Körperwarmer Transport verbessert Transplantationserfolg

Wir haben bereits darüber berichtet: Das Organ Care System (OCS) ist ein mobiles Gerät, in dem Spenderorgane körperwarm transportiert, von Spenderblut durchflossen und mit Nährstoffen versorgt werden. Diese Methode, die ursprünglich für Herzen entworfen wurde, wird nun auch für Lungen genutzt. Im Falle der Lunge wird diese beatmet (ventiliert), was sie größer und wieder kleiner macht, als atme sie tatsächlich noch. Den an der Transplantation beteiligten Medizinern stehen dabei bis zu 24 Stunden Zeit zur Verfügung, um die Lungenfunktion zu beurteilen und zu verbessern: Sie können beispielsweise Tumore entdecken und Schleim absaugen. „So erreicht das Organ den Empfänger in einem deutlich besseren Zustand als bei der bisher üblichen kalten Lagerung“, sagt Prof. Dr. Axel Haverich, Leiter der Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Haverich und sein Team haben im Jahr 2011 gemeinsam mit der Universitätsklinik Madrid die weltweit erste Studie zum Lungen-OCS durchgeführt: Zwölf Männer und Frauen erhielten Spenderlungen, die zuvor im OCS aufbewahrt und deren Funktionen zum Teil verbessert worden waren. „Kein Patient starb an einer Primären Graft-Dysfunktion und alle Patienten wurden nach der Transplantation aus dem Krankenhaus entlassen“, erläutert Haverich. Die Ergebnisse der Pilotstudie veröffentlichten die Chirurgen nun in der Fachzeitschrift The Lancet (Online-Vorabveröffentlichung am 10.10.2012). An diese Pilotstudie schließen die Wissenschaftler nun den INSPIRE trial an – eine internationale Untersuchung, an der sich neben der MHH noch weitere Zentren beteiligen. Insgesamt sollen 264 Patienten teilnehmen: Die eine Hälfte von ihnen bekommt Lungen, die im OCS konserviert werden, die anderen auf Eis gelagerte. Bisher findet der Transport bei vier Grad Celsius statt und räumt den Ärzten nur bis zu zehn Stunden Zeit ein. Dabei verschlechtert sich das Organ aufgrund fehlender Blut- und Nährstoffversorgung kontinuierlich, so dass es bei bis zu 30 Prozent der Patienten zur so genannten Primären Graft-Dysfunktion kommt, bei der die Lunge schlechter funktioniert und die auch zum Tode führen kann. „Mit dem OCS können wir dies möglicherweise verhindern. Diese Methode kann die Transplantation verbessern und wird sehr wahrscheinlich auch mehr Spenderorgane für die Transplantation nutzbar machen als bisher“, sagt Privatdozent Dr. Gregor Warnecke, leitender Transplantationschirurg in Prof. Haverichs Klinik. Haverich hält es für möglich, das OCS auch unabhängig von Transplantationen zu nutzen und Patienten mit Lungenerkrankungen helfen zu können. „Es wäre denkbar, Lungen außerhalb des Körpers per Bestrahlung und mit sehr hoch dosierten Zytostatika zu behandeln und dann wieder zu implantieren. Vorversuche mit Schweineorganen haben bereits stattgefunden“, erläutert er. Erste Heilversuche bei Krebspatienten, denen anders nicht mehr geholfen werden kann, sieht der Chirurg schon in ein bis zwei Jahren. Die INSPIRE trail-Studie wird unterstützt von den drei großen Transplantationsforschungsverbünden der MHH: dem Exzellenzcluster REBIRTH (Von Regenerativer Biologie zu Rekonstruktiver Therapie), dem Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL) und dem Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrum Transplantation (IFB-Tx). Quelle: Medizinische Hochschule Hannover