ZDF-Star Alina Fritsch: "Der respektvolle Umgang miteinander fehlt in meiner Branche oft"

In "Die Toten vom Bodensee - Der Nachtalb" (Montag, 9. Oktober, 20.15 Uhr, ZDF) muss Abteilungsinspektorin Luisa Hoffmann (Alina Fritsch) ihrem Kollegen, Kriminalhauptkommissar Micha Oberländer (Matthias Koeberlin) helfen, als dieser plötzlich unter Mordverdacht steht. (Bild: ZDF / Patrick Pfeiffer / [M] FeedMee)
In "Die Toten vom Bodensee - Der Nachtalb" (Montag, 9. Oktober, 20.15 Uhr, ZDF) muss Abteilungsinspektorin Luisa Hoffmann (Alina Fritsch) ihrem Kollegen, Kriminalhauptkommissar Micha Oberländer (Matthias Koeberlin) helfen, als dieser plötzlich unter Mordverdacht steht. (Bild: ZDF / Patrick Pfeiffer / [M] FeedMee)

In der ZDF-Krimireihe "Die Toten vom Bodensee" spielt Alina Fritsch die Abteilungsinspektorin Luisa Hoffmann. Warum die Dreharbeiten im Vierländereck nicht immer einfach waren, verrät die Österreicherin im Interview.

Sie bezeichnet sich selbst als "Third Culture Kid": Alina Fritsch wurde 1990 als Tochter des Schauspielehepaares Regina Fritsch und Ulrich Reinthaller in Wien geboren, sie besuchte die American International School Vienna und studierte an der University of Warwick, England, englische Literatur und Schriftstellerei.

Seit mehr als einem Jahr steht sie als Abteilungsinspektorin Luisa Hoffmann in der ZDF-Krimireihe "Die Toten vom Bodensee" vor der Kamera. Ihr erster Fall "Nemesis" lockte im Februar rund 7,7 Millionen Menschen (Marktanteil: 27 Prozent) vor die Bildschirme, nun steht der zweite Einsatz in "Die Toten vom Bodensee - Der Nachtalb" (Montag, 9. Oktober, 20.15 Uhr, ZDF) an. Im Interview spricht Alina Fritsch über Adrenalin beim Schießtraining, Verständigungsprobleme am Set und Vergleiche mit ihrer Mutter.

teleschau: Der Nachtalb ist ein Wesen aus der nordischen Sagenliteratur. Lesen Sie gerne Märchen oder Sagen?

Alina Fritsch: Oh ja! Ich bin ein riesiger Mythologie- und Märchenfan. Seit meiner Kindheit bin ich fasziniert von Traumdeutung. Die meisten Sagen entspringen doch dem kollektiven Wunsch, das Leben und die irrationalen Gefühle besser erklären zu können. Ziel ist es, unsere Ängste so zu verpacken, dass sich das menschliche Gehirn leichter tut, etwas zu verstehen, was eigentlich nur auf der emotionalen Ebene gefühlt und verstanden werden kann.

teleschau: Was ist Ihre Lieblingserzählung?

Fritsch: (überlegt) In der griechischen Mythologie liebe ich Medea und Medusa, auch Persephone in der Unterwelt fasziniert mich. Im Grunde mag ich all die dunklen, kämpferischen Figuren sehr gerne.

teleschau: Was fasziniert Sie an diesen doch recht düsteren Gestalten?

Fritsch: Mich fasziniert, dass das so starke Frauen sind, die sich in einer ungerechten Welt zu wehren wissen. Das tragische ist, dass ihnen das in manchen Fällen jedoch auch nicht hilft. Dieses Gefühl, dass man sich wehren will, ohne zu wissen, wie es von der Außenwelt wahrgenommen werden wird, kann ich sehr gut nachvollziehen. Diese Kraft und dieses Motto "Ich bin ich, egal, was passiert" finde ich sehr inspirierend.

