Linke: «Pakt der Solidarität» gegen den «Zerfall» Europas

Berlin/Brüssel (dpa) - Ein gutes halbes Jahr vor der Europawahl warnt der Linken-Vorsitzende Martin Schirdewan vor einem «Zerfall» Europas und sucht Partner für einen drastischen Kurswechsel. Dies geht aus einem Thesenpapier für einen «Pakt der Solidarität» hervor, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Konkret will die Linke auf europäischer Ebene unter anderem Preisdeckel für Energie und Grundnahrungsmittel sowie die Entmachtung privater Krankenhaus-, Pflege und Wohnungskonzerne durchsetzen.

Die Europawahl ist Anfang Juni 2024. Schirdewan ist auch Co-Fraktionschef der Linken im Europaparlament und bewirbt sich kommendes Wochenende bei einem Parteitag erneut als Spitzenkandidat. Die Aussichten seiner Partei sind unklar, zumal die ehemalige Linke Sahra Wagenknecht mit einem Konkurrenzprojekt antreten will. Insgesamt sind europaweit eher rechte und rechtsextreme Parteien im Aufschwung.

Abkehr von Schuldenbremsen

Der Linken-Chef wirbt für eine «Kehrtwende» hin zu einer «demokratischen und sozialen EU, die sich strategisch unabhängig von der Blockkonfrontation und gefährlichem Rüstungswettlauf macht». Wie auch in Deutschland will die Linke eine Abkehr von Schuldenbremsen und viel mehr öffentliche Investitionen in Klimaschutz, öffentlichen Verkehr und Bildung. Geld dafür soll unter anderem aus einer europaweiten Mindeststeuer von 25 Prozent auf Unternehmen sowie höhere Steuern auf privaten Reichtum und Übergewinne kommen.

Ein Verbot von Spekulationen mit Nahrungsmitteln und ein Preisdeckel soll Essen billiger machen. Die öffentliche Hand soll wieder Kontrolle über Kliniken und Pflegeheime übernehmen, Wohnungen vermehrt von Kommunen übernommen werden, um die Mieten zu kappen.
«Wir wollen Immobilienfonds und -konzernen den Boden entziehen», schreibt Schirdewan. Solche Fonds sollen die Börsenzulassung verlieren. Außerdem werden Verbote von Zwangsräumungen sowie von Strom- und Gassperren vorgeschlagen.

Wie und mit weg der Sieben-Punkte-Plan durchgesetzt werden könnte, ist unklar. Bei Gesetzgebung auf europäischer Ebene sind in der Regel EU-Kommission, Parlament und der Rat der EU-Länder beteiligt. Stand jetzt ist in keiner der Institutionen ausreichend Rückhalt erkennbar.