Warum Bluthochdruck so gefährlich ist – und was Sie dagegen tun können

Rund 30 Prozent aller Deutschen haben Bluthochdruck, oft, ohne es zu wissen. Das kann fatale Folgen haben, denn wer die schleichende Krankheit jahrelang nicht bemerkt und deswegen nichts dagegen unternimmt, hat ein sehr viel höheres Risiko, einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt zu bekommen. Dabei ist es relativ einfach, den Bluthochdruck zu senken. Lesen Sie hier, was Sie selbst tun können, um sich zu schützen!

„Die Bluthochdruckwelle ist ein Symbol unseres ungesunden Lebensstils“, sagt Prof. Dr. Andreas Michalsen, Chefarzt der Abteilung Naturheilkunde der Berliner Charité sowie Vorstandsvorsitzender der Carstens-Stiftung in Essen. Denn besonders in der westlichen Welt gilt: Je älter die Menschen, desto dicker werden sie und desto häufiger entwickeln sie Bluthochdruck und Diabetes. In 90 Prozent aller Fälle ist der Bluthochdruck also selbst gemacht, eine Summierung ungesunder Lebensführung über Jahre hinweg. Die drei wichtigsten Faktoren dabei: „Bewegungsmangel, Fehlernährung und Stress. Wenn diese drei Werte im Normbereich liegen, kann es praktisch nicht zu Bluthochdruck kommen.“ Nur bei zehn Prozent aller Patienten liegen ihm andere Faktoren wie eine Nieren- oder Hormonerkrankung zugrunde.

Tragisch ist die Krankheit paradoxerweise gerade deswegen, weil sie in den meisten Fällen keine Beschwerden hervorruft und die Betroffenen sich durchaus wohl in ihrer Haut fühlen. Über Jahre hat sich ihr Körper einfach daran gewöhnt, dass ihr Blutdruck die kritische Grenze von 140/90 mmHg regelmäßig überschreitet. Der Wert setzt sich aus zwei Komponenten zusammen. Der erste Wert bezeichnet den systolischen Blutdruck der entsteht, wenn sich das Herz zusammenzieht um das Blut in die Gefäße zu pumpen.

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Der niedrigere, diastolische Blutdruck bezeichnet den Druck in den Arterien, der übrig bleibt, wenn sich das Herz wieder mit Blut befüllt. Auf Dauer beschädigt ein zu hoher Blutdruck vor allem die Arterien, durch die die Blutversorgung im Körper erfolgt. Herzinfarkt und Schlaganfall sind die häufigsten Folgen, aber auch andere Organe wie die Nieren oder Augen sind gefährdet.

Der Ernstfall

Wo ein dauerhaft erhöhter Blutdruck normalerweise lange beschwerdefrei bleibt, kann es neben Herzinfarkt und Schlaganfall noch zu einem weiteren Notfall kommen: Eine hypertensive Krise, die mit Schwindel, Kopfschmerzen, Sehstörungen und Herzschmerzen einhergehen und von den Betroffenen oft nur schwer eingeordnet werden kann. „Bei Herzschmerzen empfehlen wir immer, einen Notarzt zu rufen“, sagt Prof. Michalsen. Der Blutdruck muss dann sofort medikamentös gesenkt werden, um weitere Schäden zu vermeiden.

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Und auch jene Personen, die immer wieder in weniger dramatischer Weise von Schwindelanfällen oder Kopfschmerzen geplagt werden, sollten einmal ihren Blutdruck checken lassen. „Überhaupt wäre es gut, wenn jeder seinen normalen Blutdruck kennen würde“, meint der Mediziner. „Das kann man in jeder Apotheke machen. Wichtig ist nur, dass man ihn in einer Ruhesituation misst.“ Also nicht nach dem Sport oder kurz nach dem Erklimmen dreier Stockwerke beispielsweise. Und auch die Hausärzte sollten den Blutdruck regelmäßig kontrollieren, etwa wenn Patienten ab dem 35. Lebensjahr zum regelmäßigen Check-up kommen.

Risikofaktoren und Therapie

Zu den bereits benannten Faktoren Bewegungsmangel, mit Fehlernährung einhergehendes Übergewicht und Stress zählen auch Rauchen und Alkohol zu den Risikofaktoren. „Als erstes sollte man immer eine Lebensstilveränderung vornehmen, wobei die Ernährung das A und O ist“, sagt Prof. Michalsen. „Nach sechs Monaten kann man dann einschätzen, ob man den Blutdruck auch ohne Medikamente in den Griff kriegt.“ Und dafür hat der Professor mit seinem Team eine Methode gefunden, die nicht nur den Bluthochdruckpatienten zugutekommt. In einer ersten Studie wurde Teilnehmer mit einem metabolischen Syndrom (Bluthochdruck, Übergewicht, veränderten Blutfettwerten und Insulinresistenz) innerhalb von sechs Wochen zwei Mal Blut abgenommen. Jeweils 400 Milliliter, also 100 Milliliter weniger als bei einer normalen Blutspende. Das Ergebnis: Der Blutdruck fiel bei allen Teilnehmern erheblich ab, im Schnitt um 16 Punkte. „Mit Medikamenten erreicht man normalerweise 8, 10 oder bestenfalls auch einmal 12 Punkte.“

Blut spenden hilft allen

Eine zweite Studie bediente sich der Daten von Spendern, die ohne besondere Indikation zum normalen Blutspenden in der Charité erschienen waren. „Die Hälfte von den 300 hatte Bluthochdruck. Da sieht man wieder einmal, wie verbreitet das ist.“ Auch hier sank der Blutdruck der Teilnehmer mit jeder Blutspende. Männer dürfen alle zwei Monate Blut spenden, Frauen alle drei Monate. Dabei ist es nicht einfach so, dass das verringerte Volumen den Druck senken würde, denn die verlorene Flüssigkeit hat der Körper nach ein paar Tagen wieder aufgeholt. Vielmehr liegt das Geheimnis des Erfolgs darin, dass mit dem Blut auch Eisen abfließt, von dem Menschen über 50 normalerweise zu viel im Blut haben.

Der zweite Effekt liegt darin, dass der Körper nach der Blutspende vermehrt rote Blutkörperchen bildet. Diese haben normalerweise eine Lebensdauer von 120 Tagen, wobei die jüngeren geschmeidiger und flexibler auch durch kleinste Gefäße flutschen und somit wenig Druck erzeugen. Eine Win-win-Situation für alle also, denn neben den Bluthochdruckpatienten profitieren auch all jene, die auf Blutprodukte angewiesen sind. Immer noch gibt es hier einen Mangel, der in Nachbarschaft zu natürlich wichtigen Stammzell- und Organspende-Aktionen leicht in Vergessenheit geraten kann.

(Artikel & Interview: Ann-Catherin Karg / Bilder: Getty Images)