Wahl zum CDU-Vorsitz: So tickt Merkel-Rivale Jens Spahn

Jens Spahn ist einer der größten Politik-Aufsteiger der vergangenen Jahre. (Bild: Lukas Schulze/Getty Images)
Jens Spahn ist einer der größten Politik-Aufsteiger der vergangenen Jahre. (Bild: Lukas Schulze/Getty Images)

Die CDU sucht einen neuen Vorsitzenden. Gesundheitsminister Jens Spahn möchte jene Lücke füllen, die Angela Merkel hinterlässt. Zwar gilt er als Außenseiter im Rennen um die Parteispitze, unterschätzen sollte man ihn jedoch nicht.

Im Dezember soll auf dem CDU-Parteitag entschieden werden, wer die Nachfolge von Angela Merkel als Parteichef antreten soll. Neben Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer und Polit-Veteran Friedrich Merz gehört Jens Spahn zwar zu den prominentesten Bewerbern auf den Posten, der beliebteste ist er jedoch bei Weitem nicht: Nur 12 Prozent der CDU-Anhänger sehen den derzeitigen Gesundheitsminister einer aktuellen Umfrage zufolge an der Parteispitze.

Schneller Aufstieg

Friedrich Merz, Annegret Kramp-Karrenbauer und Jens Spahn kandidieren um die CDU-Spitze. (Bild: John MacDougall/AFP/Getty Images)
Friedrich Merz, Annegret Kramp-Karrenbauer und Jens Spahn kandidieren um die CDU-Spitze. (Bild: John MacDougall/AFP/Getty Images)

Zwar überzeugt Spahn bei Auftritten mit Fachwissen und einem eloquenten Redestil, als besonders charmant gilt er jedoch nicht. Dafür ist der Merkel-Kritiker bekannt für umstrittene und provokante Aussagen. Seinen Ehrgeiz sollte man jedoch nicht unterschätzen: 1980 im münsterländischen Ottenstein geboren, trat Jens Spahn schon mit 15 Jahren in die Junge Union ein. Nur sieben Jahre später, mit 22 Jahren, wurde er in den Bundestag gewählt und spezialisierte sich bald auf den Bereich Gesundheit. Dennoch folgte er 2015 der Einladung von Angela Merkel ins Finanzministerium, wo er für drei Jahre als Parlamentarischer Staatssekretär aktiv war. Bereits im Vorjahr wurde er ins CDU-Präsidium gewählt. Im März 2018 wurde Spahn dann zum Bundesminister für Gesundheit ernannt, im Alter von gerade einmal 37 Jahren.

Konservativer Merkel-Kritiker

Während seines schnellen Aufstiegs positionierte sich Jens Spahn als Konservativer zumeist rechts von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Er kritisierte so früh und heftig wie kaum ein anderer Parteikollege ihre Flüchtlingspolitik und warnte vor “falsch verstandener Toleranz”. Der CDU-Politiker sprach sich 2016 für ein Verschleierungsverbot aus, bezeichnete sich gar als “burkaphob” und erläuterte seine Forderung nach einem härteren Umgang mit Flüchtlingen ein Jahr später im Interview mit “Die Welt”: “Wer aus dem arabischen Kulturraum zu uns kommt, der ist oft geprägt durch eine verklemmte Sexualmoral, durch die Nicht-Gleichberechtigung von Frauen, die Ablehnung von Juden oder Schwulen, der muss das Leben in einer offenen und freizügigen Gesellschaft neu lernen”.

Bei Treffen mit Ärzten und Pflegepersonal kann Spahn regelmäßig beweisen, wie gut er sich in seinem Amt auskennt. (Bild: Christian Charisius/AFP/Getty Images)
Bei Treffen mit Ärzten und Pflegepersonal kann Spahn regelmäßig beweisen, wie gut er sich in seinem Amt auskennt. (Bild: Christian Charisius/AFP/Getty Images)

Als “auf eine falsche Art konservativ” hingegen bezeichnete Spahn Anfang 2017 den Umgang der CDU mit gleichgeschlechtlichen Paaren. Er hat für die “Ehe für alle” gestimmt und selbst im vergangenen Jahr seinen Lebensgefährten, einen Redakteur der Zeitschrift “Bunte”, geheiratet.

Medienwirksame Aussagen

Fast schon unfreiwillig komisch hingegen wirkte im Sommer 2017 Jens Spahns Empörung über “elitäre Hipster”, wie man sie in vielen deutschen Großstädten finde. In einem Gastbeitrag in der “Zeit” kritisierte der Politiker, dass etwa in Berliner Restaurants und Cafés fast nur noch Englisch gesprochen werde. Diese “Abschottung” zeuge jedoch nicht von Internationalität, sondern “provinzieller Selbstverzwergung”.

Spahn ist seit 2013 mit dem Journalisten Daniel Funke liiert. (Bild: Christof Stache/AFP/Getty Images)
Spahn ist seit 2013 mit dem Journalisten Daniel Funke liiert. (Bild: Christof Stache/AFP/Getty Images)

Ein größeres mediales Echo erzeugten nur seine Hartz-IV-Kommentare im März 2018: Kurz vor seiner Ernennung zum Gesundheitsminister erklärte Spahn im Interview mit der “Westdeutschen Allgemeinen Zeitung”, dass auch ohne die Tafeln niemand in Deutschland hungern müsse: “Hartz IV bedeutet nicht Armut, sondern ist die Antwort unserer Solidargemeinschaft auf Armut”. Die heftige Kritik an dieser Aussage gipfelte in einer von über 200.000 Menschen unterschriebenen Petition, in der der Wahl-Berliner dazu aufgefordert wurde, selbst einen Monat von Hartz IV zu leben. Dem kam er nicht nach.

Attraktiv für AfD-Wähler

Jens Spahns oft stigmatisierende Statements werden unter anderem vom Nachrichtenmagazin “Spiegel” als Populismus bezeichnet. Der 38-Jährige möchte wohl vor allem die Wähler abholen, die in den vergangenen Jahren von der CDU zur AfD gewechselt sind. Das waren fast eine Million bei der Bundestagswahl 2017.

Jens Spahn möchte von Angela Merkel den CDU-Vorsitz übernehme. Ob er auch Kanzlerschaftsambitionen hat, wird sich noch zeigen. (Bild: Tobias Schwarz/AFP/Getty Images)
Jens Spahn möchte von Angela Merkel den CDU-Vorsitz übernehme. Ob er auch Kanzlerschaftsambitionen hat, wird sich noch zeigen. (Bild: Tobias Schwarz/AFP/Getty Images)

Wie Spahn in seinen zahlreichen Talk-Show-Auftritten der vergangenen Jahre deutlich gemacht hat, muss die CDU seiner Meinung nach wieder weiter nach rechts rücken. Dafür könnte er als Parteivorsitzender sorgen. Doch selbst wenn das nicht klappt, hat der Minister augenscheinlich schon andere Pläne: In einigen Kreisen wird er bereits als ernstzunehmender Anwärter auf das Kanzleramt gesehen. Dass er dafür noch an seinen Sympathiewerten arbeiten muss, wofür die aktuellen wahlvorbereitenden CDU-Regionalkonferenzen einen guten Anlass bieten, scheint ihm bewusst zu sein: “Bekannt bin ich jetzt, beliebt muss ich noch werden”, zitiert ihn der Journalist Michael Bröcker in seiner jüngst erschienenen Biografie.

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