Volker Kutscher: Ohne diesen Mann gäbe es kein "Babylon Berlin"

Die von Sky und der ARD koproduzierte Serie "Babylon Berlin" ist ein echter Quoten-Hit und so erfolgreich, dass im Frühjahr 2021 die Dreharbeiten für die 4. Staffel starten werden. Die Serie basiert auf den Romanen des Autors Volker Kutscher, dessen bisheriges Lebenswerk sie bildet und der in seinen Büchern deutliche Parallelen zur Gegenwart sieht.

Die Serie "Babylon Berlin" basiert auf den Erfolgsromanen von Volker Kutscher. (Bild: Getty Images)
Die Serie "Babylon Berlin" basiert auf den Erfolgsromanen von Volker Kutscher. (Bild: Getty Images)

Mit der 4. Staffel von "Babylon Berlin" tauchen die Regisseure Henk Handloegten, Achim von Borries und Tom Tykwer ins Berlin Anfang der 1930er-Jahre ein. Die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise haben Berlin knallhart getroffen, Nationalsozialisten und Kommunisten bekämpfen sich erbittert und Kriminalkommissar Gereon Rath (Volker Bruch) bekommt es mit einem unliebsamen Gast aus Amerika zu tun: Der New Yorker Gangster Abraham "Abe" Goldstein mischt die Unterwelt auf. Derweil zieht auch "Der Armenier" (Mišel Matičević) weiterhin seine Fäden und zwingt Rath, sich auf die Suche nach seinem verschollenen Geschäftspartner zu machen. Und dann ist da natürlich noch Charlotte Ritter (Liv Lisa Fries), mit deren Karriere es ebenso aufwärtsgeht wie mit Raths Gefühlen zu ihr - und die ihn wegen ihrer Gutherzigkeit in große Schwierigkeiten bringt.

Die Hauptrollen in der Serie "Babylon Berlin" spielen Liv Lisa Fries und Volker Bruch. (Bild: ddp)
Die Hauptrollen in der Serie "Babylon Berlin" spielen Liv Lisa Fries und Volker Bruch. (Bild: ddp)

Schon "Der nasse Fisch" war ein voller Erfolg

Die vierte Staffel des Serien-Hits beruht auf dem dritten Roman der Gereon-Rath-Reihe von Volker Kutscher, den dieser nach dem New Yorker Gangster "Goldstein" benannt hat. Erschienen ist der Roman bereits 2010, nachdem zuvor schon "Der nasse Fisch" (2007) und der "Der stumme Tod" (2009) bei Publikum wie Kritikern eingeschlagen hatten. Neben den spannenden Kriminalfällen fasziniert vor allem das Setting der Geschichte um den von seinen Kriegserlebnissen gebeutelten Kriminaler, den es in den 1920er-Jahren nach Berlin als eine Stadt verschlägt, in der Armut und Exzess so nah beieinanderliegen, wie an keinem anderen Ort und sich die gesamte Gesellschaft in einem ungeheuren Umbruch befindet.

Das aktuellste Buch spielt bei den Olympischen Spielen 1936

Die Serie, deren Dreharbeiten für die vierte Staffel im Frühjahr 2021 beginnen sollen, war ursprünglich nur auf zwei Staffeln angelegt und hinkt naturgemäß hinter Kutschers Büchern zurück. Anfang November 2020 ist mit "Olympia" bereits der achte Roman um Gereon Rath und Charlotte Ritter veröffentlicht worden. Dieser spielt im Jahr 1936 im Umfeld der Olympischen Sommerspiele, bei denen sich die Nazis auch dank der ästhetischen Bilder von Leni Riefenstahl im besten Licht präsentieren konnten.

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Zum Abschluss müssen die Figuren an den "point of no return"

Eigentlich wollte Kutscher, der sich seit mittlerweile 17 Jahren mit dem Stoff beschäftigt, seine Geschichte hier enden lassen. Dann aber sei ihm klar geworden, dass der richtige Zeitpunkt dafür erst zwei Jahre später ist, verriet er in verschiedenen Interviews. 1938 und damit in dem Jahr, in dem mit der Pogromnacht und den außenpolitischen Entwicklungen auch den unpolitischsten Zeitgenossen klar sein musste, dass Deutschlang unabwendbar in den Krieg und den Holocaust steuerte. In der "FAZ" sagte Kutscher: "Der Point of no return, der entscheidende Zivilisationsbruch der Nazis, das ist eben der November 1938. Da muss ich noch hin, und meine Figuren ebenso, und das wird noch ganz übel und düster für die meisten von ihnen, aber das kann ich ihnen nicht ersparen. Für Deutschland und die Welt wurde es ja auch ganz übel."

