Anti-Gewalttrainer über Aggro-Kids - „Diese Kinder denken: Ihr könnt mir nichts, ich kann sogar jemanden umbringen“

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Spendenaufruf für die Familie von Philippos Gefundme

Nach dem brutalen Tod von Philippos T. in Bad Oeynhausen fordert die CDU jetzt schärfere Regeln für junge Straftäter – und will das Erwachsenenstrafrecht künftig auch grundsätzlich bei Heranwachsenden anwenden. Für den Gewaltexperten Carsten Stahl ist das längst überfällig.

Kein „System des Laissez-faire“: Das forderte am Montag der brandenburgische CDU-Landeschef Jan Redmann im Umgang mit jugendlichen Straftätern. Nach dem tragischen Prügeltod des 20-jährigen Philippos T. in Bad Oeynhausen durch einen 18-jährigen Syrer, fordert seine Partei jetzt eine Verschärfung des Jugend– und Erwachsenenstrafrechts: Die Strafmündigkeit von Jugendlichen müsse von 14 auf 12 Jahre abgesenkt werden, ältere Täter sollen laut der Forderung bereits immer ab 18, statt wie bisher verpflichtend erst ab 21 Jahren, nach Erwachsenenstrafrecht abgeurteilt werden.

Die oftmals jugendlichen Täter müssten, so Redmann, „klar die Botschaft kriegen, dass Konsequenz und Strenge auch in Deutschland gelten". Auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann verwies auf Gewalttaten vor allem jüngerer Täter und eine generell angespannte Sicherheitslage in Deutschland. Insbesondere die „unbegrenzte und ungesteuerte Migration“ nach Deutschland stelle „ein ernstes Sicherheitsrisiko“ dar, sagte er.

„Aber es sind doch noch Kinder“

Ein 12-jähriges Kind bereits vor Gericht? Klingt erst einmal hart. Doch nach dem Fall Bad Oeynhausen und vor allem den schockierenden Vorfällen in Gera undMarkdorf , bei denen jeweils mehrere Jugendliche auch unter 14 Jahre jüngst ihre wehrlosen Mitschüler würgten, schlugen und die Tat filmten, werden die Diskussionen um den Umgang mit Jugendkriminalität in Deutschland lauter. Noch gilt: Wer eine Straftat im Alter von unter 14 Jahren begeht, kann hierzulande nicht dafür belangt werden.

Gewaltexperte Carsten Stahl kann darüber nur den Kopf schütteln. Er plädiert schon seit Jahren dafür, auch Kinder und Jugendliche früher zu bestrafen. Den Satz „aber es sind doch noch Kinder“ kann er wenig nachvollziehen – hört ihn bei seiner Arbeit aber ständig: von Eltern, Lehrern und sogar von Polizisten. Dabei erlebe er bereits im Umgang mit Grundschülern ein extrem hohes Aggressionspotenzial: „Wenn die Leute von 12- bis 13-Jährigen hören, die solche extremen Gewalttaten verüben, denken sie: ‚Das sind aber sehr junge Täter‘. Ich habe Fälle, bei denen die Täter 8 oder 9 Jahren alt sind. Das ist keine Seltenheit“, betont der Experte.

Wenn Eltern bei solchen Angriffen auf ihre Kinder zur Polizei gingen, erlebten sie oft eine Enttäuschung: „Wenn die Täter unter 14 Jahren sind, unternimmt die Polizei gar nichts“, so Stahl. „Ich habe schon einige Polizisten erlebt, die ganz froh wirkten, die Verantwortung abzugeben und sich nicht mit diesen zahlreichen Fällen auseinandersetzen zu müssen.“

Kinder und Jugendlichen machen sich über den deutschen Rechtsstaat lustig

Dabei sind die fehlenden Konsequenzen für junge Straftäter laut dem Experten ein folgenschweres Problem: „Diesen Kids werden in Deutschland keine Grenzen aufgezeigt. Sie wissen, dass ihnen keine Konsequenzen drohen. Also bedrohen sie Lehrer, verprügeln ihre Mitschüler und spucken vor Polizisten aus, weil sie ganz genau wissen, es kann ihnen nichts passieren.“ Die Kinder und Jugendlichen, so Stahl, machten sich über die fehlende Härte des deutschen Rechtsstaats sogar lustig: „Die denken sich: Ihr könnt mir gar nichts, wir könnten unter 14 sogar jemanden umbringen“.

Gerade habe er wieder einen Fall, der das bestätigt: „An einer Schule in Mönchengladbach wurde ein Mädchen von drei Mitschülerinnen verprügelt. Eine davon, rund 12 Jahre alt, hat die Tat gefilmt. Als ihr Lehrer das mitbekommen hat und ihr das Handy wegnehmen wollte, hat sie ihm einfach ins Gesicht geschlagen. An diesem Punkt sind wir hierzulande bereits angekommen.“

Auf die Kritik, 12-jährige Kinder seien noch nicht reif genug, ihre Taten angemessen zu reflektieren, gibt der Experte nicht viel: „Natürlich muss hier immer im Einzelfall entschieden werden“, so Stahl. „Aber als Abschreckung würde ein Strafmaß ab 12 schon sehr viel bringen."