UN-Ermittler werfen Israel und Palästinensergruppen Kriegsverbrechen vor

Eine Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats hat Israel und mehreren Palästinenserorganisationen Kriegsverbrechen vorgeworfen. Dies erklärte das UN-Gremium in einem nun veröffentlichten Bericht. (Eyad BABA)
Eine Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats hat Israel und mehreren Palästinenserorganisationen Kriegsverbrechen vorgeworfen. Dies erklärte das UN-Gremium in einem nun veröffentlichten Bericht. (Eyad BABA)

Eine Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats hat Israel und mehreren Palästinenserorganisationen Kriegsverbrechen vorgeworfen. Israel habe "die Verbrechen gegen die Menschlichkeit der Ausrottung, des Mordes, der geschlechtsspezifischen Verfolgung, die auf palästinensische Männer und Jungen abzielt, der Zwangsumsiedlung, der Folter und der unmenschlichen und grausamen Behandlung" begangen, erklärte die im Mai 2021 vom UN-Menschenrechtsrat eingesetzte Kommission in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht. Zudem hätten der bewaffnete Arm der Hamas und sechs weitere Palästinenserorganisationen Kriegsverbrechen begangen.

Laut dem Bericht gibt es eine "ausgedehnte oder systematische gegen die zivile Bevölkerung im Gazastreifen gerichtete Attacke". Die Vorsitzende der Kommission, die frühere UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay, erklärte, Israel müsse seine Angriffe sofort stoppen. Die radikalislamische Hamas und andere Gruppen müssten ihrerseits sofort die Raketenangriffe auf Israel einstellen und alle Geiseln freilassen. Zudem sei es "zwingend notwendig, dass alle, die Verbrechen begangen haben, zur Rechenschaft gezogen werden".

Die "einzige Möglichkeit, die immer wiederkehrenden Kreisläufe der Gewalt, einschließlich Aggression und Vergeltung von beiden Seiten zu beenden", bestehe darin, "die strikte Einhaltung des Völkerrechts zu gewährleisten", betonte Pillay.

Die Botschafterin Israels beim UN-Menschenrechtsrat in Genf, Meirav Shadar, warf der Kommission anti-israelische Parteilichkeit vor. Diese habe "erneut bewiesen, dass all ihre Handlungen einer politischen Agenda dienen, die sich gegen Israel richtet", erklärte Shadar.

Die UN-Untersuchungskommission war vom Menschenrechtsrat im Mai 2021 beauftragt worden, Verstöße gegen die Menschenrechte und gegen das humanitäre Völkerrecht in Israel und in den Palästinensergebieten zu untersuchen. Inzwischen konzentrieren sich die Ermittler auf den Großangriff der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas und anderer Gruppen auf Israel am 7. Oktober sowie das nachfolgende massive Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen.

Bei dem beispiellosen Großangriff der Hamas auf Israel hatten islamistische Kämpfer laut israelischen Angaben 1194 Menschen getötet und 251 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. 116 Geiseln befinden sich nach Angaben der israelischen Armee noch in der Gewalt der Hamas, 41 von ihnen sollen bereits tot sein.

Als Reaktion auf den Großangriff der Hamas geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden können, wurden dabei bislang mehr als 37.100 Menschen getötet.

Im Dezember hatte Südafrika vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) gegen Israel den Vorwurf eines Völkermords im Gazastreifen erhoben. Israel, die USA und die Bundesregierung halten dies für unbegründet. Israel weist den Vorwurf zurück und betont, dass sich das militärische Vorgehen seiner Armee gezielt gegen die radikalislamische Hamas im Gazastreifen richte.

Ein abschließendes Urteil des IGH darüber, ob Israel im Gazastreifen tatsächlich einen "Völkermord" an den Palästinensern begeht oder nicht, wurde in Den Haag zunächst noch nicht gefällt. Bis zu einer Entscheidung darüber könnten noch Jahre vergehen.

lan/se