Meister Evers lässt im Radiomuseum die Seele baumeln

Sonnenschein, Picknickwetter, ideal, um am Strand oder im Park zu faulenzen. Dazu gehört auch ein bisschen Musik. Wer glaubt, das gehe nur mit einem modernen Smartphone oder MP3-Player, sollte mal ins private Radiomuseum von Rudi Evers im emsländischen Papenburg gehen.

Der 72-Jährige klappt einen Papptrichter auf, kurbelt ein wenig am winzig kleinen tragbaren Guiniphone, schiebt mit einem hörbaren «Klack» einen Hebel zur Seite - die Schellackplatte rotiert auf dem Plattenteller. Evers setzt den Tonarm auf, es rauscht, es knistert. Dann die Musik: «Wozu ist die Straße da, zum Marschieren» - ein sehr junger Heinz Rühmann trällert seinen Hit aus den 30er Jahren.

Die niedrigen Räume in dem Papenburger Haus quellen förmlich über vor Walzengeräten, Grammophonen, Röhren- und Transistorradios, die vom späten 19. Jahrhundert bis in die 70er Jahre reichen. «Ich weiß nicht, wie viele es sind», sagt Evers. Er habe aufgehört zu zählen. 3000 Geräte könnten es bestimmt sein. Der Malermeister, dessen Familie sechs Tapeten- und Teppichmärkte betreibt, ist jeden Tag für zwei Stunden in seinem Reich. «Hier kann ich die Seele baumeln lassen», sagt er.

Mit kindlicher Freude geht er durch die Sammlung. «Ist das nicht fantastisch? Und das alles ohne Strom.» Er kurbelt an einem alten Edison-Phonographen. Das Gerät spielt keine Platten ab, sondern sich drehende Walzen. Wieder knistert und rauscht es - dann spielt ein Orchester, und ein Bariton ertönt: «What a friend we have in Jesus.» Auf der Seite der Walze befindet sich ein Datumsstempel: 29. Juli 1902. Sich der Faszination einer Musikkonserve zu entziehen, die vor mehr als 100 Jahren eingespielt und eingesungen wurde, ist in der Tat kaum möglich.

Als junger Mensch wollte Evers sehr gerne Radiotechniker werden. Es gab aber keine Lehrstelle. «Also habe ich das getan, was auch mein Vater getan hat, ich habe eine Malerlehre gemacht.» Mit seinem Leben hadert er aber nicht. «Der Malerberuf ist wunderschön, so kreativ. Und man hat viel mit Menschen zu tun.» Deshalb arbeitet er auch noch in seinem Unternehmen. Länger als zwei Stunden täglich wolle er nicht in seinem Museum sein: «Da wird man ja irgendwann selber museal.»

Allerlei Kurioses beherbergt die Sammlung. Etwa ein Lampophone, ein Grammophon, das aussieht wie eine Stehlampe aus Urgroßmutters Wohnzimmer. Oder ein Grammophon der französischen Brüder Pathé, die versuchten, mit einem eigenwilligen Patent auf dem Markt Fuß zu fassen. Dazu gehört unter anderem, dass der Tonarm die Platte nicht von außen nach innen, sondern von innen nach außen abtastet.

Neben prachtvollen Luxusradios aus den 30er Jahren stehen auch Volksempfänger aus Nazi-Deutschland, darunter auch die berüchtigte «Goebbels-Schnauze». Daneben hat Evers auch Nachbauten von ganz einfachen Radio-Empfängern gestellt, die Kriegsgefangene in den Lagern aus alten Büchsen und anderem Abfall gebastelt hatten. Gut 80 Prozent der Geräte funktionieren, sagt Evers. Die Radios sind auf den Sender NDR 1 eingestellt.

Allmählich stelle sich die Frage, wie es mit der Sammlung weitergehen soll, sagt Evers. «Man müsste das alles einmal inventarisieren.» Er will die Exponate für die Zukunft sichern, sein Museum professioneller machen. Die Stadt Papenburg will dabei helfen. So gibt es einen Kontakt zum Museumsverband Niedersachsen und Bremen. Dessen Vorsitzender Friedrich Scheele hat sich die Sammlung bereits angesehen und Evers beraten.