Brendan Fraser über seine ‚herzzerreißende‘ Rolle in „The Whale“

Brendan Fraser war in den 90ern und Anfang der 2000er-Jahre eines der bekanntesten Gesichter Hollywoods. Mitte der Nullerjahre beschloss der Star (jetzt 54) jedoch aus verschiedenen Gründen, sich aus Hollywood zurückzuziehen. Nun ist er wieder da - und wie.

2018 verriet der Star aus Die Mumie in einem Interview mit der Zeitschrift GQ, dass einer der Gründe für seinen Rückzug aus dem Rampenlicht gesundheitliche Gründe waren – nach jahrelanger Stuntarbeit war sein Körper nicht mehr ganz derselbe und er musste sich zahlreichen Operationen unterziehen, um die Schäden zu beheben – aber es gab noch einen weiteren wichtigen Grund.

Brendan behauptete in dem Interview, dass er 2003 von Philip Berk, einem ehemaligen Präsidenten und Mitglied der Hollywood Foreign Press Association, der Organisation, die hinter den Golden Globes steht, begrapscht und angegriffen wurde. Weiter sagte der Star, er sei wegen dieses Vorfalls von Angst überwältigt gewesen. Diese Erfahrung, so glaubt Brendan, führte dazu, dass er weniger Rollen bekam und sich aus dem Rampenlicht zurückzog.

Jetzt erlebt Hollywood das, was Fans als „Brenaissance“ bezeichnen: Brendan ist nach der Veröffentlichung seines Films The Whale, für den der Schauspieler für einen Oscar nominiert ist, zurück im Rampenlicht.

In The Whale spielt Brendan einen 270 kg schweren Mann namens Charlie, der verzweifelt versucht, vor seinem bevorstehenden Tod noch einmal mit seiner Tochter Ellie (Sadie Sink) zusammenzukommen. Der Schauspieler lieferte die Performance seines Lebens ab, indem er sich für die Rolle einer dramatischen Verwandlung unterzog und Prothesen und Polsterungen im Wert von 135 kg trug, um den richtigen Look zu erzielen.

Im Gespräch mit Yahoo Lifestyle erzählte Brendan, dass er „überwältigt“ war, als er erfuhr, dass Regisseur Darren Aronofsky daran interessiert war, mit ihm an dem Film zu arbeiten.

„Um die Wahrheit zu sagen bin ich einfach nur froh, einen Job zu haben“, sagte er selbstironisch. „Es ist ein wirklich gutes Drehbuch und ich wollte unbedingt mit Darren arbeiten – jeder, der Talent hat, will mit Darren Aronofsky arbeiten. Er ist ein Weltklasse-Filmemacher.

„Als ich hörte, dass er an einem Treffen mit mir interessiert war, war ich überwältigt! Ich wusste nicht viel über dieses Projekt, außer dass es um einen Mann ging, der allein lebte. Er hatte sich selbst geschadet, indem er zu viel gegessen und konsumiert hatte, und er hatte eine Tochter, von der er sich entfremdet hatte, und er musste unbedingt wieder Kontakt mit ihr aufnehmen. Und dass er eigentlich nur noch wenige Tage zu leben hatte. Ich meine, das ist die Substanz eines wirklich guten Films und er spielt an einem einzigen Ort.“

Anlegen der Prothesen dauerte jeden Tag stundenlang

Im Gespräch über seine Verwandlung für den Film, der auf dem gleichnamigen Theaterstück basiert, erzählte Brendan, dass die Prothesenformen virtuell entworfen und mit 3D-Technologie gedruckt wurden, wobei das Anlegen der Prothesen jeden Tag viele Stunden dauerte.

„Beim ersten Test dauerte es sechs Stunden, um hineinzukommen, wir konnten es auf vier reduzieren ... und es dauerte etwa eine Stunde, um wieder herauszukommen“, erklärte er, bevor er scherzhaft hinzufügte: „Ich bin vielleicht nicht schlau, aber ich bin stark, ich liebe es, Filme zu machen, und ich liebe den Prozess und die ganze Arbeit, die dahintersteckt.“

Auf die Frage, wann er sich zum ersten Mal als Charlie sah, sagte Brendan, er sei „sehr erfreut“darüber, dass sie den Charakter richtig getroffen haben.

