FOCUS online in Bad Oeynhausen - Bei Abifeier ins Koma geprügelt: Jetzt sammeln Freunde für Philippos (20)

Philippos wollte mit seiner Schwester ihren Schulabschluss feiern. Eine Gruppe prügelte ihn ins Koma.<span class="copyright">Niklas Golitschek</span>
Philippos wollte mit seiner Schwester ihren Schulabschluss feiern. Eine Gruppe prügelte ihn ins Koma.Niklas Golitschek

Innenstadtfete und Abiball vom Wochenende sind nur noch Randnotizen in Bad Oeynhausen. Eine Stadt sorgt sich um den 20-jährigen Philippos, der in der Nacht auf Sonntag bei einem Angriff lebensgefährlich verletzt wurde.

Die Bad Oeynhauser schätzen ihren Kurpark. Mit einer Fläche von 26 Hektar, zwei Badehäusern, der edel anmutenden Wandelhalle und mehreren Fontänen mitten im Stadtzentrum dient er als idealer Naherholungsort. Im Kaiserpalais feierten knapp 100 Abiturienten des Mindener Ratsgymnasiums in dieser idyllischen Kulisse ihren Schulabschluss, die einen so schrecklichen Ausgang nehmen sollte.

20-Jähriger auf Abifeier im Kurpark ins Koma geprügelt

Gegen 1.30 Uhr in der Nacht auf Sonntag   gerieten zwei Ballbesucher nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft mit einer rund zehnköpfigen Gruppe in Streit. Die Gruppe soll anschließend auf die beiden eingeschlagen haben. Der 20-jährige Philippos aus Minden, der Bruder einer Abiturientin, wurde lebensgefährlich verletzt. Am Montagnachmittag erfuhr FOCUS online aus Ermittlerkreisen, dass er in ein künstliches Koma versetzt und später für hirntot erklärt wurde. Nach diesem Stand sollten die Geräte im Laufe des Montags abgeschaltet werden, damit wäre es ein Tötungsdelikt.

Über den gesamten Montag sperrt die Polizei die Fläche vor dem Kaiserpalais ab und sichert mögliche Spuren. Von den mutmaßlichen Tätern hat sich bislang noch keiner freiwillig gestellt, den Hinweisen aus der Bevölkerung gehen die Ermittler nach. Viele Oeynhauser und Besucher der umliegenden Reha-Einrichtungen nutzen das sonnige Wetter für einen Spaziergang, rasten auf einer der Parkbänke oder genießen die warmen Temperaturen im Schatten der Bäume mit einem Buch. „Eigentlich ist das ein schöner, ruhiger Kurpark“, sagt eine Spaziergängerin, die wie viele andere am Wochenende die Innenstadtfete mit Schlagersänger Olaf Henning als Höhepunkt besucht hatte.

Anwohnerin wechselt bei Gruppen die Straßenseite

Sie und andere Bekannte haben schon die eigenen Fotos und Videos der Feier auf mögliche Hinweise zu den gesuchten Männern durchsucht – doch die neonorangene Adidas-Trainingsjacke, die der Tatverdächtige laut Polizei getragen hat, ist dort nirgends zu erkennen. „Da will man feiern und dann passiert sowas Schreckliches“, sagt sie schockiert. Von Schützenfesten und anderen Feiern kenne der ländlich geprägte Raum, dass es auch mal zu Streitereien zwischen Betrunkenen kommen könne. „Aber heute artet das aus“, beobachtet sie besorgt. Fast täglich lese sie von Messerstechereien oder Schlägereien; wenn sie größeren Gruppen begegne, wechsele sie inzwischen auch mal sicherheitshalber die Straßenseite. „Das ist eine andere Dimension“, sagt auch ihr Begleiter und merkt verbittert an: „Man hat voraussehen können, dass auch mal hier was passiert.“

Eine Patientin einer Reha-Einrichtung hatte von dem Angriff am Wochenende gar nichts mitbekommen, weil sie in einen Kurs vertieft war. Erst als sie am Montag den Kurpark besuchte, um spazieren zu gehen und die Polizeipräsenz sah, erfuhr sie von dem dramatischen Vorfall. „Man denkt, man ist in einem Kurort sicher“, sagt sie. Diesen Eindruck teilt auch ein anderer Reha-Patient nur bedingt: „Eigentlich ist es sehr friedlich hier. Aber nachts sind alle Katzen grau.“

Abi-Klasse startet Spendenkampagne für Familien der Opfer

Viele Parkbesucher zeigen sich betroffen, wenn sie an den Flatterbändern vorbeigehen, mit denen die Polizei den Tatort absperrt. „Das Leben sollte jetzt so richtig losgehen und dann passiert sowas“, bedauert eine Spaziergängerin.

Eine der Abiturientinnen hat indes eine Spendenkampagne für die Familie der beiden Opfer gestartet und bis Montagabend bereits mehr als 38.000 Euro gesammelt. Die Polizei bittet weiterhin um Zeugenhinweise. Neben der neonorangenen Jacke beschreibt sie den Tatverdächtigen als männlich, südländisch, etwa 20 Jahre alt und 176 Zentimeter groß, mitOberlippen- und Kinnbart. Hinweise nimmt die Mordkommission „Palais“ unter der Telefonnummer 0521/545-0 entgegen.