Gesundheitsrevolution? - DGE ändert Meinung zu veganer Ernährung - Ernährungswissenschaftler ordnet ein

DGE ändert ihre Meinung zur veganen Ernährung.<span class="copyright">Getty Images/Alexander Spatari</span>
DGE ändert ihre Meinung zur veganen Ernährung.Getty Images/Alexander Spatari

Die Debatte um die ideale Ernährungsweise nimmt eine überraschende Wendung. Ernährungswissenschaftler Uwe Knop beleuchtet die neusten Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zur veganen Ernährung und was sie für unsere Gesundheit bedeuten.

Wie sehen die neuen DGE-Empfehlungen zur veganen Ernährung aus?

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) „adelt“ vegane Ernährung nun offiziell als „gesund“ - wenn man Vitamine ergänzt. Konkret: Für die gesunde erwachsene Allgemeinbevölkerung kann neben anderen Ernährungsweisen auch eine vegane Ernährung eine gesundheitsfördernde Ernährung darstellen, unter der Voraussetzung der Einnahme eines Vitamin-B12-Präparats, einer ausgewogenen, gut geplanten Lebensmittelauswahl sowie einer bedarfsdeckenden Zufuhr der potenziell kritischen Nährstoffe (ggf. auch durch weitere Nährstoffpräparate). Dieser „institutionelle Ritterschlag der Gesundheit“ freut alle Veganer - sie wähnen sich nun noch mehr „auf der der gesunden Seite des Tellers“:

Ist vegan besser für Gesundheit und Umwelt?

Das ist und bleibt Spekulation. Prognosen in beiden Bereichen - Gesundheit und Umwelt - gleichen dem Lesen einer Glaskugel, Nicht ohne Grund sind die Ernährungswissenschaften in der „bemitleidenswerten Lage“: Das liegt ganz einfach daran, dass die Ernährungswissenschaften weder für gesunde und ungesunde Lebensmittel noch für gesunde Ernährung handfeste Belege, also Kausalevidenz liefern kann. Wir sind zwar umringt von etlichen Regeln und Ratschlägen zu gesunder Ernährung und täglich wird ein Tsunami neuer Studien veröffentlicht. Doch die Ergebnisse widersprechen sich oft und was überhaupt gesunde Ernährung ist, weiß bis heute niemand,

Was ist generell von Empfehlungen der DGE zu gesunder Ernährung zu halten?

Aus rein evidenzbasierter Sicht: Gar nichts. Denn es gibt keinen einzigen wissenschaftlichen Beleg ("Kausalevidenz") für die „gesundheitsfördernde“ Kraft irgendwelcher Empfehlungen  - und das gilt sowohl für die alten aus auch die neuen 10 DGE-Regeln. Denn ein Nutzennachweis wurde weder untersucht, geschweige denn erbracht - das ist auch gar nicht möglich. Ein schönes Beispiel dafür ist auch die „Wahrheit über die „5-am-Tag“-Regel“ .Ergo werden auch die neuen „Gut essen und trinken“-Empfehlungen für immer nebulös in ihren Effekten bleiben - sowohl was die gewünschten als auch die unerwünschten Auswirkungen angeht.

Kurzum, es gilt das Credo: Kein gesunder Mensch braucht eine einzige Ernährungsregel, dafür umso mehr intuitives Vertrauen in seinen eigenen Körper.

Und was ist konkret mit Fleischverzicht als „Gesundheitsbooster“?

Die Behauptung, Fleischverzicht sei gesund ist einer der Myriaden Mythen und Märchen der Ernährungsapostel. Kein Mensch braucht Fleisch, aber man braucht auch keine Angst vor „ungesundem“ Fleisch zu haben, Denn genauso wenig wie man Fleisch aus ernährungsphysiologischer Sicht heutzutage benötigt, genauso wenig existieren wissenschaftliche Beweise, dass Fleisch krank oder dick macht.  Das gilt im Übrigen auch für die vielen Besser-Esser-Hypes wie Low-Carb, Intervallfasten, Keto, Paleo, Vegan oder Clean Eating.

Sollten die Fleischfreunde mehr über ethische Aspekte als über Gesundheit oder Genuss nachdenken?

Ja, nachdenken kann nie schaden. Besonders, wenn es um die Lebenshaltung geht und die dazu notwendigen Mittel zum Leben ,die wir uns im wahren Sinne tagtäglich einverleiben - und aus denen wirr letztlich organisch bestehen, also woraus unser Körper immer wieder aufgebaut und erneuert wird. Darüber sollte man ruhig intensiv sinnieren - und die persönliche Ethik spielt gerade bei Lebensmitteln eine wachsende Rolle, besonders bei der jüngeren Generation.

Es geht schließlich um nicht weniger als um „Leben und Tod“. Doch an der Fleischtheke ist dieser elementare Aspekt des Tötens nicht mehr präsent. Man sollte sich daher selbstreflektiv fragen: Könnte ich dem Tier auch in die Augen sehen, es töten und dann essen? Oder anders. Braucht es heutzutage eine „Lizenz zum Töten“, um noch Fleisch und Wurst essen zu dürfen?