In ihrem zweiten Einsatz muss Luisa Hoffmann (Alina Fritsch) noch immer gegen das Misstrauen ihrer Kollegen Thomas Komlatschek (Hary Prinz, links) und Micha Oberländer (Matthias Koeberlin) ankämpfen. (Bild: ZDF / Lukas Gnaiger)
In ihrem zweiten Einsatz muss Luisa Hoffmann (Alina Fritsch) noch immer gegen das Misstrauen ihrer Kollegen Thomas Komlatschek (Hary Prinz, links) und Micha Oberländer (Matthias Koeberlin) ankämpfen. (Bild: ZDF / Lukas Gnaiger)

"Ich war schon überrascht über den Adrenalinschub"

teleschau: Ihren ersten Auftritt in "Die Toten vom Bodensee: Nemesis" verfolgten im Februar 7,69 Millionen Menschen. Die gemessenen 27 Prozent Marktanteil sind der beste Wert, den die Reihe jemals hatte. Wie wichtig sind Ihnen derartige Ergebnisse?

Fritsch: Das ist ein zweischneidiges Schwert: Natürlich freue ich mich sehr über das gute Ergebnis. Quoten und Kritiken sind wichtig für unseren Beruf. Aber wenn die Kritiken nicht gut ausfallen, während man selbst vollkommen hinter dem Projekt steht, dann sollte einen das auch nicht aus dem Konzept bringen, sondern man sollte trotzdem einfach weitermachen.

teleschau: Zur Vorbereitung auf die Rolle trainierten Sie mit einer Elite-Einheit der Wiener Polizei. Was fiel Ihnen dabei am schwersten?

Fritsch: Das Schießtraining. Natürlich weiß man vorher, was das bedeutet, aber ich war schon überrascht über den Adrenalinschub, den mir das Training verschaffte. Umso ehrfürchtiger bin ich nun vor dieser Macht und dieser destruktiven Gewalt, wenn man wirklich abdrückt. Ich glaube, man muss viel schießen, um dieses Gefühl zu verlieren, und ich weiß auch nicht, ob der Verlust dann wirklich was Gutes ist.

teleschau: Hat sich Ihre Sicht auf die Polizei durch das Training verändert?

Fritsch: Ich hatte echt Glück. Im Vorfeld war ich sehr gespannt, wie sich das Training mit den ganzen Polizisten anfühlen wird. Aber sie waren alle sehr freundlich, sehr professionell und sehr menschlich. Ich kenne Geschichten, wo das anders ist. Aber im Grunde ist das wohl überall gleich, überall trifft man Menschen, mit denen man besser oder schlechter harmoniert - auch unter Schauspielern (lacht).

Der erste gemeinsame Fall des Trios, bestehend aus Micha Oberländer (Matthias Koeberlin, links), Luisa Hoffmann (Alina Fritsch) und  Thomas Komlatschek (Hary Prinz) erzielte einen Marktanteil von 27 Prozent.  (Bild: ZDF / Manuel Paul)
Der erste gemeinsame Fall des Trios, bestehend aus Micha Oberländer (Matthias Koeberlin, links), Luisa Hoffmann (Alina Fritsch) und Thomas Komlatschek (Hary Prinz) erzielte einen Marktanteil von 27 Prozent. (Bild: ZDF / Manuel Paul)

"Anfangs fühlte ich mich wie in einem anderen Land"

teleschau: Der Krimi spielt in der Bodenseeregion. Wie gefällt Ihnen die Landschaft?

Fritsch: Den Bodensee finde ich traumhaft! Es gibt dort besonders viele Naturschutzgebiete, dadurch wachsen viele Pflanzen dort wie im Urwald. Hinzu kommt, dass ich eine große Meeresliebhaberin aber auch eine große Bergliebhaberin bin. Am Bodensee habe ich beides: Ich habe die Berge direkt vor der Nase, aber ich habe auch das Gefühl, direkt am Meer zu sein, weil dieser See so groß und so maritim ist.

teleschau: Der Bodensee liegt im Vierländereck von Deutschland, Österreich, Schweiz und Liechtenstein. Gab es im Rahmen der Dreharbeiten mit all den Dialekten schon mal Verständigungsprobleme?

