Countdown zur Bundestagswahl 2017: Das sind die Grünen

Das grüne Spitzenduo Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir präsentieren das 248-Seiten starke Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen. (Bild: AFP)
Das grüne Spitzenduo Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir präsentieren das 248-Seiten starke Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen. (Bild: AFP)

Bei der letzten Bundestagswahl haben die Grünen mit 8,4 Prozentpunkten vergleichsweise schlecht abgeschnitten. Ein Fauxpas, der sich in ihren Augen natürlich nicht wiederholen darf. Lesen Sie hier, mit wem und womit die Partei bei der Bundestagswahl 2017 punkten will!

Die Kandidaten: Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir

Bei Bündnis 90/Die Grünen gibt es zwei Spitzenkandidaten. Das so genannte Spitzenduo ging Anfang 2017 aus der Urwahl hervor, in der die Partei-Mitglieder selbst über ihre Vertreter abstimmen konnten. Darin setzten sich Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir gegen Robert Habeck und Anton Hofreiter durch.

Die Fraktionsvorsitzende im Deutschen Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, kämpft nach eigenen Angaben vor allem für soziale Gerechtigkeit und gegen Kinderarmut. (Bild: ddp)
Die Fraktionsvorsitzende im Deutschen Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, kämpft nach eigenen Angaben vor allem für soziale Gerechtigkeit und gegen Kinderarmut. (Bild: ddp)

Katrin Göring-Eckardt

Die Fraktionsvorsitzende im Deutschen Bundestag war ab 2005 acht Jahre lang Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages und stand bei der letzten Bundestagswahl schon Jürgen Trittin als Spitzenkandidatin zur Seite. Die Thüringerin ist in Gotha aufgewachsen und war dabei, als die DDR-Bürgerbewegung 1989 auf die Straße ging, um für Demokratie zu demonstrieren. 1998 war sie erstmals Mitglied im Deutschen Bundestag und dann von 2002 bis 2005 Fraktionsvorsitzende, bevor sie Bundestags-Vizepräsidentin wurde. Sie engagiert sich in der Evangelischen Kirche und kämpft nach eigenen Angaben vor allem für soziale Gerechtigkeit und gegen Kinderarmut.

Cem Özdemir, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, steht für den Kampf gegen Rechts und für die Demokratie in Deutschland. (Bild: ddp)
Cem Özdemir, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, steht für den Kampf gegen Rechts und für die Demokratie in Deutschland. (Bild: ddp)

Cem Özdemir

Cem Özdemir ist seit November 2008 Bundesvorsitzender der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Er wurde 1994 als erster Abgeordneter türkischer Herkunft in den Deutschen Bundestag gewählt, von 2004 bis 2009 gehörte er dem Europäischen Parlament an.

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1965 als Sohn türkischer Gastarbeiter im baden-württembergischen Bad Urach geboren, ist er von seiner schwäbischen Heimat mindestens ebenso stark geprägt wie von seinen türkischen Wurzeln. Er steht für den Kampf gegen Rechts und für die Demokratie in Deutschland und anderen Ländern, weshalb er auch stets einer der Ersten ist der sich zu Wort meldet, wenn es um den Regierungsstil des türkischen Präsidenten Recep Erdoğan geht.

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Das Wahlprogramm der Grünen zur Bundestagswahl 2017

„Zukunft wird aus Mut gemacht“ ist das Motto, das auf dem 248-Seiten starken Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2017 von Bündnis 90/Die Grünen steht. Etwas pointierter kommt da ihr Zehn-Punkte-Plan daher. Und der sieht so aus:

Die 20 schmutzigsten Kohlekraftwerke sollen sofort ausgeschaltet werden. Bis 2030 soll das Ziel erreicht werden, Strom nur noch aus Erneuerbarer Energie zu gewinnen. An erster Stelle steht also der Klimaschutz. Dazu gehört auch der zweite Punkt auf der Liste, nach dem ab 2030 nur noch abgasfreie Autos zugelassen werden sollen. Wie das funktionieren soll, erklärt das Wahlprogramm (Seite 61) genauer: Elektromobilität soll gezielt gestärkt und die Forschung an den Mobilitätstechnologien der Zukunft unterstützt werden. Für eine gerechte Finanzierung soll die Kfz-Steuer reformiert und ein Bonus-Malus-System für Neuwagen eingeführt werden. „Wer viel CO2, NOx und Feinstaub-Emissionen verursacht, zahlt dann mehr.“

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Punkt drei widmet sich der nachhaltigen Landwirtschaft. Die Landwirtschaft der Zukunft soll gänzlich ohne Ackergifte und Gentechnik auskommen, in spätestens 20 Jahren soll es keine Massentierhaltung mehr geben.

Gestärkt werden sollen Europa und Familien

Als viertes steht die Zusammenführung Europas auf der Agenda. Erreicht werden soll das durch Investitionen in Digitalisierung und ökologische Modernisierung, wodurch auch die Arbeitslosigkeit in vielen Ländern bekämpft werden soll.

Vor allem Alleinerziehende und Kinder, die in Armut leben, sollen von der Familienförderung der Grünen profitieren. (Bild: ddp)
Vor allem Alleinerziehende und Kinder, die in Armut leben, sollen von der Familienförderung der Grünen profitieren. (Bild: ddp)

Punkt fünf gilt der Familienförderung mit zusätzlichen zwölf Milliarden Euro. Vor allem Alleinerziehende und Kinder, die in Armut leben, sollen davon profitieren. Soziale Sicherheit will die Partei dadurch erreichen, dass die sozialen Sicherungssysteme von einer solidarischen Bürgerversicherung für alle ersetzt werden. Das Rentenniveau soll stabilisiert werden.

