Cannabis-Legalisierung: Dürft ihr jetzt in Mietwohnungen kiffen?

Seit 1. April 2024 dürfen Erwachsene in Deutschland ganz legal Cannabis anbauen, besitzen und konsumieren. Aber was schreibt das Recht in Mietwohnungen vor? - Copyright: picture alliance / Westend61 | Vitta Gallery
Seit 1. April 2024 dürfen Erwachsene in Deutschland ganz legal Cannabis anbauen, besitzen und konsumieren. Aber was schreibt das Recht in Mietwohnungen vor? - Copyright: picture alliance / Westend61 | Vitta Gallery

Das umstrittene Cannabis-Gesetz ist zum 1. April dieses Jahres in Kraft getreten. Erwachsene dürfen das Rauschmittel nun legal anbauen, besitzen und konsumieren. Cannabis ist im Betäubungsmittelgesetz also von der Liste der verbotenen Substanzen gestrichen. Aber: Nur bestimmte Mengen sind straffrei.

Erwachsene dürfen bis zu 25 Gramm Cannabis in der Öffentlichkeit bei sich haben. In den heimischen vier Wänden ist der Besitz von bis zu 50 Gramm getrocknetem Cannabis erlaubt. Zudem dürfen maximal drei Cannabis-Pflanzen pro erwachsener Person gezüchtet werden. Erwachsene dürfen Cannabissamen für den privaten Eigenanbau aus EU-Mitgliedsstaaten einführen oder online bestellen.

Welche Folgen hat das neue Cannabis-Gesetz für den Konsum in Mietwohnungen? - Copyright: picture alliance / Zoonar | Katerina Solovyeva
Welche Folgen hat das neue Cannabis-Gesetz für den Konsum in Mietwohnungen? - Copyright: picture alliance / Zoonar | Katerina Solovyeva

Überschreitungen der erlaubten Mengen werden als Ordnungswidrigkeit geahndet. Auf den Besitz größerer Mengen steht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.

So weit, so gut. So weit das Gesetz. Aber wie sieht es eigentlich mit dem Konsum, dem Anbau und dem Besitz in Mietwohnungen aus? Kann Cannabis noch immer ein Grund für eine fristlose Kündigung sein? Und welche Rechte haben Vermieter und Nachbarn? Business Insider liefert mit Immowelt einen Überblick.

Dürft ihr in Mietwohnungen nun Cannabis rauchen?

Ja. Das Konsumieren von Cannabis in der eigenen Wohnung ist ab der Legalisierung ähnlich wie das Rauchen von Zigaretten zu werten. Das Rauchen in der Mietwohnung zählt meistens zum vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung. Auch Rauchen auf dem Balkon, am offenen Fenster oder auf der Terrasse zählen dazu.

Allerdings gilt zwischen Mietern zudem das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme: Wird der Nachbar durch das Cannabisrauchen stark beeinträchtigt, muss der Raucher seinen Konsum einschränken. Im Mietvertrag kann auch eine Individualvereinbarung über ein Rauchverbot vereinbart werden, sodass etwa Uhrzeiten eingehalten werden müssen, wie es beim Zigarette rauchen auch gehandhabt werden kann.

Gilt in euren Mietwohnungen ein Cannabis-Verbot?

Nein. In der Wohnung gilt nicht automatisch ein Rauchverbot. Euer Vermieter oder eure Vermieterin kann das Rauchen grundsätzlich nicht verbieten.

Dürft ihr auf dem Balkon oder der Terrasse kiffen?

Ja, solange ihre eure Nachbarschaft nicht mit dem Rauch belästigt. Aber: Wenn Kinder in der Nähe sind, sollte Vorsicht gewahrt werden. Der Jugendschutz genießt höchste Priorität.

Wer darf in einer Mietwohnung Cannabis anbauen?

Seit April ist der Anbau von Cannabis-Pflanzen in der Wohnung, auf dem Balkon, auf der Terrasse oder im Garten erlaubt. Allerdings müsst ihr dafür mindestens 18 Jahre alt sein und in Deutschland seit mindestens sechs Monaten einen Wohnsitz haben. Anbau, Erwerb und Besitz von Cannabis bleiben für Minderjährige verboten.

Wie viele Pflanzen sind in der Mietwohnung erlaubt?

Ihr dürft pro Person maximal drei weibliche Cannabis-Pflanzen besitzen. Heißt: Sofern ihr als Paar oder in einer Wohngemeinschaft in eurer Wohnung lebt, dürft ihr sogar mehr als drei Pflanzen in einer Wohnung haben. Jede Person darf zudem 50 Gramm Marihuana in den eigenen vier Wänden aufbewahren, maximal aber 25 Gramm außerhalb der Wohnung mit sich führen. Wer zu viel besitzt (bis 60 Gramm) oder mit sich führt (bis 30 Gramm) begeht eine Ordnungswidrigkeit. Alles darüber hinaus ist eine Straftat.

