Wieso ein Mini-Pferd in Amerika erster Klasse flog

Ronica und Fred auf großer Reise: Eine Amerikanerin und ihr Mini-Pferd sind Anfang Februar gemeinsam geflogen. Mitreisende und Servicekräfte reagierten souverän und freundlich. Nur online hagelte es später, nach zahlreichen Medienberichten, Beleidigungen.

Ein Mini-Pferd wie dieses kann schon mal als Begleiter beim Fliegen dienen. (Symbolbild: Getty)
Ein Mini-Pferd wie dieses kann schon mal als Begleiter beim Fliegen dienen. (Symbolbild: Getty)

Die Mitreisenden in der ersten Klasse trauten sicher ihren Augen nicht, als die Amerikanerin Ronica Froese am 7. Februar das Flugzeug nach Dallas bestieg. Denn sie war nicht allein: An einem Bügelgriff führte sie Fred neben sich her. Ihr für Assistenz- und Therapiezwecke ausgebildetes Mini-Pferd. Gekleidet war Fred in einem hautengen türkisenen Anzug, der aber die weiße Mähne nicht ganz bändigen konnte, dazu mit knallgelber Aufschrift an den Flanken: „Service Horse“.

Zahlreiche US-Medien haben in den letzten Tagen über das skurrile Reise-Duo berichtet, unter anderem WXMI. Im Interview erzählt Froese: „Es war unser erster Flug. Fred ist schon tausende Kilometer im Wagen mitgefahren, aber noch nicht geflogen.“

Strengere Vorschriften für Assistenz-Tiere

Froese und Fred leben gemeinsam im nördlichen US-Bundesstaat Michigan. Fred, der mit im Haus wohnt, ist stubenrein und sehr gut erzogen: „Ich habe ein ganzes Jahr lang intensiv mit ihm trainiert, wir waren auf alles vorbereitet“, erzählt Froese weiter. Dennoch: Monatelang habe sie die Reise, die aus je zwei Flügen in beide Richtungen bestand, vorbereitet. Sie startete in Grand Rapids, mit Zwischenlandung in Dallas, dann ging es weiter nach Ontario im US-Bundesstaat Kalifornien.

Für die Tickets hat Froese „einen Arm und ein Bein“ ausgegeben. Doch das war es ihr Wert, sie wollte mit der großen Bein- und Sitzfreiheit in der ersten Klasse erreichen, dass sich Fred sicher und wohl fühlt.

Natürlich war ihr bewusst, was für ein Paar die beiden abgeben, sie habe mit großem Gaffen ihrer Mitreisenden gerechnet. Doch tatsächlich war die Erfahrung überwiegend positiv. „Alle waren total lieb, sogar während der Sicherheitskontrollen“, sagt Froese.

Tiere an Bord können auch mal für Ärger sorgen - so wie dieses Eichhörnchen

Weil das US-Verkehrsministerium derzeit über strengere Vorschriften berät, welche Tierarten in Flugzeugen mitreisen dürfen, hofft sie, mit Fred ein gutes Beispiel und ein Argument pro Assistenz-Mini-Pferde angeführt zu haben.

Sie wisse aber auch, sagt sie WXMI, dass die Vorschriften für Assistenz-Tiere häufig ausgenutzt würden: „Oftmals befinden sich dann untrainierte Tiere an Bord. Deshalb muss man natürlich über die Situation sprechen.“ Doch für sie persönlich sei Fred ein notwendiger Begleiter. Deshalb hofft sie, das Ministerium stoppe den eingeschlagenen Kurs, Assistenz-Tiere und damit auch sie, die auf Fred angewiesen sei, vom Fliegen ganz auszuschließen.

50 Prozent mehr Tiere über den Wolken als 2019

Immer wieder geraten tierische Assistenten in die Schlagzeilen. Wie die New York Post kürzlich berichtete, sind derzeit zahlreiche Tierarten in Flugzeugen erlaubt, solange sie als „Assistenten“ eingetragen sind. Ob groß, ob klein, ob trainiert, ob untrainiert, die Zahl der Assistenz-Tiere hat in den vergangenen Jahren rapide zugenommen. In einem Bericht des Verkehrsministeriums, auf den sich die New York Post bezieht, steht: „Passagiere haben versucht mit Pfauen, Enten, Truthähnen, Schweinen, Leguanen und vielen andere Tierarten zu fliegen. Sie sind dann immer emotionale Stützen oder Assistenz-Tiere.“ Knapp 200.000 Tiere sind auf diese Weise vergangenes Jahr mit der Southwest Airline geflogen, rund 155.000 Tiere mit der American Airline. Die Zahlen sind um rund 50 Prozent gestiegen, verglichen mit dem Vorjahr.

Doch Froese ist angewiesen auf Fred. Sie leidet nach Angaben auf ihrer Facebook-Seite an einer Autoimmun-Erkrankung: Morbus Crohn. Laut der Deutschen Morbus Crohn Vereinigung handelt es sich dabei um eine chronische, in der Regel „lebensbegleitende“ Entzündungs-Erkrankung, die den gesamten Verdauungstrakt angreifen kann. Die Erkrankung kommt in unvorhersehbaren Wellen. Wohl deshalb können Assistenz-Tiere im Notfall helfen, aber auch aus therapeutischen Gesichtsgründen sinnvoll sein.

„Danke für die Lösch-Funktion“

Vielleicht auch dank Fred ist Froese mittlerweile wohlbehalten zuhause angekommen. In einem langen („ich werde wahrscheinlich die maximale Beitragslänge erreichen“) und emotionalen Text hat sie am Samstag auf ihrer Facebook-Seite die Flugreise verarbeitet. Sie bedankt sich darin bei Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Flughäfen, bei Piloten und Pilotinnen, Reisebegleitern und Reisebegleiterinnen und Mitreisenden, die in meist freundlicher und respektvoller Weise ihre und Freds Reise ermöglicht haben. Und bei Fred, der sich in all der Zeit, in der sie ihn mit neuen Situationen konfrontierte, vorbildlich verhalten habe.

Skurrile Tiergeschichten gibt es viele - hier gibt’s einige Highlights

Doch sie schreibt auch über negative Reaktionen, die auf die große Medienaufmerksamkeit ihrer Reise folgten. Auf Twitter etwa wird Froese als „Tierquälerin“ bezeichnet und dass sie sich auf psychische Schäden untersuchen lassen solle. Froese drückt es auf ihrer Facebook-Seite so aus: „Danke Facebook für die Lösch-Funktion und die Block-Funktion. Mit freundlichen Grüßen, eine Pferdetrainerin, die online gerade ziemliche Prügel einstecken muss.“

Warum an diesem Bahnhof plötzlich Pferde auftauchten, zeigt dieses Video: