Scholz: «In Europa droht wieder ein Krieg»

Die Ukraine-Krise dominiert die Münchner Sicherheitskonferenz. Der neue Bundeskanzler warnt vor einem Krieg. Auch die US-Vizepräsidentin soll in München sprechen.

München (dpa) - Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sieht keine Entspannung im Ukraine-Konflikt. «In Europa droht wieder ein Krieg. Und das Risiko ist alles andere als gebannt», sagte Scholz am Samstag auf der Münchner Sicherheitskonferenz.

Er warnte eindringlich vor einem Angriff auf die Ukraine und rief zu Verhandlungen auf: «So viel Diplomatie wie möglich, ohne naiv zu sein - das ist der Anspruch.» Der Aufmarsch von weit mehr als 100.000 russischen Soldaten rings um die Ukraine sei durch nichts gerechtfertigt, betonte der SPD-Politiker. Russland habe die Frage einer möglichen Nato-Mitgliedschaft der Ukraine zum «casus belli» - zum Kriegsgrund - erhoben. «Das ist paradox: denn hierzu steht gar keine Entscheidung an», betonte Scholz.

«Eine militärische Aggression gegen die Ukraine wäre ein schwerer Fehler. Und wir wollen, dass es dazu nicht kommt.» Deswegen sage er: «Ja, wir sind bereit zu verhandeln.» Dabei müsse zwischen unhaltbaren Forderungen Russlands und legitimen Sicherheitsinteressen unterschieden werden.

Scholz für freie Bündniswahl

Für nicht verhandelbar erklärte Scholz das Recht auf freie Bündniswahl, also auch die prinzipielle Möglichkeit für die Ukraine, der Nato beizutreten. «Gleichzeitig gibt es Sicherheitsfragen, die für beide Seiten wichtig sind. Allen voran Transparenz bei Waffensystemen und Übungen, Mechanismen zur Risikovermeidung oder neue Ansätze zur Rüstungskontrolle.»

Hinter diese Entwicklung fielen in der öffentlichen Debatte globale Herausforderungen wie die Corona-Pandemie und der Kampf gegen den Klimawandel zurück. Auch diese bedürften aber dringend einer Antwort. Scholz sprach in München vier Tage nachdem er in Moskau mit Präsident Wladimir Putin über Wege zu einer Entschärfung des Konflikts gesprochen hatte.

Bei der Sicherheitskonferenz wird auch US-Vizepräsidentin Kamala Harris auftreten
Bei der Sicherheitskonferenz wird auch US-Vizepräsidentin Kamala Harris auftreten

Bei der Sicherheitskonferenz, dem weltweit wichtigsten Expertentreffen zur Sicherheitspolitik, werden auch US-Vizepräsidentin Kamala Harris, Großbritanniens Premierminister Boris Johnson und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auftreten. Das zentrale Thema wird weiter die Krise um den massiven russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine sein. Darüber wollen am Rande der Veranstaltung auch die Außenminister der führenden demokratischen Wirtschaftsmächte beraten. Deutschland hat den Vorsitz in dieser Gruppe der Sieben (G7), der außerdem die USA, Großbritannien, Frankreich, Italien, Kanada und Japan angehören.

Kein Vertreter Russlands anwesend

Im Westen wird befürchtet, dass der Kreml einen Einmarsch in sein Nachbarland in Erwägung zieht und sogar eine Ausweitung des Konflikts auf Nato-Staaten drohen könnte. Für möglich wird allerdings auch gehalten, dass nur Ängste geschürt werden sollen, um die Nato-Staaten zu Zugeständnissen bei den Forderungen nach neuen Sicherheitsgarantien zu bewegen. Russland dementiert Angriffsplanungen.

Gespräche mit Vertretern Russlands stehen bei der Sicherheitskonferenz nicht auf der Tagesordnung. Das Land ist zum ersten Mal seit 1991 nicht mit einer offiziellen Delegation in München vertreten.

An der Konferenz in München, die unter strengen Corona-Auflagen stattfindet, nehmen etwa 30 Staats- und Regierungschefs und rund 80 Minister teil. Für die neue Bundesregierung von SPD, Grüne und FDP ist es die erste Gelegenheit, ihre Außenpolitik umfassend vorzustellen. Außenministerin Annalena Baerbock, Verteidigungsministerin Christine Lambrecht und Entwicklungsministerin Svenja Schulze waren bereits am Freitag in München aufgetreten.

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