Mit Folgen für Gäste - Gastronom klagt über Personalmangel: „So ist es, wenn keiner mehr arbeiten möchte“

Kleinunternehmer und Personalabteilungen klagen über Bewerberflaute.<span class="copyright">Getty Images/iStockphoto</span>
Kleinunternehmer und Personalabteilungen klagen über Bewerberflaute.Getty Images/iStockphoto

Fachkräftemangel in Deutschland stellt sowohl Kleinunternehmer als auch Personalabteilungen vor Herausforderungen durch einen Mangel an Bewerbern. Im Gespräch erzählt nun ein Gastronom von einem schlimmen Phänomen.

Fast 2,73 Millionen Menschen waren im Juni erwerbslos. Das waren 172.000 mehr als einen Monat zuvor. Für Beobachter ein beunruhigendes Zeichen, denn normalerweise sinkt die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland mit Beginn des Sommers.

Vor allem Gastronomie und Hotellerie sind in den Sommermonaten auf zusätzliche Hilfskräfte angewiesen. Hotels freuen sich über ausgebuchte Zimmer und Gaststätten über volle Biergärten. Dafür brauchen die Betriebe aber Aushilfskräfte – und diese stehen nicht unbedingt Schlange.

Bestes Beispiel ist die Konzertreihe von Musikstar Adele in München. Obwohl die Konzerte schon in wenigen Wochen beginnen, sucht ein Konzertbauer über Soziale Medien noch geeignete Mitarbeiter für den Auf- und Abbau der riesigen Konzertanlage. Erfahrungen im Umgang mit Gabelstaplern und in der Höhenarbeit seien von Vorteil, hieß es in einer Probebewerbung. Man kümmere sich sogar um die Unterkunft mit anderen Mitarbeitenden.

Reduzierte Öffnungszeiten & fehlende Zuverlässigkeit

Andre M., Gastronom in Merseburg, schimpft über das fehlende Interesse in seinem Betrieb zu arbeiten. Die Folge? In den Sommermonaten, wo einer der wichtigsten Umsätze der Branche generiert werden, muss er Öffnungszeiten reduzieren. Montag bis Mittwoch herrscht nun Ruhe. „So ist es, wenn keiner mehr arbeiten möchte“, schreibt der 46-Jährige. „Und die, die sich bewerben, kommen dann nicht einmal zum Vorstellungsgespräch.“

Es fehlt an Interesse. Das bestätigt auch Frank M., Chef eines Restaurants am Kölner Dom. „Die melden sich an und kommen dann einfach nicht! Diese Unzuverlässigkeit ist das Schlimmste bei der Suche nach Mitarbeitern.“ Und ein Wirt eines griechischen Lokals nahe dem Münchner Volkstheater sagt: „Es ist frustrierend. Besonders Kellner können jetzt viel Geld machen. Aber nur wenige haben Lust.“

Auch Reinhard M., Getränke-Manager mehrerer Sportbars aus München, berichtete kürzlich , dass er für seinen Biergarten in Schwabing Personal zur EM suche. 18 Euro die Stunde würde er zahlen. „Es haben sich Leute beworben, aber als sie hörten, dass sie nach dem Spiel auch noch beim Abbau helfen müssen, haben die meisten abgesagt.“ Mittlerweile hat der 36-Jährige Familienangehörige und Freunde mobilisiert. Damit konnte der Ansturm bei Deutschlandspielen bewältigt werden.

Warum die Gastronomie kein Personal findet

Als Hauptgrund für die schlechte Personalsituation nennen die meisten Betreiber die Corona-Krise. Entlassungen und Kurzarbeit schufen Unsicherheit, viele Fachkräfte wanderten in andere Branchen ab. Ein Viertel der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten wechselte im Jahr 2020 nach einer Branchenanalyse der gewerkschaftsnahen   Hans-Böckler-Stiftung die Branche und kam nicht wieder zurück.

Zudem sind die Jobs im Keller, in der Küche und im Service nicht besonders lukrativ. Neben langen Arbeitszeiten müssen viele Beschäftigte auch am Wochenende und spätabends Gäste bedienen. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband sieht in den hohen Anforderungen der Arbeitgeber an ihre Mitarbeiter, den steigenden Qualitätsansprüchen der Gäste und dem zunehmenden Wettbewerb weitere Hauptgründe für den wachsenden Mangel.

Durchschnittlich verdienen die fleißigen Servicekräfte in den Restaurants und Cafés Deutschlands je nach Betrieb, Arbeitsumfang, Spätzulagen und Arbeitzeiten zwischen 1650 Euro und 2300 Euro brutto im Monat. Im Schnitt liegt der Stundenlohn bei 12,79 Euro, so der Branchendienst WorkHero in einer Auswertung. Das ist kaum mehr als der durchschnittliche Mindestlohn (12,41 Euro).

Lange Arbeitszeiten, ständige Hektik und der tägliche Umgang mit anspruchsvollen Gästen verlangen Servicekräften alles ab. Doch trotzdem entscheiden sich viele Menschen für diesen Knochenjob, denn der Einstieg in die Gastronomie ist einfach, selbst ohne Berufserfahrung.