Kommentar: Donald Trump spricht wie die alten Nazis

Seine größte Waffe ist die Offenheit: Donald Trump verbirgt nichts. Was daran eigentlich abschrecken soll, wendet er ins Gegenteil. Mittlerweile spricht der Unternehmer von politischen Rivalen als Ungeziefer. Diese Sprache kennen wir. Und genau das will Trump. Der Ex-Präsident der USA und mögliche erneute Kandidat will ein anderes Land – seine eigene Diktatur.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Donald Trump bei seiner
Donald Trump bei seiner "Ungeziefer"-Rede am vergangenen Samstag in Claremont

Joe Biden ist schwer aus der Ruhe zu bringen. Der amtierende US-Präsident, von seinen Gegnern als „Sleepy Joe“ verspottet, setzt ganz auf Entspannung und Einheit. Doch was sein politischer Mitbewerber Donald Trump nun sagte, weckte selbst ihn und das gesamte Weiße Haus auf. Diese Sprache habe man „in den 30er Jahren in Nazi-Deutschland gehört“, sagte Biden bei einer Spendenveranstaltung am Dienstag in San Francisco.Er meinte damit Adolf Hitler und Benito Mussolini, die damaligen faschistischen Herrscher über Deutschland und Italien.

Doch worauf bezog sich Biden, was hatte Trump denn gesagt? Am Samstag zuvor war „The Don“ am Veteranentag aufgetreten und hatte eine Rede gehalten, die es in sich hatte. „Wir versprechen Ihnen, dass wir die Kommunisten, Marxisten, Faschisten und die linksradikalen Schläger ausrotten werden, die wie Ungeziefer in den Grenzen unseres Landes leben, die lügen, stehlen und Wahlen betrügen“, sagte er gegen Ende seiner Rede und wiederholte seine falschen Behauptungen, dass die Wahl 2020 gestohlen wurde. „Sie werden alles tun, ob legal oder illegal, um Amerika zu zerstören und den amerikanischen Traum zu zerstören.“

Oha. Der New Yorker tat damit starken Tobak in seine Pfeife. Erst einmal die Objekte: alles autoritäre bis totalitäre Ideologen. Damit konstruiert Trump einen Feind; wie realistisch diese „Gefahren“ sind, ist dabei egal. Hauptsache, er generiert damit Angst. Dann entwertet Trump diese „Gefahren“ mit der Verwendung des Tierbegriffs. Ihnen unterstellt er Nihilismus, reine Zerstörungsgier. Denn Trump denkt ja an sich, er inszeniert sich als Lichtgestalt: Bewahrer des Traums, des Landes – das ist sein Versprechen.

Da war doch was: Die Sprache von Hitler und Mussolini

Tatsächlich ist dies die Sprache der 30er und der 20er des vorigen Jahrhunderts. Mussolini und Hitler beschworen in ihren Reden Gefahren von innen, hoben Ängste hervor. Und dann versprachen sie ihren Zuhörern Freiheit. Nur um genau dies später ihnen wegzunehmen, aber so funktioniert der rechte Taschenspielertrick.

Denn wie hieß es weiter in Trumps Rede vom vergangenen Samstag: „Die Bedrohung durch äußere Kräfte ist weit weniger unheimlich, gefährlich und schwerwiegend als die Bedrohung von innen. Unsere Bedrohung kommt von innen. Denn wenn man einen fähigen, kompetenten, klugen und starken Führer hat, dann werden Russland, China und Nordkorea nicht mit uns spielen wollen.“

Gestus und Habitus eines
Gestus und Habitus eines "starken Führers"? Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in Florida am 8. November. (Bild: REUTERS/Octavio Jones)

Jo, natürlich hält sich Trump für einen klugen und starken Führer. Oder ihm ist alles egal, aber er weiß um die Notwendigkeit dieses Bildes von sich.

Trump entwirft ein schwarz-weißes Weltbild, es ist wie beim „Herr der Ringe“ von Tolkien. Man muss sich entscheiden. Zwar gibt es sie nicht, die Orks – sie sind sämtlich von Trump imaginiert, die „Kommunisten“, die „linksradikalen Schläger“ in den USA, aber Trump will ja etwas, und zwar die Wählerstimmen. Wozu?

Da ist erst einmal seine angestrebte Flucht vor den Gerichtsprozessen. Auch die baut er in seine Saga ein, indem er sich als Verfolgter darstellt, als Zielscheibe eines bösen Systems – die Orks von innen. Nur besagt hingegen die Wirklichkeit, dass dieses System lediglich seinen Job verrichtet; es kann ja nichts dafür, dass Trump so viel Zweifelhaftes produziert, welches von der Justiz untersucht werden muss.

Trumps Ziele werden immer klarer

Aber Trump will mehr. Er will ein anderes System. Dies verdeutlichte Steven Cheung, ein Sprecher der Trump-Kampagne, der auf die Kritik des Weißen Hauses an Trumps Rede gegenüber der „Washington Post“ sagte: „Diejenigen, die versuchen, diese lächerliche Behauptung aufzustellen, sind eindeutig Schneeflocken, die nach irgendetwas greifen, weil sie unter dem Trump-Derangement-Syndrom leiden, und ihre gesamte Existenz wird vernichtet werden, wenn Präsident Trump ins Weiße Haus zurückkehrt.“

Aha. Aus Ungeziefer werden Schneeflocken. Und gesamte Existenzen werden vernichtet. So spricht Trumps Umfeld. Und genau dies hat er vor. Sage niemand, Trump habe nicht die Welt vor sich gewarnt. Schon gibt es Berichte, nach denen Trump schon jetzt Personen benannt hat, gegen die er nach einem möglichen Wahlsieg und Wiedereinzug ins Weiße Haus ermitteln und die er strafrechtlich verfolgen will – unter anderem möglicherweise noch am ersten Tag seiner Amtszeit mit Hilfe des „Insurrection Act“ (Aufstandsgesetz), der es ihm erlauben würde, das Militär als Reaktion auf zivile Demonstrationen einzusetzen.

Trump ist sprachlich auf den Spuren von Hitler und Mussolini. Und faktisch wahrscheinlich auch.

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