US-Küstenwache spricht weiter von Rettungsmission für Tauchboot

Auch nach dem berechneten Ende des Sauerstoffvorrats auf dem Tauchboot "Titan" hoffen die Suchmannschaften weiter darauf, die fünf Menschen an Bord lebend zu finden.

Die Vermissten im Tauchboot
Die Vermissten im Tauchboot "Titan" brauchen ein Wunder. (Bild: dpa)

"Es ist immer noch eine aktive Such- und Rettungsmission", sagte der Chef der Küstenwache im Nordosten der USA, John Mauger, am Donnerstag dem britischen Sender Sky News. Es werde moderne Ausrüstung wie ferngesteuerte Tauchroboter genutzt. "Die Bedingungen für Suche und Rettung sind derzeit günstig, wir nutzen das Wetterfenster optimal." Mauger betonte: "Wir bleiben an diesem Punkt hoffnungsvoll."

Experte: Tauchboot müsste für Sauerstoff-Versorgung an die Oberfläche

Selbst wenn das vermisste Tauchboot bald gefunden würde, kann es unter Wasser allerdings nicht mit frischem Sauerstoff versorgt werden. "In dieser Tiefe gibt es wirklich keine Möglichkeit, Sauerstoff hineinzubekommen", sagte der Meeresforscher Tom Dettweiler dem US-Sender CNN. "Es gibt keine Öffnung oder ähnliches, durch die Sauerstoff eindringen könnte."

Zeichnung und Angaben zum vermissten U-Boot. (Grafik: A. Brühl, Redaktion: D.Loesche/B. Jütte)
Zeichnung und Angaben zum vermissten U-Boot. (Grafik: A. Brühl, Redaktion: D. Loesche/B. Jütte)

Die einzige Lösung wäre, die "Titan" so schnell wie möglich nach oben zu bringen, die Luke zu öffnen und zu den Menschen zu gelangen, betonte Dettweiler, der 1985 an der Suche und dem Fund des "Titanic"-Wracks beteiligt war.

Das Tauchboot aus großer Tiefe an die Oberfläche zu bringen, würde aber vermutlich mehrere Stunden dauern, betonte der Forscher. "Es ist einfach so, dass wir es mit einer großen Entfernung und schwierigen Bedingungen zu tun haben", so Dettweiler.

Konzentration auf die gestern vernommenen Geräusche

Die Rettungstrupps unter Führung der US-Küstenwache verstärkten ihre Anstrengungen gestern (Ortszeit) erneut und konzentrierten sich auf ein Gebiet, aus dem zuvor Geräusche aufgenommen wurden.

Die Laute, die am Dienstagabend und gestern Morgen registriert wurden, hatten Hoffnungen geschürt, das Tauchboot mit den Insassen zu finden. Die Geräusche sollen einem internen Memo der US-Regierung zufolge in regelmäßigen Abständen aufgetaucht sein - doch sie ließen sich laut Such-Koordinator Jamie Frederick zunächst keinen Menschen zuordnen: "Wir wissen nicht, was das ist."

Die Töne, die als Klopfen interpretiert wurden, könnten einem US-Experten zufolge viele Ursachen haben. "Aus meiner Erfahrung mit der Akustik kann ich Ihnen sagen, dass es Geräusche von biologischen Stoffen gibt, die für das ungeübte Ohr von Menschen gemacht klingen", sagte Carl Hartsfield vom Oceanographic Systems Laboratory. Auch könnten sie von Schiffen in dem Suchgebiet stammten.

Laut David Marquet, einem pensionierten Kapitän der US-Marine, sind die Aufzeichnungen aber zumindest ein Grund zur Hoffnung. Regelmäßiges Klopfen sei genau die Art von Lauten, die die Insassen machen würden, um zu signalisieren, dass sie noch leben, sagte er der BBC.

Zahlreiche Schiffe entsandt

Karte mit Verortung des Wracks der Titanic. (Grafik: P. Massow; Redaktion: B. Jütte)
Karte mit Verortung des Wracks der Titanic. (Grafik: P. Massow; Redaktion: B. Jütte)

Das Tauchboot wird seit Sonntagvormittag (Ortszeit) vermisst. Die "Titan" war mit fünf Menschen an Bord auf dem Weg zum Wrack des 1912 gesunkenen Luxusdampfers. Das "Titanic"-Wrack liegt in rund 3800 Metern Tiefe. Etwa eine Stunde und 45 Minuten nach Beginn des Tauchgangs riss der Kontakt zum Mutterschiff "Polar Prince" ab.

Die Suche aus der Luft und mit Schiffen wurde indes weiter verstärkt. Ein französisches Spezialschiff mit einem Tauchroboter an Bord wurde in der Nacht zum heutigen Donnerstag (MESZ) vor Ort erwartet. Auch die kanadische "HMCS Glace Bay", die eine Dekompressionskammer und medizinisches Personal an Bord hat, war unterwegs in das riesige Suchgebiet. Verunglückte Taucher müssen nach der Rettung schnell in eine solche Kammer, um bleibende Schäden zu verhindern. Die US-Navy schickte das Schiffshebesystem "Fadoss".

