenommen. Dabei hatten russische Quellen die Einnahme von Pisky bereits vor einem Monat das erste Mal vermeldet.

+++ Schoigu: Russland hat keine schweren Waffen am AKW Saporischschja +++

Russland hat nach Angaben von Verteidigungsminister Sergej Schoigu keine schweren Waffen im besetzten Atomkraftwerk Saporischschja in der Südukraine stationiert. «Ich erkläre verantwortungsvoll, dass wir keine schweren Waffen auf dem Gelände des Kernkraftwerks oder in den angrenzenden Gebieten haben», sagte er am Freitag in Moskau. Er hoffe, die Experten der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA könnten sich davon überzeugen.

Schoigu beschuldigte die Ukraine, seit Mitte Juli regelmäßig die Infrastruktur des AKW mit westlichen Waffen angegriffen zu haben. In seiner auf dem Telegram-Kanal des Ministeriums verbreiteten Rede sprach er von 29 Angriffen seit dem 18. Juli. Es seien insgesamt 120 Granaten abgefeuert worden. Die Ukraine macht dagegen Russland für die Angriffe verantwortlich. Die Angaben der Kriegsparteien lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Die «Provokationen» Kiews gingen trotz der Ankunft der internationalen Experten weiter, sagte Schoigu. Demnach soll am Donnerstag nicht nur das AKW beschossen worden sein, sondern auch der Weg der Inspekteure. Im Falle eines möglichen Notstands trage Kiew die alleinige Verantwortung. Er erwarte «objektive Ergebnisse» von der IAEA-Mission, sagte der Verteidigungsminister. Zuvor hatte die ukrainische Seite erklärt, Russland verhindere, dass die Experten objektive Fakten zur Lage des AKW zusammentragen könnten.

+++ Ukrainischer Regierungschef erwartet Kiew-Besuch Steinmeiers +++

Der ukrainische Regierungschef Denys Schmyhal geht davon aus, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seinen im April geplatzten Kiew-Besuch demnächst nachholen wird. «Wir erwarten einen Besuch Steinmeiers in Kiew auf Einladung von Präsident (Wolodymyr) Selenskyj», sagte Schmyhal in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur.

Steinmeier wollte Kiew im April zusammen mit den Staatspräsidenten Polens, Lettlands, Litauens und Estlands besuchen. Die ukrainische Regierung lehnte einen Besuch Steinmeiers nach Angaben von deutscher Seite jedoch kurzfristig ab. Die vier anderen Staatschefs fuhren schließlich allein, die Reise war von polnischer Seite organisiert worden. Selenskyj erklärte später, keine offiziellen Anfragen des Bundespräsidenten für einen Besuch erhalten zu haben. Im Mai lud der ukrainische Präsident Steinmeier dann offiziell nach Kiew ein.

Inzwischen sind Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und mehrere Minister seines Kabinetts in die ukrainische Hauptstadt gereist, Steinmeier aber noch nicht. Schmyhal wird den Bundespräsidenten am Sonntag während seines Deutschlandbesuchs in Berlin treffen.

Ob Selenskyj in absehbarer ins Ausland reisen und dann vielleicht auch Deutschland besuchen wird, wollte Schmyhal nicht sagen. «Selenskyj ist der Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee in einem Krieg. Nur er kann entscheiden, wann es Sinn macht, Besuche außerhalb des Landes abzustatten», sagte er der dpa. Der ukrainische Präsident ist seit Kriegsbeginn zwar im Inland gereist, hat das Land aber nicht verlassen.

+++ Merz: Deutschland sollte Kiew auch mit Leopard 2-Panzern helfen +++

Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat sich für eine Lieferung von deutschen Leopard 2-Kampfpanzern zur Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen den russischen Angriffskrieg ausgesprochen. «Wir sollten auch in dieser Hinsicht der Ukraine helfen, damit sie in der Lage sind, die russische Aggression zurückzudrängen», sagte der CDU-Vorsitzende am Freitag am Rande einer Klausur der Spitze der Unionsfraktion im oberbayerischen Murnau. Zuvor hatte der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal eine solche Lieferung gefordert.

