LNG: Wie wird Erdgas eigentlich flüssig?

Deutschland will sich mit der Nutzung von Flüssiggas (LNG) aus der Abhängigkeit russischen Öls befreien. Doch wie bringt man Erdgas eigentlich in einen flüssigen Zustand?

Das knapp 300 Meter lange  Spezialschiff
Das knapp 300 Meter lange Spezialschiff "Höegh Esperanza“ ist das Herzstück des neuen LNG-Terminals in Wilhelmshaven. (Bild: Reuters)

Am Samstag wurde in Wilhelmshaven, im Beisein von Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesfinanzminister Christian Lindner der erste von sechs geplanten LNG-Terminals in Betrieb genommen. LNG steht für Liquefied Natural Gas, also verflüssigtes Erdgas. Doch wie wird Erdgas eigentlich in flüssige Form gebracht?

Will man ein Gas, ganz gleich welches, verflüssigen, gibt es zwei Möglichkeiten, dies zu tun: Die eine ist Druck, die andere Temperatur. Bei der Verflüssigung von Erdgas setzt man auf die Methode des Abkühlens.

Um Gas zu verflüssigen, wird es extrem abgekühlt

Will man Erdgas abkühlen, muss dieses zunächst gereinigt werden, denn bei Erdgas, welches aus der Erde kommt, handelt es sich nicht um reines Methan, sondern um ein Gemisch verschiedener Substanzen wie CO2, Schwefel, Stickstoff, längere Kohlenstoffketten und schlussendlich auch Wasser. Würde man diese Stoffe vor dem Herunterkühlen nicht entfernen, würden diese dabei einfrieren.

Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundesfinanzminister Christian und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (v.l.n.r.) bei der Inbetriebnahme des neuen LNG-Terminals. (Bild: Reuters)
Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundesfinanzminister Christian und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (v.l.n.r.) bei der Inbetriebnahme des neuen LNG-Terminals. (Bild: Reuters)

Um dies zu verhindern, wird das natürliche Erdgas zunächst mittels unterschiedlicher Trennungsverfahren von den eben erwähnten Stoffen gereinigt. So lässt man das Erdgas z.B. durch eine wässrige Lösung strömen. Bei diesem Vorgang werden die schweren, unerwünschten Partikel von der Lösung aufgenommen. Am Ende dieses Verfahrens besteht das Gas zu 98 % aus Methan, dem einfachsten organischen Gas, welches in der Natur vorkommt.

In einem nächsten Schritt wird das gereinigte Gas auf -162 °C heruntergekühlt, denn bei dieser Temperatur geht das Erdgas in den flüssigen Aggregatszustand über. Das bietet den Vorteil, dass das Gas weit weniger Platz benötigt, denn in flüssiger Form ist das Volumen 600 Mal geringer als im gasförmigen Zustand. Doch wie kühlt man das Gas auf solch eine tiefe Temperatur herunter?

Flüssiggas braucht 600 Mal weniger Platz

Zum Abkühlen des Erdgases nutzt man zwei grundlegende Eigenschaften: Presst man Gas zusammen, dann erwärmt sich es. Wer schon mal einen Fahrradreifen aufgepumpt hat, wird vielleicht bemerkt haben, wie Reifen und Pumpe wärmer werden. Dehnt sich ein Gas aus, dann kühlt es sich ab, sofern es dabei nicht wieder Wärme von außen aufnimmt.

Um Erdgas abzukühlen geht man daher wie folgt vor: Zunächst wird das Gas zusammengepresst, dann abgekühlt, danach lässt man es sich ausdehnen, wodurch es sich noch weiter abkühlt. Diesen Vorgang nimmt man in großen, schlanken zylinderförmigen Behältern vor. Er wird so oft wiederholt, bis das Erdgas sich soweit heruntergekühlt hat, dass es sich verflüssigt.

Ist das Gas flüssig, kann man es in Lagertanks oder Tankschiffe pumpen. Die dafür verwendeten Tanks müssen allerdings thermisch isoliert sein, damit das Flüssiggas weiter kalt bleibt.

Vor- und Nachteile von LNG

Der Vorteil von Flüssiggas ist, dass für den Ferntransport keine Pipelines notwendig sind. Man kann LNG relativ flexibel auf Schiffen (wie z.B. nun nach Wilhelmshaven) oder mit Güterzügen transportieren.

LNG hat allerdings auch einen großen Nachteil, denn der Vorgang des Verflüssigens ist mit einem hohen Energieverbrauch verbunden. So geht etwa ein Viertel der Energie, die im Gas steckt, für den Abkühlungsprozess drauf. Aus diesem Grund lohnt sich die Verflüssigung von Erdgas nur dort, wo Pipelines nicht infrage kommen oder das Flüssiggas über mehrere tausend Kilometer transportiert werden muss.

Vor Ort muss das flüssige Erdgas wieder in den gasförmigen Zustand umgewandelt und in das Gasnetz eingespeist werden. Bei dem nun in Wilhelmshaven eröffneten LNG-Terminal wird diese wichtige Aufgabe vom knapp 300 Meter langen Spezialschiff "Höegh Esperanza“ übernommen, dem Herzstück der neuen Anlage in Norddeutschland.

Umweltschützer kritisieren dabei, dass auf der "Höegh Esperanza“ Chlor verwendet wird, um die Rohre frei zu halten und das pro Jahr etwa 35 Tonnen ungeklärtes und mit Chlor versetztes Abwasser in die Jade geleitet werden. Dabei fürchten sie Schäden für das Wattenmeer und verweisen darauf, dass es auch chemiefreie Reinigungsverfahren für die Rohre gäbe.

Am Freitag gab es vom Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz grünes Licht für die Inbetriebnahme LNG-Terminals, verbunden mit der Erlaubnis, dass Abwasser in die Jade geleitet werden darf. Dagegen kündigte die Deutsche Umwelthilfe am Samstag rechtliche Schritte an.

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