Kurzarbeit bei Branchengrößen - Wärmepumpen-Absatz bricht ein – Viessmann-Chef: „Ist an Dramatik nicht zu überbieten“

Viessmann, einer der größten Wärmepumpenbauer des Landes.<span class="copyright">IMAGO/Manfred Segerer</span>
Viessmann, einer der größten Wärmepumpenbauer des Landes.IMAGO/Manfred Segerer

Ausgerechnet bei Viessmann, wo vor anderthalb Jahren der Wärmepumpen-Bereich spektakulär verkauft wurde, herrscht jetzt Kurzarbeit. Der Ex-Chef ist fassungslos. Er wirft Politik und Medien Polarisierung und Populismus vor. Der zuständige Minister Robert Habeck ist bereits zurückgerudert: Das Ganze sei ja nur ein Test gewesen, sagte er.

Rolle rückwärts bei der Energiewende im Gebäudebereich: Die Hausbesitzer machen nicht mehr mit. Aus dem Umstieg auf klimafreundliche Heizsysteme samt energetischer Sanierung ist ein Rückwärtsgang geworden. Ausgerechnet Ölheizungen boomen, und von einer Gebäudehülle, die Wärme und Kälte gleichermaßen dämmt, will kaum noch jemand etwas wissen.

Das geht aus den jüngsten Meldungen der Heizungsbauer und Gebäudesanierer hervor. Die dramatischste Meldung: Ausgerechnet der Heizungshersteller Viessmann meldet Kurzarbeit an. In den Viessmann-Werken im hessischen Allendorf, die seit dem spektakulären Verkauf Anfang vergangenen Jahres zum US-Konzern Carrier gehören und unter dem Namen Viessmann Climate Solution firmieren, muss seit dieser Woche ein Teil der 4000 Mitarbeiter kurzarbeiten, wie ein Sprecher gegenüber dieser Redaktion bestätigte. Die Maßnahme betrifft sowohl die eigentlichen Heizungsbauer als auch den Verwaltungsbereich und ist zunächst bis Ende August geplant. Viessmann selbst ist seit dem Verkauf mit sieben Prozent an dem US-Unternehmen beteiligt, beide Seiten hatten sich von dem Deal mehr versprochen, als sich nun in den ersten anderthalb Jahren abzeichnet.
Die Hintergründe zum Viessmann-Deal mit Carrier sehen Sie im Video.

Andere Branchengrößen haben bereits Kurzarbeit angemeldet

Neben Viessmann haben auch andere Branchengrößen wie Vaillant und Stiebel Eltron bereits Kurzarbeit anmelden müssen. Vor anderthalb Jahren hatten alle noch auf den gegenteiligen Trend gesetzt und investiert oder eben wie das Familienunternehmen Viessmann, den Bereich, der auch aus Investorensicht voller Hoffnungen steckte, teuer verkauft. Bei den Hessen kam Carrier Global mit dem Argument zum Zug, dass die Amerikaner viel Erfahrung in der Produktion hoher Stückzahlen haben und man genau das ja jetzt brauche.

Doch dann kam es anders. Der Wirtschaftswoche sagte Max Viessmann dazu vor wenigen Wochen: „Was rund um die Wärmepumpe passiert ist, ist an Dramatik nicht zu überbieten. Eine Technologie, die nachweislich effizienter ist und Vorteile hat, wurde kaputt geredet. Was an Mythen verbreitet wurde, an Polarisierung und Populismus stattgefunden hat, hat mich fassungslos gemacht.“

Im ersten Quartal fast ein Drittel weniger Anlagen verkauft

Viessmanns Fassungslosigkeit beruht auf Zahlen, die den Heizungsbauern sozusagen den kalten Schauer über den Rücken laufen lassen: Sie haben in den ersten drei Monaten 2024 in Deutschland fast ein Drittel weniger Anlagen verkauft als noch vor einem Jahr. Der Absatz sei um 29 Prozent auf 217.500 Anlagen zurückgegangen, teilte der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) mit. Allein der Absatz von Wärmepumpen brach um mehr als die Hälfte (minus 52 Prozent) ein, der von Biomasse-Anlagen sogar um 81 Prozent. Bei den Gasheizungen lag das Minus bei 17 Prozent. Allein Ölheizungen, die emissionsintensivste Alternative, legten zu – und zwar gleich um 27 Prozent auf 27.500 Anlagen.

Von den erhofften 500.000 Wärmepumpen pro Jahr, die der grüne Bundesklimaminister Robert Habeck als Ziel für die Branche ausgegeben hatte, bleiben nach aktuellen Schätzungen gerade mal 200.000 übrig – wenn es hochkommt. Bei einem Bürgergespräch hatte Habeck jüngst selbst eingeräumt, dass er mit seinen Maßnahmen zum Heizgesetz über das Ziel hinausgeschossen sei.

„Ich bin zu weit gegangen“, sagte Habeck

Der Gegendruck zum Gesetz sei sofort dagewesen, so der Vizekanzler weiter. „Die Debatte um das Gebäudeenergiegesetz, also wie heizen wir in Zukunft, war ja auch ehrlicherweise ein Test, wie weit die Gesellschaft bereit ist, Klimaschutz – wenn er konkret wird – zu tragen.“ Bei Habecks Test sind nun die Heizungsbauer auf der Strecke geblieben, die angesichts einer undurchsichtigen politischen Debatte und Fördergeld, das noch immer auf sich warten lässt, immer weniger Aufträge bekommen.

Aber nicht nur sie sind die Leidtragenden. Der Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle, in dem sich die Hersteller von Bauprodukten zusammengeschlossen haben, die für die energetische Sanierungen von Häusern verantwortlich sind, hat in einer aktuellen Umfrage herausgefunden, dass die verhältnismäßig meisten Befragten (36,3 Prozent) meinen, es sei nicht notwendig noch weiter CO2-Emissionen einzusparen. „Die Angst vor Veränderungen und dem Verlust von Wohlstand sind offenkundig größer als das Interesse am Klimaschutz“, sagt Jan Peter Hinrichs, Geschäftsführer des Bundesverbands und fügt hinzu: „Bei den wichtigen Projekten wie der energetischen Sanierung des Gebäudebestands steckt schon länger viel Sand im Getriebe.“