"Fühle mich so verloren": So privat hat man Ed Sheeran noch nie gesehen

Erstmals zeigt sich Ed Sheeran in einer Dokumentation von einer privaten Seite. (Bild: Mark Surridge)
Erstmals zeigt sich Ed Sheeran in einer Dokumentation von einer privaten Seite. (Bild: Mark Surridge)

Nach Billie Eilish, Taylor Swift und Lewis Capaldi zeigt sich mit Ed Sheeran ein weiterer Popstar von seiner privaten Seite. Die Doku-Serie "The Sum Of It All" pendelt sich zwischen tränenreichen Ausbrüchen, privaten Schicksalsschlägen und der Arbeit eines musikalischen Ausnahmekönners ein.

Die wohl ungewöhnlichste Szene von "Ed Sheeran - The Sum Of It All" spielt nicht etwa in einer der unzähligen ausverkauften Arenen auf der ganzen Welt oder im Musikstudio. Sie zeigt den Popstar im Festzelt des Frankfurter Oktoberfests, stilecht mit Trachtenhut, Lederhosen, Karohemd - und Nike-Sneakern. "Ich fühle mich wie im Zoo", flüstert ihm seine Frau Cherry ins Ohr. Um der ungewohnten Situation für ihn Alltägliches hinzuzufügen, fädelt Sheeran einen Spontanauftritt ein und singt gemeinsam mit der grölenden Menge seinen Schmalz-Evergreen "Perfect".

Singen und eine Menge unterhalten, das konnte Sheeran auch schon, als er die Bühnen von muffigen Pubs statt die des Wembley-Stadions bespielte. Auch wenn sein Aufstieg an die Spitze der Popwelt in der vierteiligen Doku-Serie (ab 3. Mai bei Disney+) natürlich Thema ist, ist es nicht der dominierende Aspekt. Die Macher um Regisseur David Soutar begleiteten den 32-Jährigen während seines Schaffensprozesses des neuen Albums "-" (gesprochen: "Subtract"), das zwei Tage nach Erscheinen der Doku-Serie erhältlich ist.

Mit seiner Frau Cherry machte Ed Sheeran eine schwere Zeit durch, nachdem bei ihr ein Tumor entdeckt wurde. Mittlerweile ist sie wieder vollständig gesund. (Bild: Sofi Adams)
Mit seiner Frau Cherry machte Ed Sheeran eine schwere Zeit durch, nachdem bei ihr ein Tumor entdeckt wurde. Mittlerweile ist sie wieder vollständig gesund. (Bild: Sofi Adams)

Ed Sheeran gebeutelt von Krebsdiagnose und Trauerarbeit: "Es war eine schlimme Zeit"

Sheeran-Fans, die bereits die Dokumentarfilm "Songwriter" (2018) kennen, erwartet aber trotzdem eine neue Facette des öffentlichkeitsscheuen Sängers. Kam in dem Film von damals seine private Seite nur sehr am Rande vor, dominieren in "The Sum Of It All" persönliche Schicksalsschläge Sheerans die Grundstimmung. "Es war eine schlimme Zeit", blickt die Ehefrau des Sängers, Cherry, am Lagerfeuer sitzend auf den Anfang des Jahres 2022 zurück. Sheeran daneben kann mit feuchten Augen nur zustimmend nicken.

Eine Krebsdiagnose Cherrys während der Schwangerschaft mit dem zweiten gemeinsamen Kind hob die Welt der Sheerans aus den Angeln. Zeitgleich stand der Sänger wegen Plagiatsvorwürfen vor Gericht. "In meinem Kopf sagte ich mir nur: 'Hoffentlich ist mit Cherry alles in Ordnung.' Ich kann diesen Fall verlieren, und das Leben geht weiter. Aber es geht nicht wirklich weiter, wenn die Person, die du am meisten liebst, darin nicht vorkommt", beschreibt der Familienvater im Rückblick seine Gefühlslage.

Obendrein verlor Ed Sheeran in dieser Zeit völlig überraschend seinen besten Freund Jamal Edwards, der einst auch entscheidend zu seinem Karrierestart beigetragen hatte. Mit nur 31 Jahren verstarb er an einem Herzinfarkt. "Ich war noch nicht wirklich erwachsen, bis ich Trauer empfand. Der Verlust hat einfach mein Leben übernommen", bekennt Sheeran. Kameras fangen ein, wie er am Rande der Trauerfeier im Auto in Tränen ausbricht ("Ich fühle mich so verloren"), wie er nach einem Auftritt Backstage als Häufchen Elend seinen Emotionen freien Lauf lässt.

"Ich war noch nicht wirklich erwachsen, bis ich Trauer empfand": Ed Sheeran hat ein herausforderndes Jahr hinter sich. (Bild: Sofi Adams)
"Ich war noch nicht wirklich erwachsen, bis ich Trauer empfand": Ed Sheeran hat ein herausforderndes Jahr hinter sich. (Bild: Sofi Adams)

Ed Sheeran kommen auf der Bühne die Tränen

Dabei ist der Rotschopf eigentlich niemand, der abseits seiner Songs Gefühle gerne zeigt, wie die insgesamt zweistündige Dokumentation vermittelt. Es sei ihm "peinlich" gewesen, dass er bei einem intimen Auftritt in der Londoner Union Chapel geweint habe. Cherry stellt erstaunt wie besorgt fest, er verarbeite wohl tiefste Sorgen, denn: "Ich habe ihn nie auf der Bühne weinen sehen." Überhaupt sei er niemand, der oft weine - noch ein Grund, weshalb sie "massive Alarmglocken" hinsichtlich seiner mentalen Gesundheit klingen höre.

Sheerans Antwort auf persönliche Schwierigkeiten lautet Arbeit: 14 Musikvideos am Stück, das Feilen am neuen Album "-" im Studio, Promo-Tour in Nordamerika, Konzerte auf der ganzen Welt. Mit der Familie ist das nicht immer gut in Einklang zu bringen. "Und jetzt klären wir den Scheiß aus dem echten Leben in einem Interview", wundert sich Sheeran, als bei einer Date Night mit Cherry die Rede von der gemeinsamen Zukunft als Familie ist.

Neben den emotionalen Ausbrüchen ist es einer der wenigen Momente, in denen der Künstler während "The Sum Of It All" die Kontrolle zu verlieren scheint. Denn die vierteilige Dokuserie ist natürlich auch ein Rädchen in der gigantischen Marketingstrategie, die hinter dem Sänger arbeitet. Viele der neuen Songs werden mal mehr, mal weniger subtil in die Serie eingeflochten. Und auch für Musiknerds gibt es interessante Einblicke, etwa in eine Songwritingsession des Hits "Bad Habits" und die Funktionsweise von Sheerans charakteristischer Loop Station.

Auch die musikalische Arbeit an seinem neuen Album "-" (gesprochen: "Subtract") steht im Mittelpunkt der Doku-Serie über Ed Sheeran. (Bild: Sofi Adams)
Auch die musikalische Arbeit an seinem neuen Album "-" (gesprochen: "Subtract") steht im Mittelpunkt der Doku-Serie über Ed Sheeran. (Bild: Sofi Adams)