Wer selbst nicht anbauen möchte, hat die Möglichkeit, sich als Mitglied in Anbauvereinigungen zu registrieren. Die drei Pflanzen darf dann die Vereinigung anbauen und im gesetzlichen Rahmen Marihuana aushändigen.

Gibt es eine Altersgrenze für den Cannabis-Konsum?

Ja, Minderjährigen ist der Besitz und Anbau komplett verboten. Junge Menschen, im Alter zwischen 18 und 21 Jahren, dürfen lediglich Cannabis mit einem begrenzten THC-Maximalgehalt von zehn Prozent von Anbauvereinigungen beziehen. Sie müssen aber in dieser Anbauvereinigung Mitglied sein. Die Menge Marihuana ist auf 30 Gramm pro Monat begrenzt.

Darf Cannabis in Wohnungen mit Kindern angebaut werden?

Wer Cannabis anbauen möchte, muss den Jugendschutz wahren. Das Bundesministerium für Gesundheit hat aus diesem Grund feste Regeln zur Aufbewahrung von Cannabis-Pflanzen festgelegt. Heißt: Der Anbau von Cannabis-Pflanzen in Wohnungen mit Kindern und Jugendlichen ist nicht grundsätzlich verboten. Die Pflanzen müssen jedoch so gesichert sein, dass Kinder keinen Zugang zu ihnen haben.

Das bedeutet, dass sie nicht einfach im Garten angebaut werden dürfen, wenn sich dort Kinder aufhalten können. Der strenge Geruch der Pflanzen kann auch Nachbarn stören, sodass Vorkehrungen getroffen werden müssten, um die Geruchsbelästigung zu verhindern. Geerntetes Cannabis darf ebenfalls nicht frei zugänglich sein und entsprechend keine Gefahr für Kinder oder Jugendliche darstellen.

Welche Rechte haben Nachbarn?

Grundsätzlich hat die Nachbarschaft das Recht, sich gegen Beeinträchtigungen durch den Anbau und Konsum von Cannabis zu wehren. Sofern zum Beispiel die Geruchsbelästigung durch Cannabis-Pflanzen übermäßig stark ist, kann ein Nachbar sich beschweren.

Den Konsum müssen Nachbarn aber grundsätzlich tolerieren. „Solange sich der Mieter im Rahmen der gesetzlichen Regelungen bewegt, dürften Nachbarn kaum eine Handhabe haben“, wird Fachanwalt Alexander Bredereck von Immowelt zitiert. Ausnahmen seien vielleicht dann gegeben, wenn der Mieter exzessiv rauche und dadurch eine extreme Beeinträchtigung der Nachbarn im Mietgebrauch verursacht werde.

Gibt es eine Cannabis-Mietminderung?

Ja, unter Umständen kann starker Cannabis-Geruch eine Mietminderung rechtfertigen, da er die Nutzung der eigenen Wohnung beeinträchtigen kann. Die Höhe der Minderung hängt vom Einzelfall ab und sollte mit einem Anwalt besprochen werden. Wie hoch die Mietminderung wegen Rauch sein könnte, ist aber immer individuell.

Cannabis-Legalisierung: Welche Rechte hat der Vermieter?

Es ist egal, ob dem Vermieter gefällt, dass in seiner Wohnung Cannabis konsumiert wird. Denn: Er darf in den meisten Fällen nicht eingreifen. Die Legalisierung von Cannabis gilt auch in vermieteten Wohnungen. Mit der Vermietung tritt der Vermieter die Nutzungsrechte der Wohnung komplett an den Mieter ab. Die Wohnung ist unverletzlich, heißt es im Artikel 13 des Grundgesetzes.

Entsprechend darf der Vermieter grundsätzlich weder Anbau noch Konsum oder Besitz verbieten. Laut Alexander Bredereck würde der Vermieter große Schwierigkeiten haben, entsprechende Verbote rechtlich durchzusetzen. „Das geht natürlich nur insoweit, als sich der Mieter innerhalb des gesetzlichen Rahmens bewegt. Insoweit sind die Cannabis-Pflanzen aber durch das Grundrecht des Mieters auf freie Entfaltung der Persönlichkeit ähnlich geschützt, wie die Alkoholbestände in der Hausbar“, sagt der Anwalt.

Darf ein Vermieter den Cannabis-Konsum einschränken?

Es ist durchaus möglich, dass der Vermieter entsprechende Klauseln in den Mietvertrag aufnimmt. „Soweit diese den Mieter aber in den gesetzlich zulässigen Gebrauch beschränken, dürften solche Klauseln unwirksam sein“, betont Fachanwalt Bredereck gegenüber Immowelt. Das gehe allerdings nur in insoweit, als durch den Konsum keine unzumutbaren Belästigungen anderer Mieter bewirkt werden.

An dieser Stelle ist ein Verbot vergleichbar mit dem Rauchverbot in Wohnungen. Wenn beispielsweise das gesamte Treppenhaus nach Cannabis riecht, sollten die Mieter gemeinsam mit dem Vermieter eine Lösung aushandeln. So könne zum Beispiel besser gelüftet werden.