Hofreiter erklärt Wahl-Ergebnis mit "Rechtsradikalismus-Problem", Lanz-Gast widerspricht vehement

Markus Lanz (links) und sein Gast Anton Hofreiter kamen bei der Analyse des Europawahl-Ergebnisses auf keinen gemeinsamen Nenner. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)
Markus Lanz (links) und sein Gast Anton Hofreiter kamen bei der Analyse des Europawahl-Ergebnisses auf keinen gemeinsamen Nenner. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Das Ergebnis der Europawahlen war für die Grünen ein Schock. Bei "Markus Lanz" sollte Anton Hofreiter Ursachenforschung betreiben. Die Analyse des Grünen-Politikers machte den Moderator fassungslos: "Herr Hofreiter, Sie sind doch ein gescheiter Mensch!"

Während die Union und die AfD bei der Europawahl in Deutschland vorne landeten, wurden vor allem die Grünen hart abgestraft. Im Vergleich zu 2019 verlor die Partei satte 8,6 Prozentpunkte. Sie krachte von 20,5 auf 11,9 Prozent. Bei "Markus Lanz" versuchte Anton Hofreiter am Dienstagabend, Gründe für das enttäuschende Abschneiden seiner Partei zu finden, und erklärte zunächst schwammig: "Wir leben in einer sehr schnelllebigen Zeit. In fünf Jahren kann sehr viel passieren und ist sehr viel passiert." Der Grünen-Politiker bezog sich dabei auf die Corona-Pandemie sowie den Krieg in der Ukraine.

Beides habe laut Hofreiter dazu geführt, "dass die Regierung im Moment nicht so unbedingt die beliebteste aller Regierungen ist". Als Lanz jedoch darauf aufmerksam machte, dass keine Partei so viele Stimmen verloren habe wie die Grünen, gab Hofreiter zu: "Wir haben auch eine Reihe eigener Fehler gemacht." Als Beispiel nannte er die Debatte um das Heizungsgesetz.

Lanz konterte: "Ein Fehler beim Heizungsgesetz führt doch nicht zu so einem Desaster." Anton Hofreiter erläuterte daraufhin, dass das Heizungsgesetz bei vielen Bürgerinnen und Bürgern die Wahrnehmung hinterlassen habe, dass die Grünen "ideologisch und durchsetzungsschwach" seien. "Sind Sie das?", wollte Lanz prompt wissen. Hofreiter schüttelte mit dem Kopf: "Nein, das sind wir nicht im ganzen Umfang."

Markus Lanz (links) diskutierte am Dienstag mit seinen Gästen über das Abschneiden der Ampel-Parteien bei der Europawahl. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)
Markus Lanz (links) diskutierte am Dienstag mit seinen Gästen über das Abschneiden der Ampel-Parteien bei der Europawahl. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

 

"Was heißt 'nicht im ganzen Umfang'?", wollte es Lanz genauer wissen. Hofreiter umging jedoch eine konkrete Antwort und sprach stattdessen von einer "gesamtgesellschaftlichen Stimmung", die zum katastrophalen Wahlergebnis der Grünen geführt habe. Daraufhin platzte es aus dem ZDF-Moderator heraus: "Das ganze Thema Migration haben Sie bis jetzt kein einziges Mal genannt. Haben Sie an dem Punkt auch einen Fehler gemacht?"

Hofreiter wehrte sich: "Es war mir vollkommen klar, dass Sie darauf hinauswollen!" In seinen Augen sei das Thema Migration "nicht die zentrale Ursache dafür", dass seine Partei verloren habe. Die Debatte um die Migration habe jedoch laut Hofreiter "die Debatte um die Klimapolitik stärker verdrängt".

Markus Lanz hakte überrascht nach: "Warum lassen Sie das dann komplett weg in so einer Fehleranalyse? Sind wir da schon beim Kern des Problems?" Hofreiter konterte wütend: "Nein! Weil es nicht die Frage war. Ihre Frage war, warum wir Grünen so viele Stimmen verloren haben." Lanz schoss zurück: "Und Migration hat nichts damit zu tun?"

Hofreiter erklärte daraufhin, dass Migration etwas damit zu tun habe, "wie die Stimmung im Land ist". Als er weiter über die Wahrnehmung der Ampel sinnieren wollte, unterbrach Lanz den Politiker mit den Worten: "Herr Hofreiter, Sie sind doch ein gescheiter Mensch. (...) Merken Sie selber, wie Sie sich argumentativ gerade einmal um sich selbst drehen?"

In Bezug auf den Stimmzuwachs bei der AfD warnte Anton Hofreiter vor der falschen Annahme, dass es sich hierbei nur um Protestwähler handle. "Wir haben da auch ein seit Jahren ignoriertes Problem von Rechtsradikalismus in unserer Gesellschaft", meinte der Grünen-Politiker. Journalist Martin Machowecz konterte jedoch: "Es ist nicht der Großteil der AfD-Wähler, der rechtsextrem ist."

Ist ein Großteil der AfD-Wähler rechtsradikal? (Bild: Reuters)
Ist ein Großteil der AfD-Wähler rechtsradikal? (Bild: Reuters)

Machowecz erklärte weiter, dass vor allem "politische Forderungen und Wünsche" viele Bürger "zur AfD treiben". "Es ist keine rechtsextreme Position, wenn man in der Migration eine andere Politik fordert", sagte Machowecz streng. Er ergänzte: "Wenn man da nicht trennscharf ist, dann bringt man die Leute halt dazu, gerade AfD zu wählen."

Anton Hofreiter sah dies anders und sagte: "Ich gehe auf die Studien ein, die sich anschauen, was die Wählerinnen und Wähler der AfD denken." Laut des Grünen-Politikers nehme "ein erheblicher Teil", etwa 50 Prozent, "klar rechtsradikale Positionen" ein. Markus Lanz reagierte irritiert: "Die Hälfte der AfD-Wähler ist rechtsradikal?"

Wie gehts mit der Ampel weiter? (Bild: Reuters)
Wie gehts mit der Ampel weiter? (Bild: Reuters)

Hofreiter nickte, woraufhin Martin Machowecz entgegnete: "Das sind Leute, die haben vielleicht vor zwei, drei Jahren noch SPD gewählt. Das sind Leute, die schwanken vielleicht zwischen AfD wählen und Bündnis Sahra Wagenknecht wählen. (...) Wenn man denen sagt, 'Ihr habt ein geschlossen rechtsextremes Weltbild alle durch die Bank', dann verhärtet man das."

In der Sendung sprach sich der Journalist auch für Neuwahlen aus und erklärte, er fände es "keinen falschen Schritt, weil es für die Landtagswahlen in Ostdeutschland ein Ventil öffnen würde. Es würde dafür sorgen, dass das nicht mehr Wahlen wären, die das Ziel hätten, vor allem gegen die Ampel zu protestieren".