Nord-Ostsee-Kanal für Großschiffe gesperrt

Wegen altersschwacher Schleusen ist der international bedeutsame Nord-Ostsee-Kanal (NOK) für rund zweieinhalb Wochen für größere Schiffe unpassierbar. Wie die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) in Kiel mitteilte, erzeugen die Holzkufen der zwei Großschleusen in Brunsbüttel durch "Abnutzung" inzwischen so viel Reibung, dass die Antriebe sie nicht mehr bewegen können. Beide müssen für eine Reparatur gesperrt werden.

Bis Donnerstag um Mitternacht würden die Großschleusen noch im Notbetrieb per Hand bedient, dann sei eine Einfahrt in den Kanal in Brunsbüttel für große Schiffe bis zum Ende der Reparatur nicht mehr möglich, teilte die WSV mit. Auch eine der beiden kleineren Parallel-Schleusenkammern in Brunsbüttel sei wegen eines Schadens vorübergehend gesperrt, so dass dann insgesamt nur eine Kammer verfügbar sei. Sie reicht aber nur für Schiffe bis 125 Meter Länge und 6,50 Meter Tiefgang.

Norddeutsche Politiker und Wirtschaftsvertreter reagierten empört. Der NOK ist der meistbefahrene Seeschifffahrts-Kanal der Welt. Über seinen Ausbau- und Renovierungsbedarf streiten Bund und norddeutsche Länder schon seit längerem. Reparaturen an den alten Schleusen führten zuletzt häufiger zu Behinderungen. Als eine internationale Schifffahrtsstraße wird der Kanal vom Bund verwaltet.

Der Kanal verläuft von Brunsbüttel nach Kiel durch Schleswig-Holstein und verkürzt den Seeweg zwischen der boomenden Ostsee-Region und der Nordsee. Er ist insbesondere auch für den Warenverkehr von und nach Hamburg wichtig, das eine bedeutende Drehscheibenfunktion im nordeuropäischen Seeverkehr einnimmt.

Im vergangenen Jahr befuhren den NOK knapp 35.000 Schiffe, das waren fast doppelt so viele wie den Suez-Kanal (rund 17.000) und mehr als doppelt so viele wie den Panama-Kanal (etwa 14.500). In Sachen Gesamt-Schiffstonnage und Fracht liegt der NOK aber klar hinter diesen. Relativ viel Verkehr auf ihm entfällt auf kleinere Zuliefer-Schiffe, die etwa Container von und nach Hamburg bringen.

Schleswig-Holsteins SPD-Chef Ralf Stegner sprach von einem "skandalösen Vorgang", für den Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) die Verantwortung trage. Der CDU-Fraktionschef Johannes Callsen und der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU im Landtag, Jens-Christian Magnussen, erklärten: "Für den Schiffsverkehr in Nordeuropa ist das eine ebenso große Katastrophe wie für Deutschlands Ruf als Industrienation in der Welt." Der Präses der Hamburger Handelskammer, Fritz Horst Melsheimer, warnte, die Schleusen-Stilllegung störe den zeitlich eng getakteten Warentransport über den Hamburger Hafen "massiv".

Im Streit um die NOK-Sanierung wirft die Kieler Koalition aus SPD, Grünen und SSW der schwarz-gelben Bundesregierung vor, Planungen verschleppt und Mittel gestrichen zu haben. Sie habe den Ansatz für den NOK für 2013 von 60 Millionen Euro auf elf Millionen Euro gekürzt, erklärte Stegner. Die CDU-Politiker Callsen und Magnussen forderten eine "parteiübergreifende Allianz" für den NOK.

Für das Bundesverkehrsministerium wies der Parlamentarische Staatssekretär Enak Ferlemann (CDU) die Kritik an Ramsauer zurück und machte stattdessen einen "zu geringen Mitteleinsatz" während elf Jahren SPD-Verkehrspolitik für die Lage verantwortlich. Das Ministerium prüfe, ob zusätzliche Maßnahmen nötig seien.