„Das erste Mal, als ich mich selbst als Charlie sah, war beim Testdreh. Ich erinnere mich, wie Darren mir im Spiegel über die Schulter schaute und sagte: ‚Sieh gut hin, denn es ist für den Rest deines Lebens‘“, erzählte der Schauspieler lachend. „Ich war sehr, sehr froh, dass wir es richtig gemacht haben. Wissen Sie, es sah nicht wie Make-up aus. Ganz im Gegenteil. Man sieht nie die Nähte, man sieht nie die Konstruktionslinien, es ist keine digitale Kreation, wie in den Medien fälschlicherweise berichtet wurde, es ist alles ein Schauspieler mit Make-up und Kostüm.“

Brendan erzählte auch, dass er, selbst als das Make-up abgenommen wurde, immer noch das Gefühl hatte, es zu tragen, und erklärte: „Es war fast wie eine Art Schwindelgefühl. Haben Sie jemals ein Boot verlassen und einen Steg betreten und Sie fühlen es immer noch? Irgendetwas blieb bei mir, körperlich bei mir. Das hatte ich nicht erwartet.“

Er fuhr fort: „Aber was ich daraus mitgenommen habe, ist, dass ich es ablegen kann, aber es gibt Leute, die das nicht können. Und ich habe schnell gelernt, dass man körperlich unglaublich stark sein muss, um in diesem Körper zu leben. Und ich habe auch gelernt, dass man in emotionaler Hinsicht genauso stark sein muss, wenn nicht sogar noch stärker, wenn man die Umstände bedenkt, die Menschen, die mit Fettleibigkeit leben, und diejenigen, die davon betroffen sind, durchmachen.“

Auf die Frage, was ihn an der weltweiten Reaktion der Fans und seinem Comeback in Hollywood am meisten überrascht hat, sagte Brendan, dass er überrascht war, dass er keinen Film mit „viel Ausstattung und Schnickschnack“ machen musste, von dem man erwarten könnte, dass man ihn braucht, um nach einer langen Pause Aufmerksamkeit zu erregen.

„Ich bin überrascht, dass dieser kleine Film mit seinen fünf Figuren, die in einer Zweizimmerwohnung nach Erlösung suchen, die überwältigende Resonanz findet, die wir beim Publikum in der ganzen Welt erleben“, sagte der Schauspieler. „Das ist unglaublich bereichernd. Und es ist nicht einfach, ihn sich anzusehen, aber ich glaube, dass er ein wichtiges Stück Kino ist, und das sage ich nicht nur, weil ich in ihm mitspiele oder so, sondern im Ernst, ich glaube, es ist ein Film, der viel Gutes bewirken kann.“

Brendan fuhr fort und erzählte, dass er sich vor Beginn der Arbeit an dem Film mit einer Interessengruppe namens Obesity Action Coalition beraten und mit Mitgliedern gesprochen hat, um sicherzugehen, dass er seiner Figur gerecht wird.

„Sie haben mir ihre ganzenLebensgeschichten erzählt, und es war herzzerreißend“, erzählte er. „Und ich habe von ihnen gelernt, dass sie diesen Film brauchen, um ihre Geschichten mit Würde und Respekt zu erzählen, auf eine Art und Weise, wie wir so eine Figur noch nie auf der großen Leinwand gesehen haben.“

„Und sie sind der festen Überzeugung –und das hat mich wirklich berührt –dass diese Figur tatsächlich Leben retten kann. Und es ist keine Botschaft an die Öffentlichkeit oder so etwas ... aber es ist die Geschichte von jedem in gewisser Weise, wir haben alle das Gefühl, dass wir diesen Typen kennen.“

Überraschenderweise erzählte uns Brendan, dass er noch nicht weiß, an was er als Nächstes arbeiten wird. Seit dem Ende der Dreharbeiten zu „The Whale“ Anfang 2021 und dem Kinostart war er jedoch sehr beschäftigt. Der Schauspieler hat in mehreren Filmen mitgespielt, darunter Martin Scorseses neues Krimidrama Killers of the Flower Moon, in dem er an der Seite von Leonardo DiCaprio und Robert De Niro zu sehen ist.

„In Hollywood scheint es so zu sein, dass niemand sein Halloween-Kostüm vor Silvester auszieht, so dass nicht viel passiert“, scherzte er. „Und wenn dann im Januar alle wieder da sind, bis nach der Preisverleihungssaison, dann werden alle Entscheidungen getroffen. Im Moment ist es also saisonbedingt eher ruhig, um ehrlich zu sein, und das ist normal. Aus diesem Grund habe ich wirklich nicht so viel Arbeit auf meinem Schreibtisch, aber hey, ich suche einen Job, das ist sicher!“

Als wir ihm sagten, dass er dadurch mehr Zeit hätte, seine Oscar-Dankesrede zu üben, lachte er und antwortete: „Lasst uns einfach einen Schritt nach dem anderen machen.“

Er bedankte sich bei seinen Fans für ihre überwältigende Unterstützung und sagte mit einem Lächeln: „Ich bin dankbar, danke gleichfalls. Ich liebe euch auch.“

Marni Dixit