Zwei weitere Bücher sollen von Volker Kutscher noch folgen, die seine Romanreihe abschließen. (Bild: Getty Images)
Zwei weitere Bücher sollen von Volker Kutscher noch folgen, die seine Romanreihe abschließen. (Bild: Getty Images)

Kutscher: Ein Patriotismus, der auf dem Grundgesetz fußt

Im Interview mit dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" forderte Kutscher, sich den aktuellen Grenzverletzungen in der politischen Kultur und der Sprache, in der NS-Propaganda-Begriffe wie “Lügenpresse“, “Systempolitiker“, “völkisch" allgegenwärtig sind, deutlich entgegenzustellen. "Durch einen Patriotismus, der eben nicht völkisch und ethnisch denkt, sondern das verteidigt, wofür diese Demokratie steht und worauf sie fußt – das Grundgesetz nämlich." Für Kutscher übernimmt die weibliche Hauptfigur der Charly die Rolle einer solchen Verfassungspatriotin, die gegenüber den Nationalsozialisten die Werte des demokratischen Preußens hochhält, wie Kutscher sagt.

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Noch hat der Schriftsteller also zwei Bücher vor sich, bevor er mit der Roman-Reihe, die ihn international berühmt gemacht hat, abschließen kann. Wie sehr ihn der Stoff in den vergangenen Jahren vereinnahmt hat sieht man auch an anderen Veröffentlichungen aus dieser Zeit, die allesamt mit dem Kosmos um den Berliner Ermittler befasst sind: Die illustrierte Erzählung "Moabit" aus dem Jahr 2017, quasi ein Prequel über den Werdegang Charlotte Ritters, dessen Handlung im siebten Rath-Roman "Marlow" auch aufgegriffen wird. Dazu "Der Nasse Fisch" als Graphic Novel und mehrere nur temporär verfügbare Only-eBook-Storys, die als Zwischengeschichten zwischen den Bänden angesiedelt sind.

Der Autor war zunächst Lokalredakteur

Dass seine Bücher einmal derart erfolgreich werden und die Grundlage für eine Serie werden würden, die als teuerste in der deutschen Geschichte gilt und in mehr als 140 Länder verkauft wurde, hätte sich Volker Kutscher zu Beginn seiner Autorenzeit sicher nicht gedacht. Am 2. Weihnachtsfeiertag 1962 in der Nähe von Köln geboren, studierte er in Wuppertal und Köln zunächst Germanistik, Philosophie und Geschichtswissenschaften, bevor er anfing, als Lokalredakteur in seiner Heimat Wipperfürth zu arbeiten.

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Für die Gereon-Rath-Reihe kündigte Kutscher seinen alten Job

Mit 33 Jahren veröffentlichte Kutscher zusammen mit dem Drehbuchautor Cristian Schnalke ("Krupp: Eine deutsche Familie") sein erstes Buch: "Bullenmord" handelt vom Tod eines Zuchtbullen und der Jagd nach seinem Mörder, bei der ein Jungbauer und eine Startänzerin zwischen die Fronten zweier Drogengangs geraten. Gemeinsam schrieb das Duo noch den Krimi "Vater unser" (1998), dann verlegte sich Kutscher aufs Solo-Schreiben. 2002 veröffentlichte er den historischen Kriminalroman, der Ende des 18. Jahrhunderts in Wipperfürth spielt.

Danach hängte er seinen Redakteursjob an den Nagel und begann, an seiner Idee einer großen Romanreihe zu arbeiten. Wie wir heute wissen, hat sich das Risiko mehr als gelohnt. Die Drehbücher zu "Babylon Berlin" würden ihm zwar zur Ansicht vorgelegt, sagt er. Ein Vetorecht habe er aber nicht. Volker Kutscher ist verheiratet und lebt mit seiner Frau in Köln.

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