Auf Bruce Willis ist nicht immer Verlass: Das Asteroiden-Abwehrsystem kommt

NASA und ESA arbeiten fieberhaft an einem Asteroiden-Abwehrsystem. Für die Experten ist klar: Es ist nicht die Frage, ob ein Einschlag bevorsteht, sondern wann. (Bild: ddp)
NASA und ESA arbeiten fieberhaft an einem Asteroiden-Abwehrsystem. Für die Experten ist klar: Es ist nicht die Frage, ob ein Einschlag bevorsteht, sondern wann. (Bild: ddp)

In dem Film „Armageddon“ steuert ein riesiger Asteroid auf die Erde zu, der jegliches Leben auslöschen würde. Retter in der Not ist Bruce Willis, der das Ding mit einer Atombombe zerstört. Die Gefahr an sich ist durchaus real – und genau deshalb wollen NASA und ESA ihr mit einem besonderen Projekt entgegenwirken.

Wie verheerend ein Meteoriten-Einschlag sein kann, kann man noch heute an der bayerisch-schwäbischen Grenze anhand des Nördlinger Ries sehen. Vor rund 15 Millionen Jahren schlug dort ein 1000 Meter umfassender und 70 000 km/h schneller Meteorit ein und spaltete die Fränkische Alb von der Schwäbischen Alb ab. Die Glutwolke schoss in eine Höhe von 3000 Meter und versengte kilometerweit alles Leben, es ergoss sich ein mehrere tausend Grad heißer Regen aus Glut und Säure. Versprengte Gesteinsbrocken flogen bis zu 400 Kilometer weit, zurück blieb ein Krater mit 24 Kilometern Durchmesser. 250 000 Atombomben wie diejenige, die 1945 über Hiroshima abgeworfen wurde, hätte es gebraucht, um dieselbe zerstörerische Kraft freizusetzen.

Der Meteorit, der am 15. Februar 2013 über der russischen Millionenstadt Tscheljabinsk explodiert war, war mit einer Größe von 20 Metern weitaus kleiner. Und dennoch reichten seine Stoßwellen aus, um 1500 Menschen zu verletzen und Schäden an rund 7000 Häusern zu verursachen. Hätte ein ähnliches Geschoss 200 Meter Durchmesser, wären die Folgen weitaus dramatischer. Auch ein solcher Meteorit würde noch in der Luft zu kleineren Brocken zerfallen, deren Bruchteile aber 500 Meter tiefe und fünf Kilometer breite Krater verursachen würden. Dazu ein Erdbeben der Stärke 6,6 und ein drei Kilometer großer Riesenfeuerball. Was solche Einschläge noch verursachen können? Tsunamis, enorme Hitze, zerstörerische Schockwellen und heftige Winde, die stärker als Orkane sind.

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Laut NASA gibt es rund 25 000 erdnahe Asteroiden, von denen bislang rund 17 000 entdeckt wurden. Ungefähr 1000 davon sind richtige Brummer und größer als 1000 Meter, ungefähr 7000 sind größer als 140 Meter. Sind die Asteroiden bekannt, kann man viele Jahre im Voraus berechnen, wann sie auf der Erde einschlagen könnten. Nähern sie sich aber wie 15 bis 20 Prozent aller Objekte aus dem All von der Sonnenseite der Erde, wie es auch beim Meteorit über Tscheljabinsk war, sind sie für die Teleskope unsichtbar und schlagen völlig überraschend ein. In diesem Fall kann man bislang tatsächlich nichts machen. Aber wie steht es mit den anderen 80 Prozent? Wie schützt man sich, wenn man weiß, dass die Erde akut bedroht ist und man handeln muss, um eine Katastrophe abzuwenden?

Um das herauszufinden, haben die Europäische Weltraumorganisation ESA und die amerikanische NASA ein gemeinsames Projekt ins Leben gerufen: die 200 Millionen teure AIDA-Mission („Asteroid Impact & Deflection Assessment). Läuft alles nach Plan, startet im Oktober 2020 eine Rakete aus Französisch-Guayana. Dann wird es ganze 18 Monate dauern, bis die europäische Asteroid Impact Mission (AIM) ihr Ziel erreicht hat: ein Asteroiden-Paar, bestehend aus einem 800 Meter großen Kleinplaneten, der von einem noch kleineren Körper als Mond umkreist wird und den die Forscher „Didymoon“ getauft haben.

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2022 also werden die Zwillings-Asteroiden auf ihrer Bahn der Erde am nächsten kommen und dann „nur“ noch 11 Millionen Kilometer entfernt sein. In kosmischen Dimensionen ist das nicht viel. Die AIM-Sonde soll dann Satelliten aussenden, Fotos des binären Asteroiden-Systems liefern, Didymoon mit Radar-Strahlen abtasten und mittels Infrarot-Kamera seine Wärmestrahlung messen. Begleitet wird sie von mehreren Mini-Satelliten. Die Wissenschaftler erhoffen sich davon genaue Kenntnisse über den inneren Aufbau des Trabanten und die Umlaufbahn, auf der er unterwegs ist.

Ist es möglich, die Bahn eines Asteroiden durch eine gezielte Kollision so zu verändern, dass sich Objekte, die der Erde gefährlich nahe kommen, ablenken lassen? Das wollen die Experten herausfinden. (Bild: ddp)
Ist es möglich, die Bahn eines Asteroiden durch eine gezielte Kollision so zu verändern, dass sich Objekte, die der Erde gefährlich nahe kommen, ablenken lassen? Das wollen die Experten herausfinden. (Bild: ddp)

Rund vier Monate, nachdem die europäische Sonde vor Ort ist, muss sie einer amerikanischen Sonde Platz machen. Das Raumfahrzeug der NASA wird mit einer irren Geschwindigkeit von sechs Kilometern pro Sekunde auf Didymoon aufprallen und den Forschern Aufschluss darüber geben, wie der kleinere Zwilling auf den Einschlag reagiert, wie viele Trümmer dadurch abgespalten werden, wie die Staubwolke aussieht. Was die Forscher eigentlich beantworten wollen ist die Frage, ob sich die Umlaufbahn des Mini-Monds dadurch verändert.

Soll heißen: Ist es möglich, die Bahn eines Asteroiden durch eine gezielte Kollision so zu verändern, dass sich Objekte, die der Erde gefährlich nahe kommen, ablenken lassen? Der Pariser ESA-Experte und AIM-Projektleiter Ian Carnelli jedenfalls rechnet damit, dass der Einschlag „den Asteroiden um etwa einen halben Millimeter pro Sekunde verlangsamen” und Umlaufbahn wie Rotation von Didymoon verändern wird. Derweil befindet sich die ESA-Sonde in sicherer Entfernung und beobachtet und dokumentiert das Geschehen.

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Von der Bedeutung der AIDA-Mission ist nicht nur Jan Wörner, der Chef der ESA, zutiefst überzeugt. Er sagt: „Es ist wichtig für die Menschheit, dass sie die Mittel aufbringen kann, einen Asteroiden von ihr abzuwenden. Es geht nicht darum, ob es zu so einem Fall kommt, sondern wann.“

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