Zu frühe Lockerungen der EZB - Aus 4 Gründen rollt zweite Inflationswelle auf uns zu - diese Investments lohnen sich

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EZB-Präsidentin Christine Lagarde.IMAGO/ANE Edition

Ist die EZB zu optimistisch, was die abflauende Inflation angeht? Vier Gründe deuten darauf hin, dass eine zweite Inflationswelle bevorstehen könnte und die EZB möglicherweise zu früh gelockert hat. Welche Anlagestrategien sich in einem solchen Umfeld noch lohnen könnten, erfahren Sie hier.

Die Europäische Zentralbank (EZB) lag schon mit ihren Inflationserwartungen für 2022 ziemlich daneben. Auch jetzt könnten die Projektionen wieder zu optimistisch sein. Was passiert, wenn es vergleichbare Entwicklungen wie in den USA in den 1940er und 1970er Jahren gibt? Dann müssten wir eine zweite Inflationswelle erwarten, mit Jahresraten von – zumindest zeitweise – über vier Prozent.

Auch wenn die Inflationsrate im Euroraum zuletzt auf 2,4 Prozent gefallen ist, liegt sie doch immer noch über der Zielmarke von 2,0 Prozent. Die jüngste EZB-Projektion sieht diese Marke im zweiten Halbjahr 2025 als erreicht an. Trotzdem wagt man bereits eine Lockerung. Das könnte verfrüht sein, denn der Preisdruck nimmt aus folgenden vier Gründen wieder zu:

  1. Die Lohnkosten steigen schneller als die Produktivität und damit auch schneller, als die Wirtschaft nominal wächst. Gleichzeitig schrumpft die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, Arbeitskräfte bleiben also knapp, während die Forderungen nach mehr Lohn als Inflationsausgleich anhalten.

  2. Preistreiber Nummer 2 ist die De-Globalisierung. Handelshemmnisse, Zölle, steigende Transportkosten und die Diversifizierung der Lieferketten verteuern Importe und Produktion.

  3. Die De-Carbonisierung der Welt (beispielsweise die Bepreisung des CO-Ausstoßes) erhöht direkt die Energiekosten. Der ökologische Umbau der Produktion kann nicht gelingen, ohne die Konsumenten an den Kosten zu beteiligen.

  4. Die Staaten der EU, aber auch die USA, brauchen immer mehr Geld und verschulden sich dafür. Hoch verschuldete Staaten müssen jedoch am Kapitalmarkt höhere Zinsen bezahlen – sofern nicht wieder die Notenbanken Staatsanleihen aufkaufen.

Was passiert, wenn sich nun die Inflation bei drei Prozent einpendelt? Da die Zentralbanken die Inflation kontrollieren wollen, halten sie an hohen Zinsen wahrscheinlich noch länger fest beziehungweise gehen zögerlicher vor, wenn es um Zinssenkungen geht. Die Folge: Die Zinskurven bleiben invers, das heißt Anleihen mit kurzen Laufzeiten rentieren höher als die Langläufer.

Diese Anleihen sind in diesem Umfeld noch attraktiv

Aktuell liegt der Zins für zehnjährige europäische Staatsanleihen um etwa einen Prozentpunkt unter dem einjährigen Zins. Langfristanleihen haben nicht mehr auf die jüngste Zinssenkung der EZB reagiert. Sie werden eher durch die Erwartungen an die zukünftige Inflation beeinflusst. Euro-Staatsanleihen sind ab einer Laufzeit von vier Jahren im Verhältnis zu ihrem Laufzeitrisiko nicht attraktiv verzinst.

Wir bevorzugen Zins-Kurzläufer und variabel verzinste Anleihen, die laufend den Zins anpassen (Floater). Euro-Unternehmensanleihen, insbesondere solche mit Investment-Grade-Rating (also guter Bonität), werfen nicht nur eine positive Laufzeitprämie ab, sondern sind aufgrund ihrer konstanten Zinsaufschläge attraktiv.

 

Sie sind ein gutes Instrument, um hohe Kurzfristzinsen über dem Geldmarkt zu kassieren. Gleichzeitig vermeidet man eine längere Festlegung bei unsicherem Zinsumfeld. Aus Risikogesichtspunkten sollte man in Fonds investieren, die auf eine genügende Streuung und die Bonität der Emittenten achten. Weil das Inflationsproblem länger bleiben wird, wird es wohl bei den langen Anleihelaufzeiten keine große Kursphantasien mehr geben.