Fritsch: Äh, ja. Ich finde Vorarlbergisch unglaublich sympathisch, aber ich habe nicht erwartet, dass ich das teilweise gar nicht verstehe (lacht). Nach einer Weile wurde es dann besser. Da habe ich dann einzelne Ausdrücke erkannt. Aber anfangs fühlte ich mich wie in einem anderen Land.

teleschau: Sie wurden in Wien geboren. Was an Ihnen ist typisch Wienerisch?

Fritsch: Eigentlich nichts. Ich bin in Wien aufgewachsen, aber an die American International School gegangen. Das ist eine internationale Schule auf amerikanischem Boden. Das bedeutet, dass ich vom Kindergarten bis zum International Baccalaureate (I.B.), der interantionalen Mature, in einem amerikanischen Umfeld aufgewachsen bin. Deswegen habe ich heute auch zwei Muttersprachen: Englisch und Deutsch. Ich habe danach auch in England studiert und wollte eigentlich nach Amerika auswandern, dann kam aber das Angebot vom Burgtheater, wegen dem ich in Wien geblieben bin. Hier fühle ich mich als Amerikanerin. Wenn ich aber in Amerika bin, habe ich das Gefühl, dass ich ganz klar Europäerin bin. Man nennt das das Third-Culture-Kid-Syndrom. Ich lebe sozusagen in einer eigenen identitätsstiftenden Zwischenkultur. Die österreichische Literatur spricht mir aber zum Beispiel sehr aus der Seele.

Miriam Thaler (Martina Ebm, links) erzählt Luisa Hoffmann (Alina Fritsch) von den Ereignissen der Tatnacht. (Bild: ZDF / Patrick Pfeiffer Konstanz)
Miriam Thaler (Martina Ebm, links) erzählt Luisa Hoffmann (Alina Fritsch) von den Ereignissen der Tatnacht. (Bild: ZDF / Patrick Pfeiffer Konstanz)

"Als Schauspielerin ist man eine Art von Grenzgängerin"

teleschau: Wie kam es dazu, dass Sie an der American International School gelernt haben? Haben Sie Familie in den Vereinigten Staaten?

Fritsch: Nein, das habe ich nicht. Meine Mutter wollte, dass ich zweisprachig aufwachse. Die American International School richtet sich eigentlich an Kinder von Diplomaten, die alle zwei bis drei Jahre umziehen müssen, damit sie überall auf der Welt schnell ins neue Schulsystem reinfinden. Deswegen habe ich jetzt nach der Matura überall auf der Welt Freunde. Das ist schon ein sehr großes Geschenk.

teleschau: Ihre Eltern sind beide Schauspieler. Dennoch begannen Sie zunächst ein Studium der englischen Literatur und Schriftstellerei. Warum?

Fritsch: Ich wollte schon immer Schauspielerin werden, gleichzeitig schreibe ich aber sehr gerne und wollte schon immer Schriftstellerin werden. Meiner Mutter ging es gewaltig gegen den Strich, dass ich Schauspielerin werden wollte. Sie sagte: "Bitte, bitte, werde alles, nur nicht Schauspielerin!" Ich durfte weder zu Castings noch Vorsprechen gehen, weil meine Mutter sagte: "Das wichtigste ist, dass du die Schule fertig machst. Wenn du 18 bist, kannst du nach deinem Schulabschluss zum Vorsprechen gehen." Das war ein großer Streitpunkt. Als ich dann endlich 18 war, habe ich mich gleich bei einer Agentur beworben, bin genommen worden und dann ging es mit der Schauspielerei los.

teleschau: Hat sich die Einstellung Ihrer Mutter seither verändert?

Fritsch: Mittlerweile freut sich meine Mutter über meine Karriere. Ich verstehe aber auch, woher ihre Abneigung gegen meinen Berufswunsch kam. Wenn man jung ist und unbändige Energie und Vertrauen in die Welt hat, dann sieht man nur das Positive, aber es gibt natürlich auch Schattenseiten in diesem Beruf. Als Schauspielerin ist man eine Art von Grenzgängerin, und ich verstehe, dass man als Mutter sein Kind vor Verletzungen schützen möchte.