Schmyhal wird am Samstag in Berlin erwartet. Am Sonntag wird er von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Kanzleramt empfangen. Schmyhal ist der höchstrangige ukrainische Politiker, der Berlin seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor mehr als einem halben Jahr besucht. In einem Interview der Deutschen Presse-Agentur sagte er: «Wir benötigen einen Wandel in der Philosophie der Waffenlieferungen. Damit meine ich: Es sollten auch moderne Kampfpanzer geliefert werden.» Die Ukraine erwarte «von den USA, dass sie uns ihre Abrams-Panzer liefern und von Deutschland erwarten wir Leopard 2».

Merz sagte, er habe mit Schmyhal bereits am 2. Mai in Kiew auch über das Thema Waffenlieferungen gesprochen. Er werde ihn nun auch am Sonntag oder Montag am Rande von dessen Besuch in Berlin treffen. Der Fraktionschef betonte: «Eine Lieferung von deutschen Panzern, auch Kampfpanzern, entspricht dem Beschluss des Deutschen Bundestages vom 28. April 2022», wie dies die Unionsfraktion gefordert habe.

+++ Ukrainischer Kraftwerksbetreiber zweifelt an IAEA-Mission +++

Der ukrainische Kraftwerksbetreiber Enerhoatom zweifelt, dass die Mission internationaler Atomexperten im Atomkraftwerk Saporischschja im Süden des Landes zur Klärung beitragen kann. «Die Besatzer lügen, verfälschen Tatsachen und Beweise», kritisierte Enerhoatom am Freitag mit Blick auf Russland am Freitag im Nachrichtenkanal Telegram. Der Delegation sei zudem der Zutritt ins Krisenzentrum der Anlage verwehrt worden. Dort sei derzeit russisches Militärpersonal stationiert. Russland unternehme alle Anstrengungen, dass keine Fakten zum AKW bekannt würden.

(Bild: Planet Labs Pbc/Planet Labs PBC/AP/dpa)
(Bild: Planet Labs Pbc/Planet Labs PBC/AP/dpa)

Vertreter der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA) sind seit Donnerstag vor Ort, um das AKW auf mögliche Schäden nach wochenlangem Beschuss zu untersuchen. Unklar ist, wie lange die Experten bleiben. IAEA-Chef Rafael Grossi sagte, er wolle eine «dauerhafte Mission» in dem von Russland besetzten Kraftwerk einrichten. In einem am Freitag von Enerhoatom verbreiteten Statement sagte er, angestrebt sei ein Aufenthalt zunächst bis Sonntag oder Montag.

+++ Ukraine: Berlin soll russische Gräueltaten als Völkermord einstufen +++

Vor seinem Berlin-Besuch hat der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal Deutschland aufgefordert, russische Kriegsverbrechen in der Ukraine als Völkermord einzustufen. «Es ist russische Politik, zielgerichtet Zivilisten in der Ukraine zu töten, nur weil sie Ukrainer sind. Das bezeichnet man als Völkermord», sagte Schmyhal in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. «Wenn man alle Tatsachen betrachtet, dann sind alle Merkmale von Genozid, von Völkermord erfüllt. Wir erwarten von unseren Partnern, auch von Deutschland, dass sie sich unserer Einschätzung anschließen.»

Das ukrainische Parlament hatte die Gräueltaten der russischen Armee bereits im April offiziell als «Völkermord» eingestuft. Der Genozid sei durch «massenhafte Gräuel» in den Kiewer Vororten Butscha, Borodjanka, Hostomel, Irpin und anderen Ortschaften belegt. Darunter seien Morde, Entführungen, Folter und Vergewaltigungen von ukrainischen Bürgern. Russland wies die Vorwürfe zurück.