Auf der Suche nach dem verschollenen Tauchboot erforschen die Rettungskräfte nun den Meeresboden. Ein Tauchgefährt des kanadischen Schiffs "Horizon Arctic" habe den Grund des Atlantiks erreicht, teilte die US-Küstenwache am Donnerstagmorgen (Ortszeit) mit. Auch ein ferngesteuertes Gefährt des französischen Forschungsschiffs "L'Atalante" werde für den Einsatz in großer Tiefe vorbereitet. Das Schiff verfügt mit dem Tauchroboter "Victor 6000" über ein Gerät, das ferngesteuert in der Tiefsee bis zu einer Tiefe von 6000 Metern arbeiten kann.

Zunächst habe die "Atalante" einen Mehrstrahl-Echolot eingesetzt, um eine feinere Kartographie der Landschaft zu erhalten und um einen effizienteren Tauchgang von "Victor 6000" zu ermöglichen, teilte das Forschungsinstitut Ifremer mit, wie der Sender BFMTV berichtete. Mit dem Echolot sei es jedoch nicht möglich, das vermisste Tauchboot zu lokalisieren. Inzwischen habe der Tauchgang des Roboters begonnen.

"Monsieur Titanic" an Bord

An Bord der "Titan" befindet sich auch der Forscher Paul-Henri Nargeolet (77). Der als "Monsieur Titanic" bekannte Franzose gilt als einer der führenden Experten für das Wrack des Luxusliners. Weitere Insassen sind der britische Abenteurer Hamish Harding (58), der mehrere Guinness-Weltrekorde hält, sowie der britisch-pakistanische Unternehmensberater Shahzada Dawood (48) und dessen 19-jähriger Sohn Suleman. Der fünfte Vermisste ist der Chef der Betreiberfirma Oceangate, Stockton Rush (61), der das Boot steuerte.

Familie von britischem "Titan"-Passagier macht Betreiber Vorwürfe

Die Familie des britischen Abenteurers Harding hat dem Betreiber des Tauchboots schwere Vorwürfe gemacht. Das Unternehmen Oceangate Expeditions habe die Küstenwache viel zu spät alarmiert, sagte Hardings Cousine Kathleen Cosnett der Zeitung "Telegraph" (Online) am Donnerstag. "Es ist sehr beängstigend. Es hat so lange gedauert, um die Rettungsmission zu beginnen, es war viel zu lange", sagte die 69-Jährige. "Ich hätte gedacht, dass drei Stunden das absolute Minimum wären."

Hardings Patensohn Robert Evans sagte, die Familie sei am späten Sonntagabend informiert worden. Daraufhin habe die Familie sofort versucht, Hilfe zu mobilisieren und habe etwa das britische Außenministerium sofort benachrichtigt.

"Für mich ist Hamish ein unglaublicher Mann", sagte Evans. Der Geschäftsmann habe ihn schon als Kind auf Abenteuer mitgenommen, zum Skifahren oder Tauchen und zu entfernten Zielen wie der Inka-Stadt Machu Picchu in Peru. "Er ist wie ein Vater für mich. Ein zweiter Vater sozusagen", sagte Evans. Er betonte: "Wir behalten die Hoffnung. Wir befinden uns noch immer mitten in einer Rettungsmission."

"Wissen Sie, irgendwann ist Sicherheit reine Verschwendung"

An der Sicherheit der "Titan" waren zuletzt zunehmend Zweifel aufgekommen. Dafür sorgten auch Aussagen von Oceangate-Chef Rush in einem Podcast des CBS-Reporters David Pogue, der 2022 mit der "Titan" mitgefahren war. "Wissen Sie, irgendwann ist Sicherheit reine Verschwendung", sagte Rush da. "Ich meine, wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen, stehen Sie am besten nicht auf. Steigen Sie nicht in Ihr Auto. Tun Sie gar nichts." Die BBC berichtete unter Berufung auf US-Gerichtsdokumente, ein Oceangate-Mitarbeiter habe 2018 vor potenziellen Sicherheitsproblemen gewarnt. Mängel im Karbonrumpf des Boots könnten ohne strengere Tests unentdeckt bleiben, hieß es.

Oceangate bietet zahlungskräftigen Kunden eine abenteuerliche Reise - die Kosten für die insgesamt achttägige Expedition liegen bei 250.000 US-Dollar (229.000 Euro) pro Person. Die Tauchfart zur Titanic selbst solle aber immer nur einige Stunden dauern.

Die "Titanic" war im April 1912 auf ihrer Jungfernfahrt von Southampton nach New York im Nordatlantik gesunken. Mehr als 1500 der 2200 Menschen an Bord starben. Die in zwei große Teile zerbrochenen Überreste des berühmten Luxusdampfers wurden 1985 entdeckt.

Im Video: Wettlauf mit der Zeit - Mögliche Klopfgeräusche der "Titan" registriert