Nach Veröffentlichung von Geisel-Video will Israel weiter mit Hamas verhandeln

Nach der Veröffentlichung eines Videos von der gewaltsamen Entführung israelischer Soldatinnen hat Israels Regierung grünes Licht für die Fortsetzung von Verhandlungen mit der radikalislamischen Hamas gegeben. Die israelische Armee ging derweil im Gazastreifen weiter gegen die Hamas vor. (-)
Nach der Veröffentlichung eines Videos von der gewaltsamen Entführung israelischer Soldatinnen hat Israels Regierung grünes Licht für die Fortsetzung von Verhandlungen mit der radikalislamischen Hamas gegeben. Die israelische Armee ging derweil im Gazastreifen weiter gegen die Hamas vor. (-)

Nach der Veröffentlichung eines Videos von der gewaltsamen Entführung israelischer Soldatinnen hat Israels Regierung grünes Licht für die Fortsetzung von Verhandlungen mit der radikalislamischen Hamas gegeben. Die Gespräche zur Freilassung der Geiseln sollten fortgesetzt werden, erklärte das Büro von Regierungschef Benjamin Netanjahu am Donnerstag. Gleichzeitig betonte er, Israel werde die Hamas weiter bekämpfen. Die israelische Armee ging derweil im Gazastreifen weiter gegen die Hamas vor.

Der Druck auf die israelische Regierung zur Fortführung der Verhandlungen war durch die Veröffentlichung des Videos massiv gestiegen. Das Forum der Geisel-Familien in Israel veröffentlichte am Mittwoch die Aufnahmen, auf denen die gewaltsame Entführung von fünf israelischen Soldatinnen während des Großangriffs der Hamas auf Israel am 7. Oktober aus der Armeebasis Nachal Oz zu sehen ist.

Sie zeigen die jungen Frauen im Alter von 19 und 20 Jahren in Pyjamas auf dem Boden kauernd mit gefesselten Händen, einige mit Blut im Gesicht. Am Ende des Videos ist zu sehen, wie sie von militanten Islamisten in einem Militärjeep weggebracht werden.

Der Clip zeige "die gewalttätige, erniedrigende und traumatisierende Behandlung, die die Mädchen am Tag ihrer Entführung erdulden mussten, ihre Augen waren voller Schrecken", erklärte das Forum der Geisel-Familien.

Die Aufnahmen stammen nach Angaben des Forums der Geisel-Familien aus einem zweistündigen Video, das von Hamas-Angreifern am 7. Oktober mit einer Körperkamera gemacht worden war. Die Bilder seien zusammengeschnitten und zensiert worden, um die "verstörendsten Szenen" nicht zu zeigen. Die Hamas erklärte hingegen, die Videoaufnahmen seien durch die Auswahl der Bilder "manipuliert" worden.

Das Büro Netanjahus ordnete nach der Veröffentlichung die Fortsetzung der Verhandlungen mit der Hamas an und sagte zudem, die Kämpfe gegen die militanten Palästinenser würden fortgesetzt, um sicherzustellen, dass das, was in den Videos zu sehen sei, "nie wieder" geschehe.

Bei israelischen Luftangriffen auf Ziele in der Stadt Gaza im Norden des Gazastreifens am frühen Morgen wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Zivilschutzes 26 Menschen getötet, darunter 15 Kinder. Demnach wurden im Stadtteil Al-Daradsch 16 Menschen getötet, bei einem weiteren Angriff seien zehn Menschen auf dem Gelände einer Moschee getötet worden. Die israelische Armee äußerte sich zunächst nicht dazu.

Heftige Straßenkämpfe gab es auch in Dschabalija und Rafah: Die Hamas und die mit ihr verbündete militante Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad feuerten dort nach eigenen Angaben Mörsergranaten auf israelische Truppen.

Die israelische Armee setzte derweil ihre Offensive nach eigenen Angaben auch in mehreren Vierteln in Rafah fort. "Wir stürmen Rafah nicht, wir operieren vorsichtig und präzise", sagte der Armeesprecher Daniel Hagari. Der Nationale Sicherheitsberater der US-Regierung, Jake Sullivan, hatte zuvor erklärt, das israelische Vorgehen in Rafah sei "gezielter und begrenzter" als zuvor.

Er sagte jedoch nicht, dass Israel auf Bedenken der USA hinsichtlich der Offensive eingegangen sei. "Wir werden darauf achten, ob es bei dieser Operation viel Tod und Zerstörung gibt oder ob sie präziser oder verhältnismäßiger ist", sagte Sullivan.

Seit Anfang Mai führt die israelische Armee trotz internationaler Warnungen eigenen Angaben zufolge "gezielte" Einsätze am Boden und Luftangriffe in Rafah aus. Sie verortet dort die letzten verbleibenden Bataillone der Hamas.

Mit Blick auf die Fortführung der von Ägypten, Katar und den USA vermittelten Verhandlungen zu einer Feuerpause und der Geisel-Freilassung im Gazastreifen meldete der Sender Al-Kahera News, dass "die israelische Position noch immer nicht ausreicht, um eine Einigung zu erzielen". Nähere Angaben machte der dem ägyptischen Geheimdienst nahestehende Sender zunächst nicht.

Am Freitag will der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag seine Entscheidung zu einem von Südafrika eingebrachten Antrag auf eine Waffenruhe im Gazastreifen verkünden. Die Gerichtsentscheidung könnte den politischen Druck auf Israel erhöhen. Am Montag hatte der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) einen Haftbefehl gegen die Führung der Hamas beantragt - aber auch gegen Netanjahu und seinen Verteidigungsminister Yoav Gallant.

Der Krieg zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen wurde am 7. Oktober vom Großangriff der radikalislamischen Palästinenserorganisation auf Israel ausgelöst. Die islamistischen Angreifer töteten an dem Tag nach israelischen Angaben mehr als 1170 Menschen und verschleppten 252 weitere als Geiseln in den Gazastreifen. 125 von ihnen werden immer noch im Gazastreifen festgehalten. Nach Angaben der israelischen Armee sind 37 von ihnen tot.

Als Reaktion auf den Überfall geht Israel seither massiv militärisch in dem Palästinensergebiet vor. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dabei bislang mehr als 35.800 Menschen getötet.

kas/kbh