Petrischalen-Pong: Im Labor gezüchtete Gehirnzellen spielen Computerspiel

Ein "Mini-Gehirn" haben Forscher aus Australien eigenen Angaben zufolge geschaffen. Zur großen Begeisterung seiner Schöpfer hat dieses nun schon mal das 70er-Jahre-Computerspiel Pong gemeistert.

In einem Labor wurde eine Gehirnzellkultur geschaffen, die offenbar lernfähig ist (Symbolbild: Getty Images)
In einem Labor wurde eine Gehirnzellkultur geschaffen, die offenbar lernfähig ist (Symbolbild: Getty Images)

800.000 Gehirnzellen haben Forscher des australischen Unternehmens Cortical Labs in ihren Laboren gezüchtet, gewonnen aus Stammzellen und teilweise aus Maus-Embryos. Daraus haben sie ein kleines Gehirn geschaffen, das seine Umwelt wahrnehmen und auf sie reagieren kann. Damit, so behaupten die Wissenschaftler in ihrer Publikation im Fachjournal Neuron, hätten sie das erste "fühlende Gehirn" im Labor gezüchtet.

Anders ließe sich die synthetische biologische Intelligenz (SBI) nicht beschreiben, die sie erschaffen hätten, wie Dr. Brett Kagan erklärt. Dies hätten sie geschafft, indem sie sich die berechnenden Fähigkeiten von Neuronen zunutze gemacht hätten - etwas, das es bisher nur in Sciene-Fiction-Geschichten gegeben hätte und jetzt auch für die reale Forschung möglich sei.

Labor-Gehirn spielt Computerspiele - erst mit, dann ohne Alkohol

Andere Forscher sehen das Ergebnis zwar als "aufregend", wie die BBC berichtet, sehen es jedoch als übertrieben, die Ansammlung an Gehirnzellen als fühlend oder denkend zu bezeichnen.

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Das Labor ist jedoch überzeugt, dass sein "Mini-Gehirn" nicht nur sensibel für seine Umwelt, sondern auch lernfähig ist. Um dies nachzuweisen, haben sie die Zellkulturen mittels elektrophysiologische Stimulation und Aufzeichnung in eine simulierte Spielwelt eingebettet und ihnen so eine simulierte Version von Pong spielen lassen - ein simples Computerspiel aus den 70er Jahren, das einem Tennisspiel nachempfunden ist.

Das Spiel Pong ist ein simples, dem Prinzip von Tennis nachempfundenes Spiel (Symbolbild: REUTERS/Wolfgang Rattay)
Das Spiel Pong ist ein simples, dem Prinzip von Tennis nachempfundenes Spiel (Symbolbild: REUTERS/Wolfgang Rattay)

Innerhalb von fünf Minuten Spielzeit hätte das Labor-Gehirn Pong erlernt, indem es mit jeder Runde besser auf das Verhalten des Balles reagierte. Dabei mache es zwar viele Fehler, wie die Forscher sagen, beherrsche das Spiel aber gut genug, um Zufall ausschließen zu können und auf einen echten Lernprozess hinzuweisen.

Als nächstes wollten Dr. Kagan und sein Team die Gehirnzellen alkoholisieren, um zu überprüfen, welchen Einfluss dies auf ihre Fähigkeiten haben würden, Pong zu spielen.

Ergebnisse womöglich bedeutsam für Alzheimer-Forschung

Derartige Mini-Gehirne sind in der Wissenschaft keine Neuheit. 2013 wurde eine derartige Zellkultur erstmal erschaffen, um Mikrozephalie zu erforschen. Seitdem werden diverse Gehirnerkrankungen mit derartigen laborgezüchteten Zellen untersucht.

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Das neueste Mini-Gehirn ist jedoch das erste, das mit einer externen Umwelt verbunden wird und mit dieser interagiert, in diesem Fall eben über ein Computerspiel. "Wenn die Menschen sich Gewebe in einer Petrischale ansehen, schauen sie bislang nur darauf, ob es neuronale Aktivität gibt oder nicht. Aber die Funktion von Gehirnzellen ist es, Informationen in Echtzeit zu verarbeiten", wird Dr. Kagan von der BBC zitiert. "Indem wir uns ihre wahre Funktion zunutze machen, können in viele mehr Forschungszweige vorgedrungen werden."

Im ersten Schritt soll das neue Mini-Hirn dazu dienen, Behandlungen für neurogenerative Krankheiten wie Alzheimer testen zu können.

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