Auch US-Präsident Joe Biden hatte Russlands Präsident Wladimir Putin damals Völkermord vorgeworfen. «Ich habe es Völkermord genannt, denn es wird klarer und klarer, dass Putin einfach versucht, die Idee, überhaupt Ukrainer sein zu können, einfach auszuradieren», sagte Biden. Aus der Bundesregierung hatte es solche Äußerungen nicht gegeben.

+++ Ukraine berichtet über Zerstörung russischer Depots im Hinterland +++

Die ukrainischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben sechs Munitionsdepots im von russischen Truppen besetzten Süden des Landes zerstört. Fünf Munitionslager seien im Gebiet Cherson vernichtet worden, teilte das Kommando «Süd» des ukrainischen Militärs am Freitag auf seiner Facebook-Seite mit. Daneben soll in der Stadt Melitopol im Gebiet Saporischschja ein Depot zerstört worden sein. Unabhängig lassen sich die Angaben nicht überprüfen.

Im Gebiet Cherson hat die ukrainische Armee zu Wochenbeginn eine Gegenoffensive gestartet. Über den Verlauf der Bodenoperationen hüllt sich die Militärführung in Schweigen. Informationen gibt es lediglich über die Schläge der eigenen Artillerie. Demnach wurden neben den fünf Depots auch zwei von den Russen genutzten Fährverbindungen über einen Fluss getroffen. Die Brücken seien ebenso weiter unter Beschuss, teilte das ukrainische Militär mit. Die Fähr- und Brückenverbindungen gelten als strategisch wichtig für den Nachschub der russischen Kräfte westlich des Flusses Dnipro.

Im ebenfalls teilweise von russischen Truppen besetzten Gebiet Saporischschja ist erneut Melitopol Ziel ukrainischer Artillerieangriffe geworden. Ein Munitionslager nahe des Flughafens sei dabei so genau getroffen worden, dass es noch stundenlang Explosionen gegeben habe, teilte der ukrainische Bürgermeister der Großstadt, Iwan Fjodorow, auf seinem Telegram-Kanal mit. Auf dem beigefügten Video sind heftige nächtliche Detonationen zu erkennen.

+++ Getreidefrachter aus Ukraine im Bosporus wieder frei +++

In der türkischen Meerenge Bosporus ist ein auf Grund gelaufener Frachter mit Getreide aus der Ukraine wieder frei. Der Frachter sei von der Küstenwache mit Schleppschiffen wieder in Bewegung gesetzt worden, berichtete die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu am Freitag. Das Schiff war in der Nacht bei Istanbul wegen einer Störung am Ruder in der Meerenge auf Grund gelaufen und lag vor dem Stadtteil Bebek vor Anker. Der Bosporus wurde vorübergehend für den Schiffsverkehr gesperrt.

Das rund 170 Meter lange Schiff «Lady Zehma» hat 3000 Tonnen Mais geladen und ist auf dem Weg nach Italien, teilte das in Istanbul eingerichtete Kontrollzentrums für die ukrainischen Getreideexporte mit. Dem Schiffsinformationsdienst Marine Traffic zufolge ankerte der Frachter am Freitagmorgen vor der Küste Istanbuls im Marmarameer.

Der Bosporus und die Dardanellen sind wichtige Durchfahrtsstraßen, die Schwarzes Meer und Mittelmeer verbinden. Allein der Bosporus wird Behördenangaben zufolge jährlich von mehr als 40 000 Schiffen passiert.

Agrarexporte über die ukrainischen Schwarzmeerhäfen waren wegen des russischen Angriffskriegs monatelang blockiert. Die Kriegsgegner Ukraine und Russland unterzeichneten dann am 22. Juli unter UN-Vermittlung jeweils getrennt mit der Türkei ein Abkommen, um von drei Häfen Getreideausfuhren aus der Ukraine zu ermöglichen. Nach Schätzungen lagern noch mehr als 20 Millionen Tonnen Getreideerzeugnisse in der Ukraine.