Gaza-Verhandlungen sollen weitergehen

Die im Gaza-Krieg festgefahrenen Verhandlungen über eine Geiselfreilassung und Waffenruhe werden Medienberichten zufolge möglicherweise kommende Woche wieder aufgenommen. Die Unterhändler der USA, Israels und Katars hätten sich am Ende ihres Treffens in Paris auf einen Neustart der Gespräche im Verlauf der nächsten Woche geeinigt, berichtete die «Times of Israel» unter Berufung auf einen israelischen Beamten. Es gebe «neue Vorschläge».

Auch US-Beamte hätten von Fortschritten bei den Bemühungen um eine Wiederaufnahme der indirekten Verhandlungen gesprochen, es gebe aber noch keinen Termin, meldete das US-Nachrichtenportal «Axios». Derweil setzt Israels Armee die Kämpfe im Gazastreifen fort - ungeachtet der Aufforderung des Internationalen Gerichtshofs (IGH), den Einsatz in Rafah im Süden des Küstenstreifens sofort zu beenden.

Unterdessen kam es gester Nacht in mehreren Städten in Israel erneut zu Massenprotesten gegen die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Wie die «Times of Israel» berichtete, forderten die Demonstranten den Rücktritt von Netanjahu, vorgezogene Wahlen und eine Einigung über die Freilassung der von der islamistischen Hamas in Gaza festgehaltenen Geiseln.

Ministerpräsident Netanjahu (Bild: dpa)
Ministerpräsident Netanjahu (Bild: dpa)

Bei einer zentralen Kundgebung in Tel Aviv mit nach Angaben der Organisatoren mehr als 80.000 Teilnehmern sei es zu Festnahmen gekommen, hieß es. Die Protestler warfen Netanjahu vor, vor dem Überfall der Hamas am 7. Oktober im israelischen Grenzgebiet Warnungen ignoriert zu haben.

Zudem machten sie ihn für das Schicksal der noch mehr als hundert Geiseln verantwortlich. Wenn die Regierung jetzt keine Einigung über ihre Freilassung erziele, «wird Israel letztendlich gezwungen sein, den Krieg ohne die Rückkehr der Geiseln zu beenden», zitierte die Zeitung eine Angehörige der Entführten.

Die indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas, bei denen Ägypten, Katar und die USA vermitteln, waren vor zwei Wochen nach mehrtägigen Gesprächen in Kairo und Doha in eine Sackgasse geraten. Im Wesentlichen geht es darum, dass die Hamas die von ihr verschleppten israelischen Geiseln freilässt. Im Gegenzug dafür soll Israel eine große Zahl palästinensischer Häftlinge aus seinen Gefängnissen entlassen.

Zudem soll der jüdische Staat seinen Militäreinsatz im Gazastreifen einstellen - ob zeitlich befristet oder endgültig, ist einer der Streitpunkte. Der Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, David Barnea, habe bei einem Treffen mit CIA-Direktor William Burns und Katars Ministerpräsidenten Mohammed bin Abdulrahman Al Thani am vergangenen Freitag in Paris Punkte einer «aktualisierten» Position Israels vorgestellt, berichtete «Axios».

Das israelische Kriegskabinett hatte vergangenen Donnerstag den Spielraum des eigenen Verhandlungsteams erweitert. Dies machte es offenbar möglich, dass die indirekten Gespräche zwischen Israel und der Hamas weitergehen können. Unklar war jedoch zunächst, ob die Hamas an den Verhandlungstisch zurückkehrt. Man habe gehört, dass die israelische Seite bereit sei, in einigen Punkten Flexibilität zu zeigen, aber noch sehe man nichts Greifbares, hieß es aus Kreisen der Islamistenorganisation.

Unterdessen haben hohe Wellen und stürmischer Seegang die vor gut einer Woche fertiggestellte provisorische Anlegestelle für humanitäre Lieferungen in den Gazastreifen beschädigt. Wegen des Seegangs hätten sich vier an der Mission beteiligte US-Militärschiffe aus ihrer Verankerung gelöst, teilte das für den Nahen Osten zuständige US-Regionalkommando (Centcom) mit.

Zwei der Schiffe ankerten nun am Strand nahe dem temporären Pier vor dem Gazastreifen. Die beiden anderen seien vor der israelischen Küste bei Aschkelon gestrandet. Die Stadt liegt rund 15 Kilometer von Gaza entfernt. Das israelische Militär helfe bei der Bergung aller vier Schiffe, hieß es in der Mitteilung. US-Soldaten würden den Gazastreifen nicht betreten. Es gebe keine Verletzten und der Pier sei weiter funktionsfähig.

Derweil wies die Botschaft Israels in Madrid auf X die Aussage der spanischen Verteidigungsministerin Margarita Robles, in Gaza geschehe «ein wahrer Völkermord», zurück. «Wir bedauern, dass Verteidigungsministerin Margarita Robles das falsche und unbegründete Narrativ der terroristischen Hamas-Organisation übernommen hat».

Robles hatte Medien zufolge am Rande der Feierlichkeiten zum Tag der Streitkräfte in Spanien gesagt: «Spanien ist immer sehr solidarisch. Wir dürfen nicht vergessen, dass in der Ukraine Menschen sterben, es ist ein schrecklicher Krieg, und wir dürfen auch nicht ignorieren, dass das, was in Gaza derzeit passiert, ein wahrer Völkermord ist». Vizekanzler Robert Habeck hatte Israels Vorgehen zuvor als völkerrechtswidrig kritisiert.

Unterdessen setzten die israelischen Streitkräfte ihre Kämpfe im abgeriegelten Gazastreifen gegen die Hamas fort. Behauptungen der Hamas, sie hätten bei Kämpfen in Dschabalia im Norden des Küstengebiets israelische Soldaten gefangenen genommen, wies die israelische Armee umgehend als falsch zurück.

Man stelle klar, «dass es keinen Vorfall gibt, bei dem ein Soldat entführt wurde», hieß es in einer kurzen Mitteilung der israelischen Streitkräfte auf Telegram. Zuvor hatte die Armee mitgeteilt, in Dschabalia Dutzende feindliche Kämpfer, teils im Nahkampf, teils durch gezielte Luftangriffe getötet zu haben. Die israelischen Truppen zerstörten demnach außerdem Raketenabschussstellungen und Tunnelschächte und fanden eine große Zahl an Waffen.

Auch in Rafah im Süden Gazas hatten israelische Soldaten erneut mehrere palästinensische Bewaffnete getötet, die zuvor auf die Israelis geschossen hatten, wie die Armee mitteilte. Zudem habe man in Rafah weitere Waffenlager und Tunnelschächte gefunden. Keine der Angaben ließ sich zunächst unabhängig überprüfen. Der Internationale Gerichtshof hatte Israel zu einer sofortigen Beendigung des Einsatzes in Rafah verpflichtet.

Mit der Entscheidung entsprach das Weltgericht einer Forderung Südafrikas. Entscheidungen des Gerichts sind bindend. Allerdings besitzen die UN-Richter keine Machtmittel, um einen Staat zur Umsetzung zu zwingen. Israel verweist weiterhin auf sein Recht zur Selbstverteidigung.