Opposition ist kein Mist, es sei denn, man heißt Angela Merkel

CDU-Chefin Angela Merkel und ihre Unterstützer wie Armin Laschet feiern mit ihrem liberalen Mitte-Kurs Erfolge (Bild: dpa)
CDU-Chefin Angela Merkel und ihre Unterstützer wie Armin Laschet feiern mit ihrem liberalen Mitte-Kurs Erfolge (Bild: dpa)

In NRW erreicht der Schulz-Zug ein Abstellgleis. Die SPD muss sich jetzt neu erfinden – und die Union einfach nur Kurs halten.

Ein Kommentar von Jan Rübel


Von Franz Müntefering stammt der Satz, Opposition sei Mist, damit bewarb er sich in den Nullerjahren um den SPD-Vorsitz, nicht lange vor dem Eintritt in die Große Koalition mit der Union und die seit gefühlten Lichtjahren andauernde Kanzlerschaft Angela Merkels. Müntefering lag mit seiner Einschätzung recht daneben, heute gilt: Opposition ist kein Mist, es sei denn, man heißt Angela Merkel. Denn die macht der SPD vor, was Amtsbonus heißt; in Zeiten des globalen Umbruchs braucht es Politiker des Vertrauens, und offenbar sehen nicht wenige Wähler in Merkel solch eine Politikerin; Thorsten Albig in Kiel und Hannelore Kraft in Düsseldorf dagegen verloren kurz vorm Ziel rasant an Ansehen, während Merkels Anhänger auch in der CDU, Annegret Kramp-Karrenbauer im Saarland und Armin Laschet in NRW, sich durchsetzten. Damit bestätigen sie Merkels Kurs, die CDU weiter in die Mitte zu manövrieren, den rechten Rand der AfD zu hinterlassen und sich selbst zu liberalisieren.

Kommentar: Wie Hochmut die SPD in Schleswig-Holstein zu Fall brachte

Opposition ist kein Mist, denn die Menschen wollen offenbar ein wenig Protest gegen die herrschenden Verhältnisse, ein bisschen aufmucken, aber nicht unbedingt einen Wandel. Albig und Kraft wirkten irgendwann abgewirtschaftet, ohne Visionen und Ideen bei drängenden Fragen wie Bildung und Sicherheit. Sie wirkten nicht mehr wie Typen.

Revolution, Baby!

Dies sorgte für den Aufstieg der FDP, sie behauptet sich nun als unabhängige Kraft, die sich als Korrektiv präsentiert – auch gern in der Opposition. Ein Hauch von Jack Sparrow ist angesagt in deutschen Politik, wer als Haudegen daherkommt wie Robert Habeck von den Grünen in Schleswig-Holstein, der gewinnt. Wer zaudernd und einfach bourgeois ohne Ausstrahlung meint eine Poleposition innehaben zu können wie Katrin Göring-Eckardt bei den Grünen im Bund, der ist vielleicht gut auf einem Kirchentag aufgehoben, nicht aber im Wahlkampf. Dass die AfD auch in diesen Landtag einzieht, verdankt sie zu einem Gutteil ihrem Raubeinigen und Ruppigen. Sie ist so etwas wie Aufstand light. Und sie hat damit Erfolg. Dass Medien der AfD ihre 5,9 Prozent in Schleswig-Holstein als Misserfolg auslegten, ist Realitätsverweigerung. Eine Partei, die in einem Bundesland erstmals antritt und die Fünf-Prozent-Hürde überspringt, ist erfolgreich. Als den Grünen Anfang der Achtziger ähnliches gelang, schrieb man in den Medien anders darüber.

Der Ruch des Aufständlers umweht tatsächlich auch noch Martin Schulz. Der Spitzenkandidat der SPD entfachte einen Wirbel um sich, weil man ihn als neu wahrnahm, eben eine Art Freibeuter von der Pirateninsel Tortuga, obwohl er nur aus Straßburg kommt. Doch das allein reicht nicht. Viel Zeit hat Schulz nicht mehr, um seine SPD neu zu erfinden. Er kann in seinem Kostüm bleiben, aber die Partei um ihn herum muss endlich Form annehmen. Sie muss für etwas stehen und auch dafür einstehen. Bis dato verbindet der Wähler mit der SPD… ja, was eigentlich?

Entschleunigung will gelernt sein

All diese Probleme hat die CDU nicht. Merkel wirkt wie ein Fels in der Brandung Trumpscher Stoßwellen. Korrespondenten aus aller Welt interessierten sich plötzlich für die Landtagswahl in NRW, ein Novum. Sie wollten miterleben, wie sich Merkel schlägt. Sie muss sich nicht neu erfinden, sie braucht nur Kurs zu halten. Und letztlich ist ihr Triumph eine schallende Ohrfeige für die CSU, die mit ihrer Meuterei gegen die Regierungspolitik der Aufnahme von Geflüchteten zwar recht piratesk aussah, aber sie ernsthaft zu beschädigen versuchte. Damit sind die Christsozialen gescheitert. Merkels Politik wurde in den zurückliegenden drei Landtagswahlen nicht angemahnt, und die CSU hätte diese Erfolgsstory beinahe vermasselt.

Kommentar: Mittermeier und Naidoo sind ein echtes Dreamteam

Für die kommenden Monate bis zur Bundestagswahl im Herbst ist das Drehbuch also schon geschrieben. Schulz wird an seine Mannschaft Rum verteilen, ihnen einheizen und richtig rebellisch brüllen. Er wird Papiere aus dem Rock ziehen und fordern und versprechen, eine Mischung aus Robin Hood und Messias. Merkel dagegen wird währenddessen den internationalen Verkehr lenken und hier und da mit einer Trillerpfeife Einhalt gebieten. Es ist ein bisschen wie beim Märchen vom Hasen und Igel. Aber das ist ja nur eine Geschichte.

Sehen Sie auch: Schwesig vergleicht nach NRW-Wahl CDU mit AfD