Brauchen wir einen Veteranentag?

Gedenktag für Soldaten ist geplant – Einsatz ist oft nicht im Blickfeld der Gesellschaft

Bundeswehrsoldaten auf ihrem Stützpunkt in Wunstorf im Dezember 2023. (Bild: REUTERS/Lisi Niesner)
Bundeswehrsoldaten auf ihrem Stützpunkt in Wunstorf im Dezember 2023. (Bild: REUTERS/Lisi Niesner)

Früher galt es nicht als schick, in der Bundeswehr zu sein. Das waren die "Bundis", die gut im Skatspiel waren, weil sie in ihren Kasernen so viel Zeit totschlagen mussten. Außerdem standen sie für Gewalt in einer Zeit, in der doch Krieg besser zu vermeiden war: Im Kalten Krieg, als BRD und DDR jeweilige Frontstaaten waren und eine Eskalation hin zu einem Waffengang im Schatten der atomaren Hochrüstung auch immer das Ende der menschlichen Zivilisation auf diesem Planeten hätte bedeuten können, war der Bundeswehr-Parka höchstens als ironisches Underground-Outfit cool.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Karten-Kloppen ist weniger angesagt, das Anforderungsprofil in der Bundeswehr hat sich weiterentwickelt. Die deutschen Streitkräfte leisten seit den vorigen Neunzigern Einsätze im Ausland. Das bedeutet: Deutsche Staatsbürger kämpfen, sie verwunden und töten, sie werden verwundet und getötet. Damit muss die Gesellschaft umgehen. Es sich bewusst machen. Das tut sie aber nicht genügend. Die Politik schickt die Soldaten "in die Welt"; wie es ihnen aber dort ergeht, war bisher eine Frage, die man sich weniger stellte.

Dabei ist es eben kein Beruf wie jeder andere. Das liegt nicht am Lagerfeuer im Regen, während einer Manöverübung, sondern an der Begegnung mit Leben und Tod.

Man kann sowas ablehnen, alles Militärische verdammen – es hat ja in der Geschichte der Menschheit genügend Schlechtes hervorgebracht. Man kann aber auch die eigenen Ideale, so wichtig sie auch sind, einem Realitätscheck aussetzen. Der fällt bei mir so aus: Früher hätte ich als ehemaliger Zivi zum Beispiel eine öffentliche Vereidigung von Bundeswehrrekruten nicht begrüßt, mich auch gegen den Schulbesuch von Offizieren ausgesprochen, Stichwort: kein Fußbreit einer Militarisierung. Aber die Welt ist eben nicht nur nicht ideal, sondern auch zuweilen eine mit Fieslingen an den Schalthebeln.

Leider ist ein Lügenverbrecher wie Wladimir Putin allein mit guten Worten kaum beizukommen. Der russische Präsident, immerhin in näherer Nachbarschaft zu Deutschland, versteht und verehrt die Sprache der Gewalt. Man kann sich dieser Sprache entledigen. Aber was, wenn dann jemand wie Putin einfach loslegt, wie in der Ukraine? Dann hilft Sprachlosigkeit auch nicht weiter. Doch nichts anderes ist es, was die Gegner einer militärischen Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine als Mittel der Wahl empfehlen. Damit machen sie sich einen schlanken Fuß und in ihrem Sinne eine tolle Figur auf dem Rücken Anderer.

Das sollte nicht Maß der Menschlichkeit sein.

Dieses braucht eben auch zuweilen das Militärische. Und wenn man dies einsieht, dann sollte es auch nicht versteckt werden.

Daher ist ein Veteranentag notwendig. Es geht nicht um eine Verherrlichung von Gewalt, ein Anbeten uniformen Gedankengleichschritts, sondern um die Anerkennung dessen, was notwendigerweise geschieht. So viel Ehrlichkeit sollte drin sein. Ein Veteranentag stellt den Bürger in der Uniform in den Vordergrund. Und er holt die Veteranen mit ihren Erfahrungen ab und lädt sie ein, uns andere an ihnen teilhaben zu lassen. Wir kennen die traumatischen Belastungen von Soldaten vom Fernsehsofa aus bestens. Aber wir belassen sie auf der Mattscheibe oder auf der Leinwand und fragen weniger, was denn mit dem Nachbar letztens im Supermarkt los war.

Ein Veteranentag ist indes einer der Fragen. Einer, der die Leute nicht alleinlassen will. Zu glorifizieren gibt es da nichts. Wohl aber zu gedenken. Wenn da die verschiedenen Parteien im Bundestag an einem Strang ziehen, ist das nur gut für die Demokratie.