Flüchtlinge schützen und Gleichberechtigung schaffen

Ein Kernpunkt grüner Politik zur Bundestagswahl 2017 ist der Umgang mit Flüchtlingen. Eine Obergrenze beim Asylrecht lehnen die Grünen genauso ab wie Asylrechtsverschärfungen und Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete. Anerkannte Flüchtlinge sollen ihre Familien nachholen dürfen, das Staatsbürgerschaftsrecht soll dahingehend geändert werden, dass jeder deutscher Staatsbürger ist, der in Deutschland geboren wurde. Punkt acht widmet sich der Abschaffung der Gender Gap bei der Bezahlung und der Öffnung des Adoptionsrechts für Homosexuelle.

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Der letzte Punkt hat sich allerdings mit der Abstimmung im Juni 2017 des Bundestags für die Ehe für alle bereits erledigt: Mit der Einführung der geschlechterunabhängigen Ehe werden homosexuelle Paare in Zukunft das gleiche Recht auf Adoption eines Kindes haben wie heterosexuelle Paare.

Freiheit sichern und Fluchtursachen bekämpfen

Unter dem Punkt „Freiheit sichern“ fordern die Grünen eine Sicherheitspolitik, „die Bedrohungen ernst nimmt, aber mit Augenmaß und unter Wahrung der Bürgerrechte reagiert.“ Im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2017 (Seite 136) wird dieses Vorhaben detaillierter dargestellt: „Es ist viel wirksamer, gezielt mit verhältnismäßigen Mitteln einige hundert Personen zu überwachen, die hierfür auch einen hinreichenden Anlass geboten haben, als 80 Millionen Bürgerinnen und Bürger anlasslos mit der Vorratsdatenspeicherung, flächendeckender Videoüberwachung oder automatisierter Gesichtserkennung zu erfassen.“ Die Grünen sehen „die Notwendigkeit, die Sicherheitsbehörden für die aktuellen Bedrohungen besser aufzustellen.“ Die Partei setze auf das Konzept einer bürgernahen Polizei, die über genug Personal mit moderner Technik verfügen solle, sowie auf eine enge Zusammenarbeit der europäischen Sicherheitsbehörden.

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Platz zehn widmet sich der Bekämpfung von Fluchtursachen. Ein verbindliches Rüstungsexportgesetz soll den Verkauf deutscher Waffen an Diktaturen und in Krisenregionen verbieten. Faire Handelsabkommen sollen ökologische und soziale Standards weltweit stärken.

Die Mitglieder der Partei Bündnis 90/Die Grünen

Um die 60.000 Mitglieder hat die Partei Bündnis 90/Die Grünen, womit sie den Linken rein zahlenmäßig am nächsten kommt. Wodurch sie sich aber deutlich von allen im Bundestag vertretenen Parteien unterscheidet, ist ihr Frauenanteil. Der ist mit 37,8 Prozent ganz klar der höchste. Zur Einordnung: Unter den Mitgliedern der CSU sind nicht einmal 20 Prozent Frauen.

Bündnis 90/Die Grünen auf Länderebene

Angesagt sind die Grünen vor allem in Baden-Württemberg, wo sie bei der Landtagswahl im vergangenen Jahr 30,3 Prozent der Wählerstimmen bekamen. Die Voraussetzung dafür, dass die Grünen zusammen mit der CDU erstmals eine grün-schwarze Koalition gebildet haben, in der der Grüne Winfried Kretschmann das Land als Ministerpräsident anführt.

Der Grünen-Politiker Winfried Kretschmann führt das Bundesland Baden-Württemberg als Ministerpräsident. (Bild: AFP)
Der Grünen-Politiker Winfried Kretschmann führt das Bundesland Baden-Württemberg als Ministerpräsident. (Bild: AFP)

In Berlin gibt es eine rot-rot-grüne Koalition und in Bremen eine rot-grüne. In beiden Bundesländern bekamen die Grünen 2016 mehr als 15 Prozent, und auch in Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein stehen sie im bundesweiten Vergleich gut da. Schwach dagegen sind sie im Osten mit nur 4,8 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern und in Sachsen-Anhalt mit 5,2 Prozent. Im Saarland haben sie auch nur 5 Prozent, in Rheinland-Pfalz 5,3 Prozent.

Geschichte der Partei

Die Geschichte von Bündnis 90/Die Grünen reicht zurück ins Jahr 1980. Damals nahmen die Grünen zum ersten Mal an der Bundestagswahl teil und bekamen 1,5 Prozent der Stimmen. 1983 knackten sie die fünf-Prozent-Hürde und zogen mit 5,6 Prozent der Stimmen in den Bundestag ein. Im Großen und Ganzen steigt die Tendenz seitdem, wobei anfangs vor allem ein Ereignis den Zuspruch für die Partei nach oben katapultiert hat: Die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl im Frühjahr 1986. Der verseuchte Niederschlag erreichte viele Länder in Europa und machte die zuvor abstrakten Gefahren der Atomkraft einer breiten Öffentlichkeit deutlich.

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Nur folgerichtig ist der Umstand, dass die Zahl der Parteimitglieder 2011 erneut nach oben schnellte. Waren es 2010 noch 45.000, kamen bis 2012 noch 8000 dazu. Denn dazwischen lag die Nuklearkatastrophe von Fukushima am 11. März 2011, die die Menschen wieder für das Thema der Atomenergie sensibilisierte. Das „Bündnis 90“ im Parteinamen tragen die Grünen übrigens seit 1993. Ursprünglich war das Bündnis 90 ein Zusammenschluss mehrerer Bürgerbewegungen und Oppositionsgruppen in der DDR, der sich während der Wende gebildet hatte. Drei Jahre später schloss sich das Bündnis, das mittlerweile eine Partei war, den Grünen an.

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