UN-Gericht ordnet sofortigen Stopp von Israels Rafah-Offensive an

Der Internationale Gerichtshof (IGH) hat den "sofortigen" Stopp der israelischen Militäroffensive in Rafah im Süden des Gazastreifens angeordnet. Das Gericht in Den Haag gab damit am Freitag einem Antrag von Südafrika teilweise statt. Israel wies die Urteilsbegründung zurück. (Eyad BABA)
Der Internationale Gerichtshof (IGH) hat den "sofortigen" Stopp der israelischen Militäroffensive in Rafah im Süden des Gazastreifens angeordnet. Das Gericht in Den Haag gab damit am Freitag einem Antrag von Südafrika teilweise statt. Israel wies die Urteilsbegründung zurück. (Eyad BABA)

Der Internationale Gerichtshof (IGH) hat den sofortigen Stopp der israelischen Militäroffensive in Rafah im Süden des Gazastreifens angeordnet. Das UN-Gericht in Den Haag gab damit am Freitag einem Antrag von Südafrika teilweise statt. Israel wies die Urteilsbegründung zurück. UN-Generalsekretär António Guterres appellierte an die Kriegsparteien, sich an das "rechtlich bindende" Urteil zu halten, in dem auch die sofortige Freilassung der am 7. Oktober von der radikalislamischen Hamas verschleppten Geiseln gefordert wird.

Israel müsse "unverzüglich seine Militäroffensive und jede andere Aktion im Gebiet Rafah einstellen", erklärten die Richter. Zur Begründung hieß es, die Militäroffensive könne zu Lebensbedingungen beitragen, die "zur vollständigen oder teilweisen Zerstörung" der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen führen könnten.

Israel wies die Urteilsbegründung zurück. Israel habe keine Militäreinsätze in der Region Rafah ausgeführt, "die der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gazastreifen Lebensbedingungen auferlegen könnten, die zu ihrer vollständigen oder teilweisen Zerstörung führen könnten", erklärten das israelische Außenministerium und der Nationale Sicherheitsberater Tzachi Hanegbi nach einer von Regierungschef Benjamin Netanjahu einberufenen Krisensitzung mit mehreren Ministern.

Die von Südafrika gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag vorgebrachten Anschuldigungen wegen angeblichen "Völkermordes" kritisierte die israelische Regierung als "falsch, empörend und moralisch verwerflich".

In seinem Urteil wies das höchste UN-Gericht Israel zudem an, den Grenzübergang Rafah an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten offenzuhalten. Dies sei nötig, um "die dringend benötigte Grundversorgung und humanitäre Hilfe in großem Umfang ungehindert zu gewährleisten". Von israelischer Seite hieß es dazu, Israel werde den Grenzübergang Rafah "weiterhin für humanitäre Hilfe von der ägyptischen Seite der Grenze offenhalten und verhindern, dass Terrorgruppen den Übergang kontrollieren".

Die Richter forderten zudem die "sofortige Freilassung" der vor mehr als sieben Monaten von der Hamas verschleppten Geiseln. Es sei "zutiefst beunruhigend, dass viele dieser Geiseln noch immer in Gefangenschaft sind", erklärten die Richter mit Blick auf den Hamas-Großangriff auf Israel am 7. Oktober.

UN-Generalsekretär António Guterres betonte, die Entscheidungen des IGH seien rechtlich bindend. Er vertraue darauf, "dass die Parteien der Anordnung des Gerichtshofs ordnungsgemäß nachkommen werden", sagte sein Sprecher.

Die Hamas, die mit ihrem beispiellosen Überfall auf Israel am 7. Oktober den Krieg im Gazastreifen ausgelöst hatte, begrüßte das Urteil. Sie erwarte eine Ausweitung der Entscheidung auf den "gesamten Gazastreifen und nicht nur in Rafah", erklärte die islamistische Palästinenserorganisation.

Auch Südafrika begrüßte das Urteil. Dessen Wortlaut und die darin geforderten Maßnahmen seien "eine sehr viel stärkere Aufforderung zur Beendigung der Offensive", sagte Außenministerin Naledi Pandor dem Sender SABC. In seinem Antrag hatte Pretoria den Abzug der israelischen Truppen aus dem gesamten Gazastreifen gefordert.

Im Dezember hatte Südafrika Israel vor dem IGH zudem Völkermord im Gazastreifen vorgeworfen. Der IGH wies Israel daraufhin im Januar an, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um Handlungen im Zusammenhang mit einem "Völkermord" im Gazastreifen zu verhindern.

Der Krieg im Gazastreifen war durch den beispiellosen Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden. Die Angreifer töteten nach israelischen Angaben mehr als 1170 Menschen und verschleppten 252 weitere als Geiseln in den Gazastreifen.

Als Reaktion auf den Angriff geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dabei bislang mehr als 35.800 Menschen getötet.

Unterdessen stimmte Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi UN-Hilfslieferungen über den Übergang Kerem Schalom in den Gazastreifen zu. Al-Sisi habe dies nach einem Telefonat mit US-Präsident Joe Biden zugesagt, teilte das Weiße Haus am Freitag mit. Damit werde der Transport der von den Vereinten Nationen bereitgestellten humanitären Hilfe über den nahe Ägypten gelegenen Grenzübergang ermöglicht.

kas/gt