Alina Fritsch ist die Tochter eines österreichischen Schauspielpaares. Sie spielte unter anderem in der Netflix-Serie "Freud" und in der Hallmark-Produktion "Christmas in Vienna". (Bild: 2020 Sebastian Reuter/Getty Images for Netflix)
Alina Fritsch ist die Tochter eines österreichischen Schauspielpaares. Sie spielte unter anderem in der Netflix-Serie "Freud" und in der Hallmark-Produktion "Christmas in Vienna". (Bild: 2020 Sebastian Reuter/Getty Images for Netflix)

"Mit der Mutter verglichen zu werden, war für mich überhaupt kein Problem"

teleschau: Wollen Sie trotzdem Ihre Schriftstellerkarriere weiterverfolgen?

Fritsch: Ja, ich beende derzeit einen Gedichtband und einen Roman. Teile meines Romans waren meine Dissertation in England, wo ich "Englische Literatur und Schriftstellerei" studiert habe. Ich bemühe mich um meine alte Schreib-Routine. Das ist gar nicht so einfach neben der Schauspielerei.

teleschau: Ihr Schauspielkarriere begann am Theater. Oft spielten Sie dabei an der Seite Ihrer Mutter. Wie fühlt es sich an, als junge Künstlerin im direkten Vergleich mit der Mutter zu stehen?

Fritsch: Mit der Mutter verglichen zu werden, war für mich überhaupt kein Problem. Wenn man mir sagte, ich hätte eine Ähnlichkeit zu meiner Mutter, habe ich das immer als großes Kompliment aufgefasst, weil ich sie als Mensch aber auch als Schauspielerin so schätze und bewundere. Wenn man aber mit dieser Voraussetzung und so jung, mit 23 Jahren, an so ein renommiertes Haus kommt, dann stößt das nicht immer auf Wohlwollen. Egal, ob man davor auch schon woanders erfolgreich war. Das war schwer für mich.

teleschau: Wie konnten Sie sich davon lösen?

Fritsch: Ich habe einfach weiter mein Ding gemacht und bin schließlich auch vom Burgtheater weggegangen, weil ich nach fünf Jahren im Ensemble drehen wollte. Trotzdem war es schön, dort zu sein, weil ich viel gelernt habe. Bei einem tollen Intendanten oder einem tollen Stück könnte ich mir auch gut vorstellen, wieder zurück ans Burgtheater zu gehen.

Wie geht es mit "Die Toten vom Bodensee" weiter?

teleschau: 2020 spielten Sie in der Hallmark-Produktion "Christmas in Vienna": Wird man Sie, wenn es nach Ihnen geht, künftig häufiger in englischsprachigen Produktionen sehen?

Fritsch: Ja, total gerne! Ich habe einen englischen Agenten und würde mich sehr freuen, dort mehr zu drehen, weil das Englische ein großer Teil von mir ist. Ich denke auch auf Englisch.

teleschau: Welche Ziele wollen Sie darüber hinaus noch erreichen?

Fritsch: Ich wünsche mir einfach, dass ich zur richtigen Zeit auf die richtigen Menschen treffe, die die gleichen Ziele wie ich verfolgen, sodass wir uns gegenseitig bereichern. Der liebevolle und respektvolle Umgang miteinander fehlt in meiner Branche oft, aber ich glaube fest daran, dass es großartige Künstlerinnen und Künstler gibt, die auch menschlich großartig sind.

teleschau: Wie geht es mit "Die Toten vom Bodensee" weiter?

Fritsch: Ab jetzt werden immer drei Filme pro Jahr gedreht. Die drei folgenden Filme nach "Die Toten vom Bodensee - Der Nachtalb" sind bereits abgedreht. Darin kommt einiges über die Vergangenheit von Luisa Hoffmann ans Licht.